4.522x gelesen 4x abonniert Ausgabe 27/24 02.07.2024 Wallanders Depesche Jetzt registrieren

Schnaps bleibt Schnaps Verfasst am : 05.08.2010 22:34

Wallander erwachte und spürte immer noch das Brennen auf seiner Wange. Er stand auf und ging ins Bad. Der Spiegel zeigte eindrucksvoll die Handfläche von Kerstin Bengtsson auf seiner Wange. Das Flittchen hatte ihm echt eine gescheuert. So sollte ein Montag Morgen nicht beginnen. Und in jedem Fall würde sie keinen guten Job im Verein bekommen, das muss sie sich erstmal verdienen. Wallander frühstückte und fuhr zur Arbeit.
"Na, Sado-Maso-Spielchen jemacht, Chef", fragte Uschi Kruppke.
"Nein, kümmern Sie sich um Ihre eigenen Sachen", grantelte Wallander. "Bringen Sie mir bitte die Unterlagen für die Vertragsverlängerungen. Wie sind die Termine", fragte Wallander.
"11 Uhr Kroß, 11.45 Uhr Kronstätter, 12.30 Uhr Ricken, 13.15 Uhr Körner und 14 Uhr Prenner. Der Anwalt ist auch schon unterwegs um 15 Uhr ist dann die Pressekonferenz", antwortete Uschi Kruppke.

Kurz vor 11 Uhr kam Christopher Neubauer ins Büro. Ihn begleitete Torhüter Torben Kroß. "Dann wollen wir mal loslegen", erklärte Wallander. Kroß sah etwas versifft aus und sagte: "Wir müssen ohne meinen Berater verhandeln, der ist schwer krank."
"Ich verstehe sowieso nicht, warum ein Oberliga-Spieler einen Berater braucht", sinnierte Wallander und blickte ins Gesicht von Torben Kroß. "Herr Kroß, Sie sind 25 Jahre alt und unser Stammtorhüter. Wir brauchen Sie, das ist ganz klar. Ich bin bereit Ihnen einen Vertrag für 3 Spielzeiten für 385.000 € zu geben. Das sind rund 27% mehr Gehalt", begann Wallander die Verhandlung.
"Ich kann das nicht annehmen, das ist zu wenig", stammelte Kroß. "Ich will mindestens 450.000 € haben, darunter läuft nichts", fuhr der Keeper fort.
"Gut, dann ist das Gespräch beendet. Dort ist die Tür", brüllte Wallander und klappte den Aktendeckel zu. Kroß' Gesicht wurde bleich. Wallander war klar, dass er diese erste Verhandlung schon gewonnen hatte. Dieses Kindchen wollte ihm die Vertragsbedingungen diskutieren. Dieses Kindchen war ohne seinen Berater nichts.
"Ok, sagen wir 400.000 €", sagte Kroß.
Wallander schüttelte grinsend den Kopf und sagte: "Sie wissen, durch welche Tür Sie hineingekommen sind. Das ist auch der Ausgang."
Wenn man dachte, dass Kroß schon blaß war, wurde man nun eines besseren belehrt. Er verlor noch mehr Farbe. Kroß hatte schreckliche Kopfschmerzen. Am Abend vorher hatte er seinen Berater noch unter den Tisch gesoffen. Leider ist es auch der Berater der anderen Spieler. Das tat ihm fast leid für die anderen. Nun musste er etwas tun. Wallander unterbrach seine Gedanken und sagte: "Herr Kroß, wenn Sie nichts mehr zu sagen haben, gehen Sie bitte. Ich muss nämlich beginnen, den Transfermarkt nach einem neuen Keeper zu durchsuchen."
"Na gut, ich unterschreibe den Vertrag zu Ihren Konditionen", stammelte Kroß.
"Warum nicht gleich so", sagte Wallander süffisant, warf ihm den Vertrag hin. "Um 15 Uhr ist Pressekonferenz mit allen Spielern, die verlängert haben. Ich kann ja davon ausgehen, dass Sie da sein werden", sagte Wallander grinsend.
Kroß verließ schüchtern den Raum. Wallander und der Vereinsanwalt tranken nun gemeinsam Kaffee und besprachen den nächsten Vertrag. Es sollte die Verlängerung von Andy Kronstätter, linker Außenverteidiger, sein. Pünktlich um 11 Uhr 45 klopfte Kronstätter an. Der Abwehrhüne trat ein. Wallander stellte fest, dass er nach Schweiß stank und einen Trainingsanzug trug. So kommt man doch nicht zu Vertragsverhandlungen, dachte sich Wallander. "Also Herr Kronstätter, Ihr Berater ist ja nicht da, der gute Mann ist wohl krank –", begann Wallander, als ihn Kronstätter unterbrach: "Kroß, das Arschloch, war mit dem Weichei gestern Abend saufen. Der soll sich die Seele ausgekotzt haben."
"Na, das erklärt ja auch das fertige Auftreten von Kroß. Ihre Leistungen waren und sind für den Verein unersetzlich. Ich will Sie langfristig an den Verein binden. Für sechs Spielzeiten biete ich Ihnen 435.000 € pro Saison. Mehr Geld kann ich Ihnen nicht bieten. Wenn Sie ablehnen, dann gehen Sie halt nach der Saison. Allerdings glaube ich nicht, dass Sie einen Verein finden, bei dem Sie noch Stammspieler sind. Und wir steigen vermutlich auf", trug Wallander sein Angebot vor. "Das sind knapp 11% mehr. Damit können Sie sich auch für die nächsten Vertragsverhandlungen Duschgel und einen richtigen Anzug leisten", schob Wallander höhnisch nach.
"Ich nehme das an, Sie verhandeln ja sowieso nicht. Im Gegensatz zu Ihnen hatte ich Sex und war joggen. Da riecht man auch mal nach Schweiß. Übrigens, wer hat Ihnen denn da diesen Abdruck in der Fresse verpasst", fragte Kronstätter. "Das geht Sie gar nichts an, Sie Vollprolet. Zehn Minuten zum Duschen hätten Sie doch wohl noch gefunden. Und Sex mit einer Hure kann ich auch haben, aber ich habe eben Niveau. Nächstes Mal kleiden Sie sich gefälligst anständig. Und jetzt unterschreiben Sie und raus", brüllte Wallander. Wut kam in ihm auf. Dabei begann der Abend mit der Ex seines Sohnes so schön. Sie waren italienisch essen, nachdem sie in Berliner gelandet war. Er hatte ihr ordentlich Wein eingeflößt. Dann waren sie bei ihm in der Wohnung und er wollte, dass sie ihm einen bläst. Sie lehnte dankend ab. Doch er ließ nicht nach, da scheuerte sie ihm mit aller Kraft die Hand ins Gesicht. Die Ohrfeige hatte gesessen. Wallander spürte wieder den Abdruck in seinem Gesicht. Kronstätter war schon gegangen und Ricken stand in der Tür. "Ich habe gehört, dass es hier schneller geht. Wollen wir es gleich hinter uns bringen", fragte der Spielertrainer.
Wallander war kurz irritiert und sagte dann: "Ja, setz Dich doch." Wallander nahm die Unterlagen für Alfons Ricken vom Schreibtisch und setzte sich an den Besuchertisch. "So, Du willst beim Verein bleiben. Rechter Außenverteidiger, Trainer. Durchschnittlich stark, recht viele Aussetzer. Manchmal zu langsam. Mir wäre es recht, wenn Du Dich langsam dahingehend orientieren würdest, den Verein nur noch zu coachen. Aber Du kriegst von mir einen Drei-Jahres-Vertrag für 310.000 €. Das sind trotz Deiner schwachen Leistung rund 20% mehr Gehalt. Bist Du einverstanden", fragte Wallander.
Ricken dachte kurz nach und sagte dann: "Dafür, dass Du meine Mutter gevögelt hast und ich richtig wütend auf Dich sein sollte, ist das Angebot ganz schön mies. Aber ich will schnell wieder los. Kronstätter will mir ein paar Handy-Bilder von seiner neuen Flamme zeigen. Eine heiße Schwedin, die ist seit gestern hier. Echt ein heißer Feger." Er unterschrieb und ging.
Wallander war allein. Ihm fiel nämlich auf, dass eben schon Neubauer gefehlt hat. Es war ihm egal. Die Vertragsverlängerungen von Körner und Prenner gingen ähnlich zügig vonstatten.

Wallander begann sich nach der letzten Verhandlung abzuschießen. Kerstin Bengtsson war ein wirkliches Flittchen. Sie hat sich nur ein Sprungbrett in die deutsche Hauptstadt ausgesucht. Er trank Wodka um Wodka. Die Zeit ging schnell rum und um kurz vor 15 Uhr kamen Uschi Kruppke und Alfons Ricken hinein. Wallander erkannte sie nur in Umrissen und sehr vage. "Wodka, ich will Wodka", lallte Wallander, der vor seiner Ledercouch lag. "Schwein bleibt Schwein, wir machen die Konferenz ohne ihn", sagte Ricken und ging wieder.

Den Abend des 2. August erlebte Wallander nicht bewusst. Er ließ sich am nächsten Tag bis zum Wochenende krank schreiben.

geschrieben von KSD

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