4.520x gelesen 4x abonniert Ausgabe 26/24 30.06.2024 Wallanders Depesche Jetzt registrieren

Nach dem Aufstieg nun großer Frust

Mit großen Ambitionen ist der Traditionsclub aus Britz in die 3. Liga aufgestiegen. Doch den Manager Wallander quälen Personalsorgen. Gleich zwei Stammspieler haben den Verein klammheimlich verlassen. Wallander war schockiert, denn niemand hatte diese Stammspieler ersetzt. So lief das Team fünf Spieltage lang nur zu neunt auf. "Es ist eine Tragödie mitteilen zu müssen, dass unsere Mannschaft nach fünf Meisterschaftsspielen mit fünf Niederlagen auf dem letzten Tabellenrang rangiert. Wir sind die Fortuna Düsseldorf der 3. Liga", erklärte ein geknickter Wallander.
Er beobachtete auf der Pressekonferenz die Gesichter der Reporter, sie waren wie Hyänen. Sie warteten nur auf einen Fehler, um dann zuzuschlagen. Verschlagenes Pack, dachte sich Wallander. Wallander fuhr fort: "Ich habe mich entschieden, die Geldschatulle zu öffnen und auf dem Transfermarkt zuzuschlagen. Wir werden in der Winterpause drei Neuzugänge haben. Hoffentlich können wir dann die Liga von unten her aufrollen. Ältester Neuzugang ist der 29-jährige Routinier Georg Messinger. Er kommt für eine Ablöse von 4 Mio. € und 610.000 € Jahresgehalt für zwei Spielzeiten in das offensive Mittelfeld unseres Vereins. Sturmspitze wird der 27-jährige Italiener Cornelio Zeri, der für 5 Mio. € und einem Jahresgehalt von 570.000 € für drei Spielzeiten unterschrieben hat. Mit 25 Jahren der jüngste Spieler unter den Neuen ist Rayk Rudelt, der für 5 Mio. € wechselt und 620.000 € pro Saison verdienen wird. Er erhält einen Drei-Jahres-Kontrakt. Ich danke Ihnen, Fragen sind nicht gestattet." Wallander triumphierte innerlich. Eine ZDF-Moderatorin würde jetzt vom inneren Reichsparteitag reden. Wallander war eine solche Diktion aber fremd.
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Oberliga – Regionalliga – 3. Liga

Es war ein Gefühl des Triumphs. Die Fans der Faust feierten schon seit geraumer Zeit ausgelassen. Es stand gerade 0:4 aus der Sicht der Münchner Gastgeber vom FC Lauffaul. Mit diesem Sieg würde das Team den Vorsprung von 12 Punkten auf Platz 4 halten, den nach 23 von 26 Spielen niemand mehr aufholen kann. Und dann kommt der Pfiff des Schiedsrichters, der auch bei Wallander alle Dämme brechen lässt. Ein Urschrei ertönt und Ersatzspieler, Assistenten und Management stürmen das Feld. Wallanders sonst so kühle Art war wie weggeblasen, was sonst nur Nutten schaffen. Der obligatorischen Bierdusche konnte er nicht ausweichen. Er fühlte sich danach zwar widerlich, dreckig und nass, aber das spielte jetzt keine Rolle.
Es war für ihn ein Triumph, dass er das Team in die neu eingeführte 3. Liga geführt hatte. Vielleicht baut man ihm dafür ein Denkmal. Er würde darüber nachdenken, wie er den Verein dazu bringen kann, ihm ein Denkmal anzubieten. Aber das erst morgen, erstmal wird gefeiert.
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Schnaps bleibt Schnaps

Wallander erwachte und spürte immer noch das Brennen auf seiner Wange. Er stand auf und ging ins Bad. Der Spiegel zeigte eindrucksvoll die Handfläche von Kerstin Bengtsson auf seiner Wange. Das Flittchen hatte ihm echt eine gescheuert. So sollte ein Montag Morgen nicht beginnen. Und in jedem Fall würde sie keinen guten Job im Verein bekommen, das muss sie sich erstmal verdienen. Wallander frühstückte und fuhr zur Arbeit.
"Na, Sado-Maso-Spielchen jemacht, Chef", fragte Uschi Kruppke.
"Nein, kümmern Sie sich um Ihre eigenen Sachen", grantelte Wallander. "Bringen Sie mir bitte die Unterlagen für die Vertragsverlängerungen. Wie sind die Termine", fragte Wallander.
"11 Uhr Kroß, 11.45 Uhr Kronstätter, 12.30 Uhr Ricken, 13.15 Uhr Körner und 14 Uhr Prenner. Der Anwalt ist auch schon unterwegs um 15 Uhr ist dann die Pressekonferenz", antwortete Uschi Kruppke.

Kurz vor 11 Uhr kam Christopher Neubauer ins Büro. Ihn begleitete Torhüter Torben Kroß. "Dann wollen wir mal loslegen", erklärte Wallander. Kroß sah etwas versifft aus und sagte: "Wir müssen ohne meinen Berater verhandeln, der ist schwer krank."
"Ich verstehe sowieso nicht, warum ein Oberliga-Spieler einen Berater braucht", sinnierte Wallander und blickte ins Gesicht von Torben Kroß. "Herr Kroß, Sie sind 25 Jahre alt und unser Stammtorhüter. Wir brauchen Sie, das ist ganz klar. Ich bin bereit Ihnen einen Vertrag für 3 Spielzeiten für 385.000 € zu geben. Das sind rund 27% mehr Gehalt", begann Wallander die Verhandlung.
"Ich kann das nicht annehmen, das ist zu wenig", stammelte Kroß. "Ich will mindestens 450.000 € haben, darunter läuft nichts", fuhr der Keeper fort.
"Gut, dann ist das Gespräch beendet. Dort ist die Tür", brüllte Wallander und klappte den Aktendeckel zu. Kroß' Gesicht wurde bleich. Wallander war klar, dass er diese erste Verhandlung schon gewonnen hatte. Dieses Kindchen wollte ihm die Vertragsbedingungen diskutieren. Dieses Kindchen war ohne seinen Berater nichts.
"Ok, sagen wir 400.000 €", sagte Kroß.
Wallander schüttelte grinsend den Kopf und sagte: "Sie wissen, durch welche Tür Sie hineingekommen sind. Das ist auch der Ausgang."
Wenn man dachte, dass Kroß schon blaß war, wurde man nun eines besseren belehrt. Er verlor noch mehr Farbe. Kroß hatte schreckliche Kopfschmerzen. Am Abend vorher hatte er seinen Berater noch unter den Tisch gesoffen. Leider ist es auch der Berater der anderen Spieler. Das tat ihm fast leid für die anderen. Nun musste er etwas tun. Wallander unterbrach seine Gedanken und sagte: "Herr Kroß, wenn Sie nichts mehr zu sagen haben, gehen Sie bitte. Ich muss nämlich beginnen, den Transfermarkt nach einem neuen Keeper zu durchsuchen."
"Na gut, ich unterschreibe den Vertrag zu Ihren Konditionen", stammelte Kroß.
"Warum nicht gleich so", sagte Wallander süffisant, warf ihm den Vertrag hin. "Um 15 Uhr ist Pressekonferenz mit allen Spielern, die verlängert haben. Ich kann ja davon ausgehen, dass Sie da sein werden", sagte Wallander grinsend.
Kroß verließ schüchtern den Raum. Wallander und der Vereinsanwalt tranken nun gemeinsam Kaffee und besprachen den nächsten Vertrag. Es sollte die Verlängerung von Andy Kronstätter, linker Außenverteidiger, sein. Pünktlich um 11 Uhr 45 klopfte Kronstätter an. Der Abwehrhüne trat ein. Wallander stellte fest, dass er nach Schweiß stank und einen Trainingsanzug trug. So kommt man doch nicht zu Vertragsverhandlungen, dachte sich Wallander. "Also Herr Kronstätter, Ihr Berater ist ja nicht da, der gute Mann ist wohl krank –", begann Wallander, als ihn Kronstätter unterbrach: "Kroß, das Arschloch, war mit dem Weichei gestern Abend saufen. Der soll sich die Seele ausgekotzt haben."
"Na, das erklärt ja auch das fertige Auftreten von Kroß. Ihre Leistungen waren und sind für den Verein unersetzlich. Ich will Sie langfristig an den Verein binden. Für sechs Spielzeiten biete ich Ihnen 435.000 € pro Saison. Mehr Geld kann ich Ihnen nicht bieten. Wenn Sie ablehnen, dann gehen Sie halt nach der Saison. Allerdings glaube ich nicht, dass Sie einen Verein finden, bei dem Sie noch Stammspieler sind. Und wir steigen vermutlich auf", trug Wallander sein Angebot vor. "Das sind knapp 11% mehr. Damit können Sie sich auch für die nächsten Vertragsverhandlungen Duschgel und einen richtigen Anzug leisten", schob Wallander höhnisch nach.
"Ich nehme das an, Sie verhandeln ja sowieso nicht. Im Gegensatz zu Ihnen hatte ich Sex und war joggen. Da riecht man auch mal nach Schweiß. Übrigens, wer hat Ihnen denn da diesen Abdruck in der Fresse verpasst", fragte Kronstätter. "Das geht Sie gar nichts an, Sie Vollprolet. Zehn Minuten zum Duschen hätten Sie doch wohl noch gefunden. Und Sex mit einer Hure kann ich auch haben, aber ich habe eben Niveau. Nächstes Mal kleiden Sie sich gefälligst anständig. Und jetzt unterschreiben Sie und raus", brüllte Wallander. Wut kam in ihm auf. Dabei begann der Abend mit der Ex seines Sohnes so schön. Sie waren italienisch essen, nachdem sie in Berliner gelandet war. Er hatte ihr ordentlich Wein eingeflößt. Dann waren sie bei ihm in der Wohnung und er wollte, dass sie ihm einen bläst. Sie lehnte dankend ab. Doch er ließ nicht nach, da scheuerte sie ihm mit aller Kraft die Hand ins Gesicht. Die Ohrfeige hatte gesessen. Wallander spürte wieder den Abdruck in seinem Gesicht. Kronstätter war schon gegangen und Ricken stand in der Tür. "Ich habe gehört, dass es hier schneller geht. Wollen wir es gleich hinter uns bringen", fragte der Spielertrainer.
Wallander war kurz irritiert und sagte dann: "Ja, setz Dich doch." Wallander nahm die Unterlagen für Alfons Ricken vom Schreibtisch und setzte sich an den Besuchertisch. "So, Du willst beim Verein bleiben. Rechter Außenverteidiger, Trainer. Durchschnittlich stark, recht viele Aussetzer. Manchmal zu langsam. Mir wäre es recht, wenn Du Dich langsam dahingehend orientieren würdest, den Verein nur noch zu coachen. Aber Du kriegst von mir einen Drei-Jahres-Vertrag für 310.000 €. Das sind trotz Deiner schwachen Leistung rund 20% mehr Gehalt. Bist Du einverstanden", fragte Wallander.
Ricken dachte kurz nach und sagte dann: "Dafür, dass Du meine Mutter gevögelt hast und ich richtig wütend auf Dich sein sollte, ist das Angebot ganz schön mies. Aber ich will schnell wieder los. Kronstätter will mir ein paar Handy-Bilder von seiner neuen Flamme zeigen. Eine heiße Schwedin, die ist seit gestern hier. Echt ein heißer Feger." Er unterschrieb und ging.
Wallander war allein. Ihm fiel nämlich auf, dass eben schon Neubauer gefehlt hat. Es war ihm egal. Die Vertragsverlängerungen von Körner und Prenner gingen ähnlich zügig vonstatten.

Wallander begann sich nach der letzten Verhandlung abzuschießen. Kerstin Bengtsson war ein wirkliches Flittchen. Sie hat sich nur ein Sprungbrett in die deutsche Hauptstadt ausgesucht. Er trank Wodka um Wodka. Die Zeit ging schnell rum und um kurz vor 15 Uhr kamen Uschi Kruppke und Alfons Ricken hinein. Wallander erkannte sie nur in Umrissen und sehr vage. "Wodka, ich will Wodka", lallte Wallander, der vor seiner Ledercouch lag. "Schwein bleibt Schwein, wir machen die Konferenz ohne ihn", sagte Ricken und ging wieder.

Den Abend des 2. August erlebte Wallander nicht bewusst. Er ließ sich am nächsten Tag bis zum Wochenende krank schreiben.
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Wallander wird zum Workaholic

Deprimiert kehrte Wallander am 25. Juli aus Ystad zurück. Seine Bilanz war desolat: Er wollte seinen Sohn zur Schwarzen Faust holen, aber dieser Bastard wollte einen 10-Jahres-Vertrag mit darauffolgender Anstellung. Wallander sah, dass das ein echter Raffke war. Der würde mal armselig enden. Dafür hatte Patrik Soderblom aber eine sehr hübsche Freundin: Kerstin Bengtsson. Sie war 21 Jahre alt und Wallander hatte ihr vor seiner Abreise einen Zettel zugesteckt, auf dem seine Kontaktdaten standen, falls sie Schweden in Richtung Deutschland verlassen wollen würde. Er würde sie im Verein arbeiten lassen. Aber vermutlich ist Patrik nicht bereit, seine Freundin ziehen lassen.
Wallander setzte sich am Flughafen Schönefeld in ein Taxi und fuhr in seine Wilmersdorfer Wohnung. Die Jungs hatten alles ordentlich aufgebaut. Er würde dafür zum Beginn der Winterpause den Helfern ein Bier ausgeben. Geschafft fiel er in sein neues Sofa. Plötzlich klingelte sein Handy. Er beschloss am nächsten Tag zurückzurufen und schlief ein.

Der 26. Juli war ein schöner Tag, aber er brachte nichts großartig neues. Wallander machte am Nachmittag blau und ging shoppen.

Am 27. Juli kam er ins Büro und ihm fiel ein, dass er noch einen Rückruf vom Sonntag offen hatte. Zuvor traf er sich mit Heiko Krohammer. Sie unterzeichneten den Vertrag, 7 Millionen überwies Wallander an dessen alten Club. Bei der Vertragsunterzeichnung vor der Presse lernte Wallander diesen Typen erstmals kennen. Es war ein widerlicher Prolet, der sich mit seinen platten Sprüchen der Presse anbiederte. Wallander saß wie ein kleiner Junge neben dem groß gewachsenen Abwehrhünen. "Ich freue mich auf Berlin. Das ist ein großer Fußballstandort und die Frauen sollen hier auch ganz geil sein", erklärte Krohammer einleitend und fuhr dann fort: "Ich bin sicher, dass ich für die Schwarze Faust eine wirkliche Verstärkung bin, damit dieser Club wieder nach oben zurückkehren kann." Wallander spuckte innerlich vor seinem Neuzugang aus. Wieder dachte er an das Telefonat. Vielleicht war es ja Kerstin Bengtsson. Nach der
Pressekonferenz stand er auf, verabschiedete sich von Ricken und Krohammer und ließ die beiden Proleten allein zurück.

Im Büro griff er zu seinem Handy und schaute sich die Nummer an.
Tatsächlich eine schwedische Nummer, frohlockte er. Wobei - schlimmstenfalls ist es sein missratener Sohn. Er wählte die Nummer und es meldete sich Kerstin Bengtsson. Als er ihre Stimme hörte, wurde der Raum mit einem Schlag heller. Vielleicht lag es auch daran, dass er beim Wählen der Nummer begonnen hatte, die Vorhänge zur Seite zu ziehen. "Ich habe über Dein Angebot nachgedacht. Ich will gerne in Deinem Verein arbeiten", sagte sie. "Patrik hat viel zu wenig Zeit, da kann ich auch gerne nach Berlin gehen, das fällt ihm doch gar nicht mehr auf", fuhr sie fort. Wallander hörte in ihrer Stimme große Enttäuschung. Frauen darf man nicht vernachlässigen, sondern muss sie beglücken, dachte sich Wallander. "Wie schnell kannst Du nach Berlin kommen", fragte Wallander. "Ich brauche nur ein Flugticket", antwortete sie. Wallander entgegnete darauf: "Das bekommst Du vom Verein, mach Dir keine Sorgen. Ich weise unsere Sekretärin an, ein Ticket zu buchen. Für Sonntag, dann hast Du noch Zeit ein paar Sachen zu packen und alles mit Freunden und so zu klären." Sie war sofort einverstanden. Sie beendeten das Gespräch. "Frau Kruppke, buchen sie sofort ein Ticket für eine Frau Kerstin Bengtsson aus Ystad. Sie fliegt Sonntag von Malmö nach Berlin. Es ist kein Rückflug notwendig. Danke", sagte er.

Es war nun bereits Nachmittag, Wallander hatte Hunger. Er ging essen, einen richtig fetten Döner. Ich muss auf meine Linie achten. Vielleicht werde ich demnächst auch mal wieder ein paar Runden auf dem Platz drehen. Das sieht immer vorbildlich für die Spieler aus, dachte sich Wallander und spülte den Gedanken mit einem Bier herunter.

Den 27. Juli beendete Wallander mit ein DVDs aus der Videothek.

Die Woche verging im Flug, Wallander war euphorisiert. Er hat seinem Sohn die Freundin abspenstig gemacht, nun würde er sie auch flachlegen. Am 30. Juli war noch die Vorstellung eines neuen Spielers. Ebenfalls ein Innenverteidiger. Es war ein Freund von Heiko Krohammer, für den der Verein 4 Millionen hinblätterte. Wallander war wieder angewidert. Warum spielen eigentlich nur Vollproleten in diesem Verein, fragte er sich. Er würde den nächsten Spieler unter Berücksichtigung des Schulabschlusses und kultureller Interessen verpflichten - egal, was Ricken dazu sagt. Wallander und Ricken spielten aber die Neuverpflichtung von Nicolas Neuendorf souverän runter.
Wallander dachte viel darüber nach, zwei neue Spieler für 11 Millionen, das ist viel Geld. Er hoffte, dass sie etwas bringen. Derzeit kämpft das Team darum, um in der Nähe der Aufstiegszone zu bleiben. Die beiden Neuen sollen den Traum von der Regionalliga Wirklichkeit werden lassen. Wallanders Arbeitswoche war vorüber, er freute sich nun schon auf Sonntag, er würde Kerstin Bengtsson wiedersehen.
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Rückkehr nach Ystad

Am 23. Juli schlief Wallander aus. Als er um halb zehn aufwachte, wusste er, dass es seine letzte Nacht in seiner alten Wohnung in der Karl-Marx-Straße war. Uschi Kruppke hatte ihm eine Wohnung in Wilmersdorf besorgt. Er konnte sie sofort beziehen und hat von den Jungs des Teams die Möbel von IKEA aufbauen lassen. Seine Möbel aus dieser Dreckswohnung wollte er nicht mitnehmen. Nur den Fernseher, seine Klamotten und die Pornosammlung mussten mit. Aber jetzt genoss er erstmal den Morgen. Er kochte sich einen Tee und frühstückte. Plötzlich klingelte das Telefon. Scheiße, kann man nicht mal in aller Ruhe frühstücken, fluchte Wallander innerlich. Er ging an den Apparat. Es war Uschi Kruppke: "Juten Tach, Chef. Hier hat so eene Hanna Soderblom anjerufen. die meente, dat se Se mal schleunichst zurückrufen solln." Wallander antwortete: "Naja, ich werde erstmal noch frühstücken und dann in die Geschäftsstelle fahren. Ich bin in einer Stunde da, Ricken soll mir bis dahin die Übersicht über Schwächen und Stärken des Kaders auf den Tisch legen. Schicken so außerdem ein paar Jungs, die ein paar Kartons aus meiner alten Wohnung in die neue bringen. Bis gleich." Er legte auf. Als er einen Löffel der Corn Flakes nahm, merkte er, dass die Milch schlecht war. Wallander ekelte sich vor verdorbener Milch. Er erbrach sich. Wallander ekelte sich vor Erbrochenem. Er erbrach sich erneut. Er kürzte das Frühstück ab und duschte. Er zog sich an und stieg in seinen Mietwagen.
"Guten Tag, Frau Kruppke. Rufen Sie bitte Frau Soderblom an und stellen Sie dann durch", befahl Wallander, als er in der Geschäftsstelle ankam. Er setzte sich in seinen IKEA-Chefsessel und das Telefon klingelte. "Ick hab die Soderblom am Apperat", sagte Uschi Kruppke und legte auf.
"Guten Tag, Frau Soderblom. Meine Name ist Kurt Wallander, sie wollten mich dringend sprechen", begann Wallander das Gespräch, während er mit Schrecken das Dossier über die Spieler durchsah. Es lag eine Menge Arbeit vor ihm und seinem Trainer.
"Hallo Kurt, ich bin es, Hanna, erinnerst Du Dich nicht", fragte die ziemlich alt klingende Frauenstimme am Telefon.
"Nein, ich erinnere mich nicht. Wenn Sie Ratespiele veranstalten wollen, dann versuchen Sie es bei jemand anderes. Ich habe viel zu arbeiten", grantelte Wallander in das Telefon.
"Wir haben vor 30 Jahren in Malmö miteinander geschlafen. Du hast mir damals ewige Liebe und Treue versprochen. Erinnerst Du Dich jetzt", setzte sie nach.
"Naja, das habe ich vielen Frauen nach einer geilen Nacht versprochen. Das klingt aber sehr wahr. Das war damals meine Masche. Ich bin von Ort zu Ort gezogen, habe die Frauen gevögelt, während meine Alte zu Hause die Kinder aufgezogen hat. Was rufst Du mich aber nach so langer Zeit an, hast Du wieder Bock", antwortete Wallander belustigt.
"Nein, Du Arschloch. Wir haben einen gemeinsamen Sohn. Patrik Soderblom", antwortete sie. Jetzt kam Wallander der Name bekannt vor. Er hatte ihn in den Unterlagen gesehen. Es war ein Vorschlag von Ricken für die Verstärkung in der Innenverteidigung. Ricken hat sich echt gut entwickelt in der Zeit, er hat zehn ausführlich vorbereitete Transfervorschläge für jede offene Stelle im Team erstellt.
"Spielt Dein Sohn Fußball", fragte Wallander.
"Ja, unser Sohn ist Fußballer. Deshalb rufe ich an. Hier in Ystad hat sich herumgesprochen, dass Du ein erfolgreicher Manager eines Fußballvereins geworden bist. Patrik sucht einen neuen Verein. Er sitzt nur auf der Bank. Er ist depressiv", sagte Hanna Soderblom mit wimmernder Stimme.
"Gut, ich werde sehen, was ich machen kann. Richte Dich darauf ein, dass ich heute oder morgen nach Ystad komme", sagte Wallander bestimmt und legte auf. Er blätterte in den Unterlagen und fand den Bogen von Patrik Soderblom. Der Junge war 29 Jahre und ein starker Innenverteidiger. Wallander entschied, dass in der Innenverteidigung der erste Neuzugang kommen würde. Er wählte aus den zehn Vorschlägen Rickens sechs Kandidaten aus, für die er Ablösevorschläge unterbreiten würde. Soderblom war darunter. Er griff zum Telefon und klingelte im Vorzimmer durch: "Frau Kruppke, kommen Sie bitte in mein Büro."
Uschi Kruppke kam mit einem Notizblock in der Hand. Wallander fiel auf, dass diese alte Frau immer mehr aus sich machte. Sie war immer frisch frisiert und hatte sich auch ein anständiges Parfum zugelegt. Bei seiner ersten Begegnung meinte er noch 4711 Köllnisch Wasser gerochen zu haben. "Wat kann ick für sie machen", fragte sie. "Diese sechs Transferangebote faxen Sie bitte an die Vereine. Versuchen Sie mir einen Flug nach Malmö zu besorgen, möglichst schnell. Wenn es geht noch heute Abend. Ich muss unbedingt nach Schweden, um meinen unehelichen Sohn kennen zu lernen", antwortete Wallander. "Is dit der Sohn von der Soderblom", fragte Kruppke. Wallander antwortete: "Ja, es geht Sie zwar nichts an, aber mit Frau Soderblom hatte ich eine Affäre. Sie möchte nun ihren Sohn hier bei uns unterbringen. Wie es der Zufall so wollte, hat Herr Ricken auch Material über Herrn Soderblom zusammengestellt. Wir bieten auch für ihn." "Jut, dann kümmere ich mir mal um den Flug", antwortete Uschi Kruppke, deren Neugier sichtlich gestillt war. Sie stand auf und verließ das Büro.
Plötzlich stand Wallander auf und ging ihr hinterher. "Haben wir hier einen Atlas", fragte er. "Ja, hier ist eener", sagte Uschi Kruppke und gab ihn Wallander. Mit dem Atlas setzte er sich auf seine Ledercouch. Er schlug die Seite mit der Karte Skandinaviens auf. Dann legte er ein Blatt Papier dazu und schrieb auf, wen er besuchen wollte: In Ystad: Hanna und Patrik Soderblom; die Polizei. In Malmö: meine Tochter Linda. In Karlskrona: meine beste Fickfreundin Kristina Ström. In Lund: Britta. Er dachte an Britta. Ihren Nachnamen kannte er nicht. Er wusste nur, dass sie die beste Nutte von ganz Schonen war. Er schrieb weiter: In Trelleborg: Lena Nyström. Kurt Wallander dachte an Lena. Sie war die letzte Frau, mit der er geschlafen hatte, bevor er Schonen verlassen hat. Er legte den Atlas beiseite. Das Telefon klingelte. Wallander stand auf, ging zum Schreibtisch. Nachdem er abgenommen hatte, dröhnte ihm die Stimme von Uschi Kruppke ins Ohr: "Ick hab nen Flug für se bekommen. Heute Abend, jejen 20 Uhr, jeht der Flieger nach Malmö. Rückflug jeht aber nur Sonntag Mittach oda erst nächste Woche." Wallander dachte kurz nach: "Ich brauche mehr Zeit. Schauen Sie mal, ob ich Montag oder Dienstag von Stockholm oder Kopenhagen nach Berlin komme. Ansonsten schauen Sie mal nach einer Fähre von Trelleborg aus." Er legte auf. Dann wählte er doch noch mal die Durchwahl ins Vorzimmer: "Machen Sie mir bitte einen Tee und organisieren Sie einen Mietwagen, der mir in Malmö zur Verfügung steht."

Einige Minuten später brachte Uschi ihm einen Tee. Er dachte an Schonen und freute sich schon. Über diese Gedanken nickte er ein. Als er aufwachte, war der Tee kalt. Er sprang auf und bestellte sich ein Taxi nach Schönefeld. Er ging ins Vorzimmer. "Frau Kruppke, ich nehme doch den Flug am Sonntag aus Malmö. Die Zeit muss reichen", wies Wallander sie an. Uschi Kruppke nickte und sagte: "Chef, sie sehen echt süß, wenn se schlafen." Wallander wurde schlecht, sein Magen zog sich zusammen und er presste ein: "Aha, Danke", heraus.

Als die Maschine auf dem Flughafen von Malmö aufsetzte wurde Wallander wach. Er hatte einen grässlichen Alptraum gehabt und Uschi Kruppke darin eine Rolle gespielt. Beim Mietwagenverleih gab man ihm die Schlüssel zu einem Wagen. Er entschied, dass es die Bewährungsprobe für Uschi Kruppke sein sollte. Anhand des Wagens würde er entscheiden, ob er sie weiterbeschäftigte oder nicht. Es war ein Phaeton. Wieder hatte er keinen Grund, sie zu feuern. Mit dem Wagen fuhr er nach Ystad. Wie lange war er schon diesen Weg nicht gefahren. Es war kurz nach Mitternacht, als er in die Stadt einfuhr. Er überlegte, wo er schlafen sollte. Es bleibt wohl nur die Rückbank im Wagen, dachte sich Wallander. Er parkte seinen Wagen in der Nähe seiner alten Wohnung in der Mariagata und legte sich auf die Rückbank. Am nächsten Morgen wurde er wach und erschrak: Ein ziemlich missratenes Kind schaute ins Auto und zog Grimassen. Wallander rotzte gegen die Scheibe. Das Kind verschwand angewidert. Er selbst fuhr nun weiter zur Polizeidienststelle. Die alte Empfangsdame von früher gab es nicht mehr. Jetzt saß dort eine eingebildete Ziege, höchstens 25 Jahre alt. "Guten Tag, mein Name ist Kurt Wallander, ich habe hier gearbeitet. Ich würde gerne zur Mordkommission, um ein paar alte Kollegen zu treffen", sagte er. Sie blickte ihn an. Mit Erschrecken stellte er fest, dass sie ihm sehr ähnlich sah. War sie etwa auch ein uneheliches Kind. "Dann gehen Sie halt einfach nach oben", antwortete sie. "Danke", sagte Wallander und ging nach oben. Er traf einige alte Kollegen. Sie gaben ihm die Adresse der Soderbloms. Er setzte sich in seinen Wagen und fuhr los. Er auf die Begegnung mit seinem Sohn gespannt.
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Die Rückkehr

Es war ein heißer Sommertag und er lag auf dem Sofa, als es klingelte. Er hatte sich gerade mit seinem Eistee hingelegt und wollte einen Porno schauen. Seit sie ihn beim FC Picaldi krankenhausreif geschlagen hatten, war dienstunfähig. Und die dadurch entstehende Freizeit nutzte er nun mit Pornos und Nutten. Den Alkohol hatte er sich abgewöhnt, als er nach dem Krankenhausaufenthalt starke Schmerzmittel nehmen musste. Er blickte auf seinen Fernseher und auf die graue unverputzte Wand dahinter, in so einem Drecksloch hatte er noch nie gelebt. Aber immerhin hatte er dieses Mal zwei Zimmer, anders als bei seiner Wohnung in der Gropiusstadt. Jetzt schlief er in einem anderen Drecksloch, als in dem er seinen Tag verbrachte. Das war schon mal ein Fortschritt. Es klingelte erneut. Er stand auf, zog sich seine Unterhose und ging zur Tür. Durch den Spion sah er einen Mittzwanziger, vielleicht war er auch Ende Zwanzig. Das Gesicht kam ihm bekannt vor und er öffnete die Tür.

"Sind Sie Kurt Wallander", fragte der junge Mann. Wallander nickte und dachte darüber nach, wer da vor ihm stand. In seiner Nase stieg dieser säuerliche Kotzgeruch auf. Jetzt erinnerte er sich: es war Alfons Ricken, ein Spieler von Die schwarze Faust 07. Als Wallander ihn das letzte Mal gesehen hatte, fotografierte Alfons ihn mit seiner Handykamera. Wallander selbst lag dabei in seiner eigenen Kotze. Es schauderte ihn. "Alfons Ricken mein Name. Sie erinnern sich sicherlich. Ich spielte damals bei der schwarzen Faust, als sie den Verein managten. Kann ich kurz hereinkommen", meinte Ricken. Wallander winkte ihn mit einer Geste hinein. "Ich ziehe mir kurz etwas an, gehen Sie in die Küche, da ist es am saubersten", meinte Wallander.

Er ging ins Schlafzimmer und zog sich eine Hose an und warf sich ein Oberhemd über. Was wollte der Junge hier, fragte sich Wallander. Die letzten Worte, die er von Alfons gehört hatte, waren Drohungen und hasserfüllte Äußerungen. Und jetzt sucht er ihn hier in seiner Wohnung auf, nach neun Jahren. Wallander ging in die Küche, dort war Alfons Ricken aber nicht. Stattdessen saß er im Wohnzimmer und schaute sich den Porno an. Ricken hörte offensichtlich, dass Wallander das Wohnzimmer betrat und sagte: "Du bist ja noch genauso ein dreckiges versautes Schwein wie zu der Zeit, als Du meine Mutter gevögelt hast – ähm, als Sie meine Mutter gevögelt haben." Dabei lachte er gehässig. Diese Art machte Wallander wütend. "Was willst Du hier eigentlich", zischte er drohend und griff nach seiner Dienstwaffe. Ricken wurde ernst und sagte: "Ich brauche Hilfe, ich will den Verein retten. Er wird gerade heruntergewirtschaftet."

Wallander war irritiert und wollte mehr wissen. Alfons erzählte ihm die Geschichte des Vereins, seit er ihn verspielt hatte. Seine drei Nachfolger hätten schon verantwortungslos gewirtschaftet. "Aber dann verkauften sie den Verein an so einen dubiosen Britzer, der das Team ausschlachten wollte. Die guten Spieler gingen. Der Verein trat den bitteren Gang in die Oberliga an", erklärte Alfons. "Bist du neidisch, dass du immer noch im Verein spielst", fragte Wallander höhnisch. "Ich verdiene genug Geld, ich bin Zuhälter. Schau auf meine Lederjacke, schau auf meine Goldkette, schau auf meine Designer-Jeans, schau auf meine Schuhe", rief Ricken wild gestikulierend, bis Wallander ihn barsch unterbrach: "Erstens ist die Lederjacke nur ein Imitat, die Kette vergoldet, die Designer-Jeans vom Polen-Markt und die Schuhe sind ein Fake-Kauf von E-Bay. Also erzähl mir nicht, dass du als Zuhälter dick Kohle verdienst." Bedrückt gab Ricken ihm recht: "Ja, es stimmt. Ich verdiene nicht so viel. Ich habe doch nur eine Frau, die für mich arbeitet. Und Mama ist halt auch nicht mehr die jüngste. Zum einen altert sie, sie hat falten, die Brust hängt usw. Zum anderen ist sie nicht mehr so belastbar wie früher." Wallander dachte an früher zurück. Da war Chantal Ricken noch richtig belastbar. Die Stute hat alles mitgemacht. Damals, als er noch nicht so abgerutscht war. Er dachte an die gemeinsamen Nächte zurück. "Du sollst jetzt nicht daran denken, wie es war, als du meine Mutter gefickt hast. Sondern entscheide Dich: Willst Du zurück zur schwarzen Faust oder lässt Du uns im Stich? Wir brauchen einen guten Manager", sagte Alfons eindringlich. "Ich mache es", sagte Wallander. "Gut, die Sommerpause hat gerade angefangen. Komm morgen zur Vertragsunterschrift in die Vereinszentrale", wies ihn Ricken an, stand auf und ging. War das wirklich die richtige Entscheidung? Ich bin mir unsicher, dachte sich Wallander. Er setzte sich hin und schaute den Porno weiter, den er vor Alfons Rickens Besuch geschaut hatte.
Es war ein stickiger 19. Juli in Berlin, der so eine überraschende Wende fand.

Am 20. Juli betrat Wallander nach langer Zeit wieder die Geschäftsstelle. Es fühlte sich merkwürdig an. Aber irgendwie war da auch das Gefühl, nie weg gewesen zu sein. Er sah die mächte Treppe in der Eingangshalle mit ihrem Eichenholzgeländer. Langsam ging er die Stufen hinauf. Er stand nun vor seiner Tür. Doch nirgends war sein Türschild. Er erinnerte sich daran einige Spielzeiten nicht im Verein verbracht zu haben, klar, da wird man auch das Schild austauschen. Ihn grüßte eine ältere Dame, die hinter dem Schreibtisch des Vorzimmers saß: "Juten Tach, kann ick ihnen weiterhelfen? Meen Name is Uschi Kruppke. Ick bin hier de Sekretärin." Wallander war etwas verstört. Unter seiner Führung hatten hier nur schöne und junge Frauen gearbeitet. Nun wusste er schon, was eine seiner ersten Amtshandlungen sein würde. "Guten Tag, Frau Kruppke. Mein Name ist Wallander, Kurt Wallander. Ich war hier früher mal Manager, bis ich den Verein aufgrund einiger Verwicklungen verloren habe. Ich habe einen Termin mit Herrn Ricken", erklärte Wallander. Ganz ungeniert antwortete Uschi Kruppke: "Wallander, ick habe sie wiedererkannt. Ihr Bild war in der Zeitung und ick habe schon viel von ihnen jehört, natürlich nur positives." Wallander fühlte sich kurz geschmeichelt, bis sie fortfuhr: "Sie war'n da in der Zeitung ja janz schön zujerichtet. Die waren da bei den Picaldis nicht so zufried'n mit dia, oda?" In Wallanders Kopf spielte jetzt nur noch ein Gedanke eine Rolle: Wie und wann er diese impertinente Person entlassen sollte.

Nun polterten Alfons Ricken, im Trainungsanzug, und Vereinspräsident Dettmero die Treppe hoch. Wallander erkannte den Präsidenten an dessen lautem Lachen. "Da ist ja unser alter und neuer Manager", grölte Dettmero, als er ins Vorzimmer des Manager-Büros kam. Uschi Kruppke entglitten alle Gesichtszüge und die Farbe wich aus ihrem Gesicht. Wallander glaubte in ihren Zügen nun Angst zu entdecken. Angst soll sie haben, denn die ist berechtigt, dachte er bei sich. "Ach, alter Freund, zu lange haben wir uns nicht gesehen. Ich freue mich wieder hier zu sein", rief Wallander mit gespielter Euphorie. Dettmero roch nach billigem Fusel, Wallander kannte diesen Geruch zur Genüge von sich selbst.

Die Vertragsunterzeichnung erfolgte sehr zügig. Sie gingen in das Büro von Präsident Dettmero, sie unterzeichneten seinen Vertrag, der auf drei Spielzeiten befristet war. Wallander gab Alfons Ricken eine Garantie, dass er Spielertrainer des Teams bleiben könne. Sie gingen wieder zurück ins Vorzimmer. Dettmero stellte nun Wallander und Uschi Kruppke einander vor: "Uschi, das hier ist Herr Wallander, er ist dein neuer Chef, Herr Wallander, das ist Uschi Kruppke, unsere Sekretärin." Wallander antwortete mit einem breiten Grinsen: "Ich habe schon mit dieser charmanten Frau Bekanntschaft gemacht." Dettmero und Ricken verschwanden nun ebenso laut, wie sie gekommen waren, im Treppenhaus.

"So, Frau Kruppke, ich habe jetzt einige Aufgaben für sie. Erstens: Besorgen sie mir Angebote für eine Dreizimmer-Wohnung in Neukölln, Schöneberg, Kreuzberg und Wilmersdorf. Zweitens: Besorgen sie einen Einrichtungskatalog von IKEA. Ich komme ja aus Schweden, deshalb möchte ich hier auch etwas Schwedisches reinbringen. Drittens: Besorgen sie mir ein Namensschild für die Tür. Viertens: Geben sie mir Unterlagen über den aktuellen Kader des Vereins, Spielerstärken, Leistungen, einfach alles an Statistik, was sie so finden können. Fünftens: Ich brauchen Visitenkarten. Sechstens: Überlegen sie sich, wie sie dem Verein an anderer Stelle noch helfen könnten, ich würde sie in ihrem Alter ungern in die Arbeitslosigkeit schicken. Siebtens: Erstellen sie Anzeigen für den Stellenmarkt. Eine Sekretärinnenstelle bei uns", diktierte Wallander. Uschi Kruppke notierte sich diese Aufgaben und sagte mit stockender Stimme: "Ich werde alles erledigen." "So, jetzt möchte ich nicht gestört werden", erklärte Wallander und ging in sein Büro.

Als Wallander die Tür hinter sich geschlossen hatte, blieb er erstmal etwas stehen und sah sich um. Das Büro war verfallen. Die schwere Ledercouch sah aber noch unversehrt aus, ebenso das Beistelltischlein aus Kirschholz. Wallander grinste innerlich. Er ging zu den Fenstern und öffnete sie. Er legte sich auf die Couch und genoss die Situation. Seit dem 20. Juli war Wallander wieder Manager der schwarzen Faust.

Wallander hatte sich nun sehr eingearbeitet. Wider Erwarten hatte sich Uschi Kruppke als fähige Mitarbeiterin erwiesen. Er wollte aber dennoch eine weitere Mitarbeiterin einstellen, ein richtig junges Ding, das weder intelligent noch arbeitsam sein sollte - Hauptsache unter 30, willig und hübsch. Das Büro hatte er selbst auf Vordermann gebracht, auf dem Schreibtisch stand nun die Figur des Lion of Judah, ein Symbol, das ihm viel bedeutete. So saß er nun am späten Abend des 22. Juli in seinem neuen Drehstuhl MARKUS von Ikea. Er hatte zig Aktenordner in die neuen BILLY-Regale einsortiert. Uschi Kruppke hatte die Regale ganz alleine aufgebaut, während er mit einem Bier auf der Couch saß und den Wohnungsmarkt durchsah. Die hat ganz schön malocht, dachte sich Wallander. Draußen gewitterte es. Er liebte Gewitter. Sie gaben ihm so eine innere Zufriedenheit. Er hatte auch allen Grund zur Zufriedenheit. Das Team hatte in zwei Spielen den Spitzenplatz geholt. Das war ein guter Start in die Oberliga-Saison. Wallander dachte darüber nach, was nun noch zu tun sei. Ricken und er hatten die Innenverteidigung als Schwäche ausgemacht. Da brauchte die Mannschaft Verstärkung. Eigentlich saß er nun schon lange genug im Büro. Er stand auf und rief sich ein Taxi. Diesen wunderbaren Abend wollte er nicht einfach so ausklingen lassen, es sollte etwas besonderes sein. Den Taxi-Fahrer fragte er nur: "Sie wissen, wie man zum Artemis kommt?" Dieser nickte. Wallander war froh. Sie verstanden sich.
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