Nach dem Aufstieg nun großer Frust
Mit großen Ambitionen ist der Traditionsclub aus Britz in die 3. Liga
aufgestiegen. Doch den Manager Wallander quälen Personalsorgen. Gleich zwei
Stammspieler haben den Verein klammheimlich verlassen. Wallander war schockiert,
denn niemand hatte diese Stammspieler ersetzt. So lief das Team fünf Spieltage
lang nur zu neunt auf. "Es ist eine Tragödie mitteilen zu müssen, dass
unsere Mannschaft nach fünf Meisterschaftsspielen mit fünf Niederlagen auf dem
letzten Tabellenrang rangiert. Wir sind die Fortuna Düsseldorf der 3.
Liga", erklärte ein geknickter Wallander.
Er beobachtete auf der Pressekonferenz die Gesichter der Reporter, sie waren wie
Hyänen. Sie warteten nur auf einen Fehler, um dann zuzuschlagen. Verschlagenes Pack, dachte sich Wallander.
Wallander fuhr fort: "Ich habe mich entschieden, die Geldschatulle zu
öffnen und auf dem Transfermarkt zuzuschlagen. Wir werden in der Winterpause
drei Neuzugänge haben. Hoffentlich können wir dann die Liga von unten her
aufrollen. Ältester Neuzugang ist der 29-jährige Routinier Georg Messinger. Er
kommt für eine Ablöse von 4 Mio. € und 610.000 € Jahresgehalt für zwei
Spielzeiten in das offensive Mittelfeld unseres Vereins. Sturmspitze wird der
27-jährige Italiener Cornelio Zeri, der für 5 Mio. € und einem Jahresgehalt von
570.000 € für drei Spielzeiten unterschrieben hat. Mit 25 Jahren der jüngste
Spieler unter den Neuen ist Rayk Rudelt, der für 5 Mio. € wechselt und 620.000 €
pro Saison verdienen wird. Er erhält einen Drei-Jahres-Kontrakt. Ich danke
Ihnen, Fragen sind nicht gestattet." Wallander triumphierte innerlich. Eine
ZDF-Moderatorin würde jetzt vom inneren Reichsparteitag reden. Wallander war
eine solche Diktion aber fremd.
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Verfasst am : 30.09.2010 14:25
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Oberliga – Regionalliga – 3. Liga
Es war ein Gefühl des Triumphs. Die Fans der Faust feierten schon seit geraumer
Zeit ausgelassen. Es stand gerade 0:4 aus der Sicht der Münchner Gastgeber vom
FC Lauffaul. Mit diesem Sieg würde das Team den Vorsprung von 12 Punkten auf
Platz 4 halten, den nach 23 von 26 Spielen niemand mehr aufholen kann. Und dann
kommt der Pfiff des Schiedsrichters, der auch bei Wallander alle Dämme brechen
lässt. Ein Urschrei ertönt und Ersatzspieler, Assistenten und Management stürmen
das Feld. Wallanders sonst so kühle Art war wie weggeblasen, was sonst nur
Nutten schaffen. Der obligatorischen Bierdusche konnte er nicht ausweichen. Er
fühlte sich danach zwar widerlich, dreckig und nass, aber das spielte jetzt
keine Rolle.
Es war für ihn ein Triumph, dass er das Team in die neu eingeführte 3. Liga
geführt hatte. Vielleicht baut man ihm dafür ein Denkmal. Er würde darüber
nachdenken, wie er den Verein dazu bringen kann, ihm ein Denkmal anzubieten.
Aber das erst morgen, erstmal wird gefeiert.
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Verfasst am : 18.09.2010 13:36
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Schnaps bleibt Schnaps
Wallander erwachte und spürte immer noch das Brennen auf seiner Wange. Er stand
auf und ging ins Bad. Der Spiegel zeigte eindrucksvoll die Handfläche von
Kerstin Bengtsson auf seiner Wange. Das Flittchen hatte ihm echt eine
gescheuert. So sollte ein Montag Morgen nicht beginnen. Und in jedem Fall würde
sie keinen guten Job im Verein bekommen, das muss sie sich erstmal verdienen.
Wallander frühstückte und fuhr zur Arbeit.
"Na, Sado-Maso-Spielchen jemacht, Chef", fragte Uschi Kruppke.
"Nein, kümmern Sie sich um Ihre eigenen Sachen", grantelte Wallander.
"Bringen Sie mir bitte die Unterlagen für die Vertragsverlängerungen. Wie
sind die Termine", fragte Wallander.
"11 Uhr Kroß, 11.45 Uhr Kronstätter, 12.30 Uhr Ricken, 13.15 Uhr Körner und
14 Uhr Prenner. Der Anwalt ist auch schon unterwegs um 15 Uhr ist dann die
Pressekonferenz", antwortete Uschi Kruppke.
Kurz vor 11 Uhr kam Christopher Neubauer ins Büro. Ihn begleitete Torhüter
Torben Kroß. "Dann wollen wir mal loslegen", erklärte Wallander. Kroß
sah etwas versifft aus und sagte: "Wir müssen ohne meinen Berater
verhandeln, der ist schwer krank."
"Ich verstehe sowieso nicht, warum ein Oberliga-Spieler einen Berater
braucht", sinnierte Wallander und blickte ins Gesicht von Torben Kroß.
"Herr Kroß, Sie sind 25 Jahre alt und unser Stammtorhüter. Wir brauchen
Sie, das ist ganz klar. Ich bin bereit Ihnen einen Vertrag für 3 Spielzeiten für
385.000 € zu geben. Das sind rund 27% mehr Gehalt", begann Wallander die
Verhandlung.
"Ich kann das nicht annehmen, das ist zu wenig", stammelte Kroß.
"Ich will mindestens 450.000 € haben, darunter läuft nichts", fuhr der
Keeper fort.
"Gut, dann ist das Gespräch beendet. Dort ist die Tür", brüllte
Wallander und klappte den Aktendeckel zu. Kroß' Gesicht wurde bleich. Wallander
war klar, dass er diese erste Verhandlung schon gewonnen hatte. Dieses Kindchen
wollte ihm die Vertragsbedingungen diskutieren. Dieses Kindchen war ohne seinen
Berater nichts.
"Ok, sagen wir 400.000 €", sagte Kroß.
Wallander schüttelte grinsend den Kopf und sagte: "Sie wissen, durch welche
Tür Sie hineingekommen sind. Das ist auch der Ausgang."
Wenn man dachte, dass Kroß schon blaß war, wurde man nun eines besseren belehrt.
Er verlor noch mehr Farbe. Kroß hatte schreckliche Kopfschmerzen. Am Abend
vorher hatte er seinen Berater noch unter den Tisch gesoffen. Leider ist es auch
der Berater der anderen Spieler. Das tat ihm fast leid für die anderen. Nun
musste er etwas tun. Wallander unterbrach seine Gedanken und sagte: "Herr
Kroß, wenn Sie nichts mehr zu sagen haben, gehen Sie bitte. Ich muss nämlich
beginnen, den Transfermarkt nach einem neuen Keeper zu durchsuchen."
"Na gut, ich unterschreibe den Vertrag zu Ihren Konditionen",
stammelte Kroß.
"Warum nicht gleich so", sagte Wallander süffisant, warf ihm den
Vertrag hin. "Um 15 Uhr ist Pressekonferenz mit allen Spielern, die
verlängert haben. Ich kann ja davon ausgehen, dass Sie da sein werden",
sagte Wallander grinsend.
Kroß verließ schüchtern den Raum. Wallander und der Vereinsanwalt tranken nun
gemeinsam Kaffee und besprachen den nächsten Vertrag. Es sollte die Verlängerung
von Andy Kronstätter, linker Außenverteidiger, sein. Pünktlich um 11 Uhr 45
klopfte Kronstätter an. Der Abwehrhüne trat ein. Wallander stellte fest, dass er
nach Schweiß stank und einen Trainingsanzug trug. So kommt man doch nicht zu
Vertragsverhandlungen, dachte sich Wallander. "Also Herr
Kronstätter, Ihr Berater ist ja nicht da, der gute Mann ist wohl krank –",
begann Wallander, als ihn Kronstätter unterbrach: "Kroß, das Arschloch, war
mit dem Weichei gestern Abend saufen. Der soll sich die Seele ausgekotzt
haben."
"Na, das erklärt ja auch das fertige Auftreten von Kroß. Ihre Leistungen
waren und sind für den Verein unersetzlich. Ich will Sie langfristig an den
Verein binden. Für sechs Spielzeiten biete ich Ihnen 435.000 € pro Saison. Mehr
Geld kann ich Ihnen nicht bieten. Wenn Sie ablehnen, dann gehen Sie halt nach
der Saison. Allerdings glaube ich nicht, dass Sie einen Verein finden, bei dem
Sie noch Stammspieler sind. Und wir steigen vermutlich auf", trug Wallander
sein Angebot vor. "Das sind knapp 11% mehr. Damit können Sie sich auch für
die nächsten Vertragsverhandlungen Duschgel und einen richtigen Anzug
leisten", schob Wallander höhnisch nach.
"Ich nehme das an, Sie verhandeln ja sowieso nicht. Im Gegensatz zu Ihnen
hatte ich Sex und war joggen. Da riecht man auch mal nach Schweiß. Übrigens, wer
hat Ihnen denn da diesen Abdruck in der Fresse verpasst", fragte
Kronstätter. "Das geht Sie gar nichts an, Sie Vollprolet. Zehn Minuten zum
Duschen hätten Sie doch wohl noch gefunden. Und Sex mit einer Hure kann ich auch
haben, aber ich habe eben Niveau. Nächstes Mal kleiden Sie sich gefälligst
anständig. Und jetzt unterschreiben Sie und raus", brüllte Wallander. Wut
kam in ihm auf. Dabei begann der Abend mit der Ex seines Sohnes so schön. Sie
waren italienisch essen, nachdem sie in Berliner gelandet war. Er hatte ihr
ordentlich Wein eingeflößt. Dann waren sie bei ihm in der Wohnung und er wollte,
dass sie ihm einen bläst. Sie lehnte dankend ab. Doch er ließ nicht nach, da
scheuerte sie ihm mit aller Kraft die Hand ins Gesicht. Die Ohrfeige hatte
gesessen. Wallander spürte wieder den Abdruck in seinem Gesicht. Kronstätter war
schon gegangen und Ricken stand in der Tür. "Ich habe gehört, dass es hier
schneller geht. Wollen wir es gleich hinter uns bringen", fragte der
Spielertrainer.
Wallander war kurz irritiert und sagte dann: "Ja, setz Dich doch."
Wallander nahm die Unterlagen für Alfons Ricken vom Schreibtisch und setzte sich
an den Besuchertisch. "So, Du willst beim Verein bleiben. Rechter
Außenverteidiger, Trainer. Durchschnittlich stark, recht viele Aussetzer.
Manchmal zu langsam. Mir wäre es recht, wenn Du Dich langsam dahingehend
orientieren würdest, den Verein nur noch zu coachen. Aber Du kriegst von mir
einen Drei-Jahres-Vertrag für 310.000 €. Das sind trotz Deiner schwachen
Leistung rund 20% mehr Gehalt. Bist Du einverstanden", fragte Wallander.
Ricken dachte kurz nach und sagte dann: "Dafür, dass Du meine Mutter
gevögelt hast und ich richtig wütend auf Dich sein sollte, ist das Angebot ganz
schön mies. Aber ich will schnell wieder los. Kronstätter will mir ein paar
Handy-Bilder von seiner neuen Flamme zeigen. Eine heiße Schwedin, die ist seit
gestern hier. Echt ein heißer Feger." Er unterschrieb und ging.
Wallander war allein. Ihm fiel nämlich auf, dass eben schon Neubauer gefehlt
hat. Es war ihm egal. Die Vertragsverlängerungen von Körner und Prenner gingen
ähnlich zügig vonstatten.
Wallander begann sich nach der letzten Verhandlung abzuschießen. Kerstin
Bengtsson war ein wirkliches Flittchen. Sie hat sich nur ein Sprungbrett in die
deutsche Hauptstadt ausgesucht. Er trank Wodka um Wodka. Die Zeit ging schnell
rum und um kurz vor 15 Uhr kamen Uschi Kruppke und Alfons Ricken hinein.
Wallander erkannte sie nur in Umrissen und sehr vage. "Wodka, ich will
Wodka", lallte Wallander, der vor seiner Ledercouch lag. "Schwein
bleibt Schwein, wir machen die Konferenz ohne ihn", sagte Ricken und ging
wieder.
Den Abend des 2. August erlebte Wallander nicht bewusst. Er ließ sich am
nächsten Tag bis zum Wochenende krank schreiben.
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Verfasst am : 05.08.2010 22:34
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Wallander wird zum Workaholic
Deprimiert kehrte Wallander am 25. Juli aus Ystad zurück. Seine Bilanz war
desolat: Er wollte seinen Sohn zur Schwarzen Faust holen, aber dieser Bastard
wollte einen 10-Jahres-Vertrag mit darauffolgender Anstellung. Wallander sah,
dass das ein echter Raffke war. Der würde mal armselig enden. Dafür hatte Patrik
Soderblom aber eine sehr hübsche Freundin: Kerstin Bengtsson. Sie war 21 Jahre
alt und Wallander hatte ihr vor seiner Abreise einen Zettel zugesteckt, auf dem
seine Kontaktdaten standen, falls sie Schweden in Richtung Deutschland verlassen
wollen würde. Er würde sie im Verein arbeiten lassen. Aber vermutlich ist Patrik
nicht bereit, seine Freundin ziehen lassen.
Wallander setzte sich am Flughafen Schönefeld in ein Taxi und fuhr in seine
Wilmersdorfer Wohnung. Die Jungs hatten alles ordentlich aufgebaut. Er würde
dafür zum Beginn der Winterpause den Helfern ein Bier ausgeben. Geschafft fiel
er in sein neues Sofa. Plötzlich klingelte sein Handy. Er beschloss am nächsten
Tag zurückzurufen und schlief ein.
Der 26. Juli war ein schöner Tag, aber er brachte nichts großartig neues.
Wallander machte am Nachmittag blau und ging shoppen.
Am 27. Juli kam er ins Büro und ihm fiel ein, dass er noch einen Rückruf vom
Sonntag offen hatte. Zuvor traf er sich mit Heiko Krohammer. Sie unterzeichneten
den Vertrag, 7 Millionen überwies Wallander an dessen alten Club. Bei der
Vertragsunterzeichnung vor der Presse lernte Wallander diesen Typen erstmals
kennen. Es war ein widerlicher Prolet, der sich mit seinen platten Sprüchen der
Presse anbiederte. Wallander saß wie ein kleiner Junge neben dem groß
gewachsenen Abwehrhünen. "Ich freue mich auf Berlin. Das ist ein großer
Fußballstandort und die Frauen sollen hier auch ganz geil sein", erklärte
Krohammer einleitend und fuhr dann fort: "Ich bin sicher, dass ich für die
Schwarze Faust eine wirkliche Verstärkung bin, damit dieser Club wieder nach
oben zurückkehren kann." Wallander spuckte innerlich vor seinem Neuzugang
aus. Wieder dachte er an das Telefonat. Vielleicht war es ja Kerstin Bengtsson.
Nach der
Pressekonferenz stand er auf, verabschiedete sich von Ricken und Krohammer und
ließ die beiden Proleten allein zurück.
Im Büro griff er zu seinem Handy und schaute sich die Nummer an.
Tatsächlich eine schwedische Nummer,
frohlockte er. Wobei - schlimmstenfalls ist es sein missratener Sohn. Er wählte
die Nummer und es meldete sich Kerstin Bengtsson. Als er ihre Stimme hörte,
wurde der Raum mit einem Schlag heller. Vielleicht lag es auch daran, dass er
beim Wählen der Nummer begonnen hatte, die Vorhänge zur Seite zu ziehen.
"Ich habe über Dein Angebot nachgedacht. Ich will gerne in Deinem Verein
arbeiten", sagte sie. "Patrik hat viel zu wenig Zeit, da kann ich auch
gerne nach Berlin gehen, das fällt ihm doch gar nicht mehr auf", fuhr sie
fort. Wallander hörte in ihrer Stimme große Enttäuschung. Frauen darf man nicht vernachlässigen, sondern muss
sie beglücken, dachte sich Wallander. "Wie schnell kannst Du nach
Berlin kommen", fragte Wallander. "Ich brauche nur ein
Flugticket", antwortete sie. Wallander entgegnete darauf: "Das
bekommst Du vom Verein, mach Dir keine Sorgen. Ich weise unsere Sekretärin an,
ein Ticket zu buchen. Für Sonntag, dann hast Du noch Zeit ein paar Sachen zu
packen und alles mit Freunden und so zu klären." Sie war sofort
einverstanden. Sie beendeten das Gespräch. "Frau Kruppke, buchen sie sofort
ein Ticket für eine Frau Kerstin Bengtsson aus Ystad. Sie fliegt Sonntag von
Malmö nach Berlin. Es ist kein Rückflug notwendig. Danke", sagte er.
Es war nun bereits Nachmittag, Wallander hatte Hunger. Er ging essen, einen
richtig fetten Döner. Ich muss auf meine Linie
achten. Vielleicht werde ich demnächst auch mal wieder ein paar Runden auf dem
Platz drehen. Das sieht immer vorbildlich für die Spieler aus, dachte
sich Wallander und spülte den Gedanken mit einem Bier herunter.
Den 27. Juli beendete Wallander mit ein DVDs aus der Videothek.
Die Woche verging im Flug, Wallander war euphorisiert. Er hat seinem Sohn die
Freundin abspenstig gemacht, nun würde er sie auch flachlegen. Am 30. Juli war
noch die Vorstellung eines neuen Spielers. Ebenfalls ein Innenverteidiger. Es
war ein Freund von Heiko Krohammer, für den der Verein 4 Millionen hinblätterte.
Wallander war wieder angewidert. Warum spielen
eigentlich nur Vollproleten in diesem Verein, fragte er sich. Er würde
den nächsten Spieler unter Berücksichtigung des Schulabschlusses und kultureller
Interessen verpflichten - egal, was Ricken dazu sagt. Wallander und Ricken
spielten aber die Neuverpflichtung von Nicolas Neuendorf souverän runter.
Wallander dachte viel darüber nach, zwei neue Spieler für 11 Millionen, das ist
viel Geld. Er hoffte, dass sie etwas bringen. Derzeit kämpft das Team darum, um
in der Nähe der Aufstiegszone zu bleiben. Die beiden Neuen sollen den Traum von
der Regionalliga Wirklichkeit werden lassen. Wallanders Arbeitswoche war
vorüber, er freute sich nun schon auf Sonntag, er würde Kerstin Bengtsson
wiedersehen.
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Verfasst am : 02.08.2010 12:53
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Rückkehr nach Ystad
Am 23. Juli schlief Wallander aus. Als er um halb zehn aufwachte, wusste er,
dass es seine letzte Nacht in seiner alten Wohnung in der Karl-Marx-Straße war.
Uschi Kruppke hatte ihm eine Wohnung in Wilmersdorf besorgt. Er konnte sie
sofort beziehen und hat von den Jungs des Teams die Möbel von IKEA aufbauen
lassen. Seine Möbel aus dieser Dreckswohnung wollte er nicht mitnehmen. Nur den
Fernseher, seine Klamotten und die Pornosammlung mussten mit. Aber jetzt genoss
er erstmal den Morgen. Er kochte sich einen Tee und frühstückte. Plötzlich
klingelte das Telefon. Scheiße, kann man nicht
mal in aller Ruhe frühstücken, fluchte Wallander innerlich. Er ging an
den Apparat. Es war Uschi Kruppke: "Juten Tach, Chef. Hier hat so eene
Hanna Soderblom anjerufen. die meente, dat se Se mal schleunichst zurückrufen
solln." Wallander antwortete: "Naja, ich werde erstmal noch
frühstücken und dann in die Geschäftsstelle fahren. Ich bin in einer Stunde da,
Ricken soll mir bis dahin die Übersicht über Schwächen und Stärken des Kaders
auf den Tisch legen. Schicken so außerdem ein paar Jungs, die ein paar Kartons
aus meiner alten Wohnung in die neue bringen. Bis gleich." Er legte auf.
Als er einen Löffel der Corn Flakes nahm, merkte er, dass die Milch schlecht
war. Wallander ekelte sich vor verdorbener Milch. Er erbrach sich. Wallander
ekelte sich vor Erbrochenem. Er erbrach sich erneut. Er kürzte das Frühstück ab
und duschte. Er zog sich an und stieg in seinen Mietwagen.
"Guten Tag, Frau Kruppke. Rufen Sie bitte Frau Soderblom an und stellen Sie
dann durch", befahl Wallander, als er in der Geschäftsstelle ankam. Er
setzte sich in seinen IKEA-Chefsessel und das Telefon klingelte. "Ick hab
die Soderblom am Apperat", sagte Uschi Kruppke und legte auf.
"Guten Tag, Frau Soderblom. Meine Name ist Kurt Wallander, sie wollten mich
dringend sprechen", begann Wallander das Gespräch, während er mit Schrecken
das Dossier über die Spieler durchsah. Es lag eine Menge Arbeit vor ihm und
seinem Trainer.
"Hallo Kurt, ich bin es, Hanna, erinnerst Du Dich nicht", fragte die
ziemlich alt klingende Frauenstimme am Telefon.
"Nein, ich erinnere mich nicht. Wenn Sie Ratespiele veranstalten wollen,
dann versuchen Sie es bei jemand anderes. Ich habe viel zu arbeiten",
grantelte Wallander in das Telefon.
"Wir haben vor 30 Jahren in Malmö miteinander geschlafen. Du hast mir
damals ewige Liebe und Treue versprochen. Erinnerst Du Dich jetzt", setzte
sie nach.
"Naja, das habe ich vielen Frauen nach einer geilen Nacht versprochen. Das
klingt aber sehr wahr. Das war damals meine Masche. Ich bin von Ort zu Ort
gezogen, habe die Frauen gevögelt, während meine Alte zu Hause die Kinder
aufgezogen hat. Was rufst Du mich aber nach so langer Zeit an, hast Du wieder
Bock", antwortete Wallander belustigt.
"Nein, Du Arschloch. Wir haben einen gemeinsamen Sohn. Patrik
Soderblom", antwortete sie. Jetzt kam Wallander der Name bekannt vor. Er
hatte ihn in den Unterlagen gesehen. Es war ein Vorschlag von Ricken für die
Verstärkung in der Innenverteidigung. Ricken hat sich echt gut entwickelt in der
Zeit, er hat zehn ausführlich vorbereitete Transfervorschläge für jede offene
Stelle im Team erstellt.
"Spielt Dein Sohn Fußball",
fragte Wallander.
"Ja, unser Sohn ist Fußballer.
Deshalb rufe ich an. Hier in Ystad hat sich herumgesprochen, dass Du ein
erfolgreicher Manager eines Fußballvereins geworden bist. Patrik sucht einen
neuen Verein. Er sitzt nur auf der Bank. Er ist depressiv", sagte Hanna
Soderblom mit wimmernder Stimme.
"Gut, ich werde sehen, was ich machen kann. Richte Dich darauf ein, dass
ich heute oder morgen nach Ystad komme", sagte Wallander bestimmt und legte
auf. Er blätterte in den Unterlagen und fand den Bogen von Patrik Soderblom. Der
Junge war 29 Jahre und ein starker Innenverteidiger. Wallander entschied, dass
in der Innenverteidigung der erste Neuzugang kommen würde. Er wählte aus den
zehn Vorschlägen Rickens sechs Kandidaten aus, für die er Ablösevorschläge
unterbreiten würde. Soderblom war darunter. Er griff zum Telefon und klingelte
im Vorzimmer durch: "Frau Kruppke, kommen Sie bitte in mein Büro."
Uschi Kruppke kam mit einem Notizblock in der Hand. Wallander fiel auf, dass
diese alte Frau immer mehr aus sich machte. Sie war immer frisch frisiert und
hatte sich auch ein anständiges Parfum zugelegt. Bei seiner ersten Begegnung
meinte er noch 4711 Köllnisch Wasser
gerochen zu haben. "Wat kann ick für sie machen", fragte sie.
"Diese sechs Transferangebote faxen Sie bitte an die Vereine. Versuchen Sie
mir einen Flug nach Malmö zu besorgen, möglichst schnell. Wenn es geht noch
heute Abend. Ich muss unbedingt nach Schweden, um meinen unehelichen Sohn kennen
zu lernen", antwortete Wallander. "Is dit der Sohn von der
Soderblom", fragte Kruppke. Wallander antwortete: "Ja, es geht Sie
zwar nichts an, aber mit Frau Soderblom hatte ich eine Affäre. Sie möchte nun
ihren Sohn hier bei uns unterbringen. Wie es der Zufall so wollte, hat Herr
Ricken auch Material über Herrn Soderblom zusammengestellt. Wir bieten auch für
ihn." "Jut, dann kümmere ich mir mal um den Flug", antwortete
Uschi Kruppke, deren Neugier sichtlich gestillt war. Sie stand auf und verließ
das Büro.
Plötzlich stand Wallander auf und ging ihr hinterher. "Haben wir hier einen
Atlas", fragte er. "Ja, hier ist eener", sagte Uschi Kruppke und
gab ihn Wallander. Mit dem Atlas setzte er sich auf seine Ledercouch. Er schlug
die Seite mit der Karte Skandinaviens auf. Dann legte er ein Blatt Papier dazu
und schrieb auf, wen er besuchen wollte: In
Ystad: Hanna und Patrik Soderblom; die Polizei. In Malmö: meine Tochter Linda.
In Karlskrona: meine beste Fickfreundin Kristina Ström. In Lund: Britta.
Er dachte an Britta. Ihren Nachnamen kannte er nicht. Er wusste nur, dass sie
die beste Nutte von ganz Schonen war. Er schrieb weiter: In Trelleborg: Lena Nyström. Kurt Wallander
dachte an Lena. Sie war die letzte Frau, mit der er geschlafen hatte, bevor er
Schonen verlassen hat. Er legte den Atlas beiseite. Das Telefon klingelte.
Wallander stand auf, ging zum Schreibtisch. Nachdem er abgenommen hatte, dröhnte
ihm die Stimme von Uschi Kruppke ins Ohr: "Ick hab nen Flug für se
bekommen. Heute Abend, jejen 20 Uhr, jeht der Flieger nach Malmö. Rückflug jeht
aber nur Sonntag Mittach oda erst nächste Woche." Wallander dachte kurz
nach: "Ich brauche mehr Zeit. Schauen Sie mal, ob ich Montag oder Dienstag
von Stockholm oder Kopenhagen nach Berlin komme. Ansonsten schauen Sie mal nach
einer Fähre von Trelleborg aus." Er legte auf. Dann wählte er doch noch mal
die Durchwahl ins Vorzimmer: "Machen Sie mir bitte einen Tee und
organisieren Sie einen Mietwagen, der mir in Malmö zur Verfügung steht."
Einige Minuten später brachte Uschi ihm einen Tee. Er dachte an Schonen und
freute sich schon. Über diese Gedanken nickte er ein. Als er aufwachte, war der
Tee kalt. Er sprang auf und bestellte sich ein Taxi nach Schönefeld. Er ging ins
Vorzimmer. "Frau Kruppke, ich nehme doch den Flug am Sonntag aus Malmö. Die
Zeit muss reichen", wies Wallander sie an. Uschi Kruppke nickte und sagte:
"Chef, sie sehen echt süß, wenn se schlafen." Wallander wurde
schlecht, sein Magen zog sich zusammen und er presste ein: "Aha,
Danke", heraus.
Als die Maschine auf dem Flughafen von Malmö aufsetzte wurde Wallander wach. Er
hatte einen grässlichen Alptraum gehabt und Uschi Kruppke darin eine Rolle
gespielt. Beim Mietwagenverleih gab man ihm die Schlüssel zu einem Wagen. Er
entschied, dass es die Bewährungsprobe für Uschi Kruppke sein sollte. Anhand des
Wagens würde er entscheiden, ob er sie weiterbeschäftigte oder nicht. Es war ein
Phaeton. Wieder hatte er keinen Grund, sie zu feuern. Mit dem Wagen fuhr er nach
Ystad. Wie lange war er schon diesen Weg nicht gefahren. Es war kurz nach
Mitternacht, als er in die Stadt einfuhr. Er überlegte, wo er schlafen sollte.
Es bleibt wohl nur die Rückbank im Wagen,
dachte sich Wallander. Er parkte seinen Wagen in der Nähe seiner alten Wohnung
in der Mariagata und legte sich auf die Rückbank. Am nächsten Morgen wurde er
wach und erschrak: Ein ziemlich missratenes Kind schaute ins Auto und zog
Grimassen. Wallander rotzte gegen die Scheibe. Das Kind verschwand angewidert.
Er selbst fuhr nun weiter zur Polizeidienststelle. Die alte Empfangsdame von
früher gab es nicht mehr. Jetzt saß dort eine eingebildete Ziege, höchstens 25
Jahre alt. "Guten Tag, mein Name ist Kurt Wallander, ich habe hier
gearbeitet. Ich würde gerne zur Mordkommission, um ein paar alte Kollegen zu
treffen", sagte er. Sie blickte ihn an. Mit Erschrecken stellte er fest,
dass sie ihm sehr ähnlich sah. War sie etwa auch ein uneheliches Kind.
"Dann gehen Sie halt einfach nach oben", antwortete sie.
"Danke", sagte Wallander und ging nach oben. Er traf einige alte
Kollegen. Sie gaben ihm die Adresse der Soderbloms. Er setzte sich in seinen
Wagen und fuhr los. Er auf die Begegnung mit seinem Sohn gespannt.
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Verfasst am : 29.07.2010 01:10
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Die Rückkehr
Es war ein heißer Sommertag und er lag auf dem Sofa, als es klingelte. Er hatte
sich gerade mit seinem Eistee hingelegt und wollte einen Porno schauen. Seit sie
ihn beim FC Picaldi krankenhausreif geschlagen hatten, war dienstunfähig. Und
die dadurch entstehende Freizeit nutzte er nun mit Pornos und Nutten. Den
Alkohol hatte er sich abgewöhnt, als er nach dem Krankenhausaufenthalt starke
Schmerzmittel nehmen musste. Er blickte auf seinen Fernseher und auf die graue
unverputzte Wand dahinter, in so einem Drecksloch hatte er noch nie gelebt. Aber
immerhin hatte er dieses Mal zwei Zimmer, anders als bei seiner Wohnung in der
Gropiusstadt. Jetzt schlief er in einem anderen Drecksloch, als in dem er seinen
Tag verbrachte. Das war schon mal ein Fortschritt. Es klingelte erneut. Er stand
auf, zog sich seine Unterhose und ging zur Tür. Durch den Spion sah er einen
Mittzwanziger, vielleicht war er auch Ende Zwanzig. Das Gesicht kam ihm bekannt
vor und er öffnete die Tür.
"Sind Sie Kurt Wallander", fragte der junge Mann. Wallander nickte und
dachte darüber nach, wer da vor ihm stand. In seiner Nase stieg dieser
säuerliche Kotzgeruch auf. Jetzt erinnerte er sich: es war Alfons Ricken, ein
Spieler von Die schwarze Faust 07. Als Wallander ihn das letzte Mal gesehen
hatte, fotografierte Alfons ihn mit seiner Handykamera. Wallander selbst lag
dabei in seiner eigenen Kotze. Es schauderte ihn. "Alfons Ricken mein Name.
Sie erinnern sich sicherlich. Ich spielte damals bei der schwarzen Faust, als
sie den Verein managten. Kann ich kurz hereinkommen", meinte Ricken.
Wallander winkte ihn mit einer Geste hinein. "Ich ziehe mir kurz etwas an,
gehen Sie in die Küche, da ist es am saubersten", meinte Wallander.
Er ging ins Schlafzimmer und zog sich eine Hose an und warf sich ein Oberhemd
über. Was wollte der Junge hier, fragte
sich Wallander. Die letzten Worte, die er von Alfons gehört hatte, waren
Drohungen und hasserfüllte Äußerungen. Und jetzt sucht er ihn hier in seiner
Wohnung auf, nach neun Jahren. Wallander ging in die Küche, dort war Alfons
Ricken aber nicht. Stattdessen saß er im Wohnzimmer und schaute sich den Porno
an. Ricken hörte offensichtlich, dass Wallander das Wohnzimmer betrat und sagte:
"Du bist ja noch genauso ein dreckiges versautes Schwein wie zu der Zeit,
als Du meine Mutter gevögelt hast – ähm, als Sie meine Mutter gevögelt
haben." Dabei lachte er gehässig. Diese Art machte Wallander wütend.
"Was willst Du hier eigentlich", zischte er drohend und griff nach
seiner Dienstwaffe. Ricken wurde ernst und sagte: "Ich brauche Hilfe, ich
will den Verein retten. Er wird gerade heruntergewirtschaftet."
Wallander war irritiert und wollte mehr wissen. Alfons erzählte ihm die
Geschichte des Vereins, seit er ihn verspielt hatte. Seine drei Nachfolger
hätten schon verantwortungslos gewirtschaftet. "Aber dann verkauften sie
den Verein an so einen dubiosen Britzer, der das Team ausschlachten wollte. Die
guten Spieler gingen. Der Verein trat den bitteren Gang in die Oberliga
an", erklärte Alfons. "Bist du neidisch, dass du immer noch im Verein
spielst", fragte Wallander höhnisch. "Ich verdiene genug Geld, ich bin
Zuhälter. Schau auf meine Lederjacke, schau auf meine Goldkette, schau auf meine
Designer-Jeans, schau auf meine Schuhe", rief Ricken wild gestikulierend,
bis Wallander ihn barsch unterbrach: "Erstens ist die Lederjacke nur ein
Imitat, die Kette vergoldet, die Designer-Jeans vom Polen-Markt und die Schuhe
sind ein Fake-Kauf von E-Bay. Also erzähl mir nicht, dass du als Zuhälter dick
Kohle verdienst." Bedrückt gab Ricken ihm recht: "Ja, es stimmt. Ich
verdiene nicht so viel. Ich habe doch nur eine Frau, die für mich arbeitet. Und
Mama ist halt auch nicht mehr die jüngste. Zum einen altert sie, sie hat falten,
die Brust hängt usw. Zum anderen ist sie nicht mehr so belastbar wie
früher." Wallander dachte an früher zurück. Da war Chantal Ricken noch
richtig belastbar. Die Stute hat alles mitgemacht. Damals, als er noch nicht so
abgerutscht war. Er dachte an die gemeinsamen Nächte zurück. "Du sollst
jetzt nicht daran denken, wie es war, als du meine Mutter gefickt hast. Sondern
entscheide Dich: Willst Du zurück zur schwarzen Faust oder lässt Du uns im
Stich? Wir brauchen einen guten Manager", sagte Alfons eindringlich.
"Ich mache es", sagte Wallander. "Gut, die Sommerpause hat gerade
angefangen. Komm morgen zur Vertragsunterschrift in die Vereinszentrale",
wies ihn Ricken an, stand auf und ging. War das
wirklich die richtige Entscheidung? Ich bin mir unsicher, dachte sich
Wallander. Er setzte sich hin und schaute den Porno weiter, den er vor Alfons
Rickens Besuch geschaut hatte.
Es war ein stickiger 19. Juli in Berlin, der so eine überraschende Wende
fand.
Am 20. Juli betrat Wallander nach langer Zeit wieder die Geschäftsstelle. Es
fühlte sich merkwürdig an. Aber irgendwie war da auch das Gefühl, nie weg
gewesen zu sein. Er sah die mächte Treppe in der Eingangshalle mit ihrem
Eichenholzgeländer. Langsam ging er die Stufen hinauf. Er stand nun vor seiner
Tür. Doch nirgends war sein Türschild. Er erinnerte sich daran einige
Spielzeiten nicht im Verein verbracht zu haben, klar, da wird man auch das
Schild austauschen. Ihn grüßte eine ältere Dame, die hinter dem Schreibtisch des
Vorzimmers saß: "Juten Tach, kann ick ihnen weiterhelfen? Meen Name is
Uschi Kruppke. Ick bin hier de Sekretärin." Wallander war etwas verstört.
Unter seiner Führung hatten hier nur schöne und junge Frauen gearbeitet. Nun
wusste er schon, was eine seiner ersten Amtshandlungen sein würde. "Guten
Tag, Frau Kruppke. Mein Name ist Wallander, Kurt Wallander. Ich war hier früher
mal Manager, bis ich den Verein aufgrund einiger Verwicklungen verloren habe.
Ich habe einen Termin mit Herrn Ricken", erklärte Wallander. Ganz ungeniert
antwortete Uschi Kruppke: "Wallander, ick habe sie wiedererkannt. Ihr Bild
war in der Zeitung und ick habe schon viel von ihnen jehört, natürlich nur
positives." Wallander fühlte sich kurz geschmeichelt, bis sie fortfuhr:
"Sie war'n da in der Zeitung ja janz schön zujerichtet. Die waren da bei
den Picaldis nicht so zufried'n mit dia, oda?" In Wallanders Kopf spielte
jetzt nur noch ein Gedanke eine Rolle: Wie und wann er diese impertinente Person
entlassen sollte.
Nun polterten Alfons Ricken, im Trainungsanzug, und Vereinspräsident Dettmero
die Treppe hoch. Wallander erkannte den Präsidenten an dessen lautem Lachen.
"Da ist ja unser alter und neuer Manager", grölte Dettmero, als er ins
Vorzimmer des Manager-Büros kam. Uschi Kruppke entglitten alle Gesichtszüge und
die Farbe wich aus ihrem Gesicht. Wallander glaubte in ihren Zügen nun Angst zu
entdecken. Angst soll sie haben, denn die ist
berechtigt, dachte er bei sich. "Ach, alter Freund, zu lange haben
wir uns nicht gesehen. Ich freue mich wieder hier zu sein", rief Wallander
mit gespielter Euphorie. Dettmero roch nach billigem Fusel, Wallander kannte
diesen Geruch zur Genüge von sich selbst.
Die Vertragsunterzeichnung erfolgte sehr zügig. Sie gingen in das Büro von
Präsident Dettmero, sie unterzeichneten seinen Vertrag, der auf drei Spielzeiten
befristet war. Wallander gab Alfons Ricken eine Garantie, dass er Spielertrainer
des Teams bleiben könne. Sie gingen wieder zurück ins Vorzimmer. Dettmero
stellte nun Wallander und Uschi Kruppke einander vor: "Uschi, das hier ist
Herr Wallander, er ist dein neuer Chef, Herr Wallander, das ist Uschi Kruppke,
unsere Sekretärin." Wallander antwortete mit einem breiten Grinsen:
"Ich habe schon mit dieser charmanten Frau Bekanntschaft gemacht."
Dettmero und Ricken verschwanden nun ebenso laut, wie sie gekommen waren, im
Treppenhaus.
"So, Frau Kruppke, ich habe jetzt einige Aufgaben für sie. Erstens:
Besorgen sie mir Angebote für eine Dreizimmer-Wohnung in Neukölln, Schöneberg,
Kreuzberg und Wilmersdorf. Zweitens: Besorgen sie einen Einrichtungskatalog von
IKEA. Ich komme ja aus Schweden, deshalb möchte ich hier auch etwas Schwedisches
reinbringen. Drittens: Besorgen sie mir ein Namensschild für die Tür. Viertens:
Geben sie mir Unterlagen über den aktuellen Kader des Vereins, Spielerstärken,
Leistungen, einfach alles an Statistik, was sie so finden können. Fünftens: Ich
brauchen Visitenkarten. Sechstens: Überlegen sie sich, wie sie dem Verein an
anderer Stelle noch helfen könnten, ich würde sie in ihrem Alter ungern in die
Arbeitslosigkeit schicken. Siebtens: Erstellen sie Anzeigen für den
Stellenmarkt. Eine Sekretärinnenstelle bei uns", diktierte Wallander. Uschi
Kruppke notierte sich diese Aufgaben und sagte mit stockender Stimme: "Ich
werde alles erledigen." "So, jetzt möchte ich nicht gestört
werden", erklärte Wallander und ging in sein Büro.
Als Wallander die Tür hinter sich geschlossen hatte, blieb er erstmal etwas
stehen und sah sich um. Das Büro war verfallen. Die schwere Ledercouch sah aber
noch unversehrt aus, ebenso das Beistelltischlein aus Kirschholz. Wallander
grinste innerlich. Er ging zu den Fenstern und öffnete sie. Er legte sich auf
die Couch und genoss die Situation. Seit dem 20. Juli war Wallander wieder
Manager der schwarzen Faust.
Wallander hatte sich nun sehr eingearbeitet. Wider Erwarten hatte sich Uschi
Kruppke als fähige Mitarbeiterin erwiesen. Er wollte aber dennoch eine weitere
Mitarbeiterin einstellen, ein richtig junges Ding, das weder intelligent noch
arbeitsam sein sollte - Hauptsache unter 30, willig und hübsch. Das Büro hatte
er selbst auf Vordermann gebracht, auf dem Schreibtisch stand nun die Figur des
Lion of Judah, ein Symbol, das ihm viel
bedeutete. So saß er nun am späten Abend des 22. Juli in seinem neuen Drehstuhl
MARKUS von Ikea. Er hatte zig Aktenordner in die neuen BILLY-Regale einsortiert.
Uschi Kruppke hatte die Regale ganz alleine aufgebaut, während er mit einem Bier
auf der Couch saß und den Wohnungsmarkt durchsah. Die hat ganz schön malocht, dachte sich
Wallander. Draußen gewitterte es. Er liebte Gewitter. Sie gaben ihm so eine
innere Zufriedenheit. Er hatte auch allen Grund zur Zufriedenheit. Das Team
hatte in zwei Spielen den Spitzenplatz geholt. Das war ein guter Start in die
Oberliga-Saison. Wallander dachte darüber nach, was nun noch zu tun sei. Ricken
und er hatten die Innenverteidigung als Schwäche ausgemacht. Da brauchte die
Mannschaft Verstärkung. Eigentlich saß er nun schon lange genug im Büro. Er
stand auf und rief sich ein Taxi. Diesen wunderbaren Abend wollte er nicht
einfach so ausklingen lassen, es sollte etwas besonderes sein. Den Taxi-Fahrer
fragte er nur: "Sie wissen, wie man zum Artemis kommt?" Dieser nickte.
Wallander war froh. Sie verstanden sich.
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Verfasst am : 26.07.2010 01:11
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