FUSSBALL Vorstand beschließt Trennung zum Saisonende / Finanzielle Transparenz
und Integration als Kritikpunkte
PFUNGSTADT - Seit knapp 15 Jahren gibt es bei Germania Pfungstadt Frauen- und
Mädchenfußball. Damit soll im Sommer Schluss sein. Der Vorstand hat einen
Beschluss verabschiedet, wonach die Fußballerinnen den Verein verlassen
müssen.
Pfungstadts renommiertester Fußballverein kommt nicht zur Ruhe. Nach dem freien
Fall der ersten Männermannschaft von der Gruppenliga in die Kreisliga A, der
Abmeldung der zweiten Mannschaft nach deren Abstieg in die B-Liga und der
Nichtteilnahme an der Hallenstadtmeisterschaft vor wenigen Wochen folgt bei der
Germania der nächste Paukenschlag: Entsprechend eines Vorstandsbeschlusses vom
Dezember trennt sich der etwa 600 Mitglieder starke Verein vom Frauenfußball.
Unüberbrückbare Differenzen hinsichtlich der vor allem administrativen und
finanziellen Eigenständigkeit der Frauen gaben den Ausschlag für das
Vorstandsvotum, das ohne Gegenstimme (ein Vertreter der Frauen selbst war nicht
zugegen) erfolgt sein soll. Seit dieser Zeit gärt in Pfungstadt die Nachricht
von der Trennung, ohne dass aber Vorstand oder Frauen an die Öffentlichkeit
gegangen waren. Das hat sich jetzt geändert.
Mit der Trennung endet ein fast 15 Jahre langes Kapitel bei der Germania. Im
Jahr 2001 waren die Fußballerinnen, die sich 1971 formiert hatten und 30 Jahre
lang beim TSV Eschollbrücken spielten, nach Differenzen zu Germania Pfungstadt
gewechselt. Danach folgte eine schwierige Phase, weil das zweite Frauen-Team der
damals schon Hessenliga spielenden Fußballerinnen den Wechsel nicht mit vollzog
und sich im weiteren Verlauf sang- und klanglos auflöste.
Nun gibt es für Christine Leichtweiß, die als Gründungsmitglied des
Frauenfußballs in Eschollbrücken den Wechsel zur Germania mit vollzog und noch
heute in verantwortlicher Position bei den Frauen die Geschäfte führt, ein
bitteres Déjà-vu. Ähnlich ergeht es Thomas Krömmelbein, der seit 1984 bei der
Germania aktiv ist und seit 2003 den Frauenfußball unterstützt und als
Spartenleiter führt. Der Fünfzigjährige war bis Ende 2015 auch sportlicher
Leiter der Männermannschaft, musste diesen Posten aber nach dem
Vorstandsbeschluss abgeben.
Ein neuer Verein soll gesucht werden
Es hat sich viel Frust angestaut, andererseits herrscht aber auch so etwas wie
Aufbruchstimmung: „Die Maßnahmen des Vorstands haben uns absolut überrascht.
Aber wir haben mit allen Personen, Spielerinnen und bei den Mädels auch mit den
Eltern, Gespräche geführt. Wir alle wollen zusammenbleiben und einen gemeinsamen
Wechsel zu einem anderen Verein mitmachen. Wir werden mit zwei
Frauenmannschaften und drei Mädchenteams uns eine andere Wirkungsstätte suchen“,
erklärt Krömmelbein, der mittlerweile zu den Alten Herren der FTG Pfungstadt
gewechselt ist. Zur Diskussion stand auch, einen eigenen Verein zu gründen und
sich bei der Germania einzumieten. „Das ist für uns aber keine Option, weil der
finanzielle Kraftakt hinsichtlich einer Platzmiete unsere Möglichkeiten
übersteigen würde“, erklärt Krömmelbein.
Der Konflikt schwelt offensichtlich schon geraume Zeit. Auf der einen Seite sind
die Fußballerinnen bei der Germania trotz des Abstiegs aus der Hessenliga eine
erfolgreiche Truppe. Sogar auf zwei Jahre in der Regionalliga kann man verweisen
und ebenso darauf, den Namen Pfungstadt bei Spielen unter anderem in Freiburg,
München oder Nürnberg bekannt gemacht zu haben. Zudem spielen zwei von drei
Mädchenteams in der Hessenliga.
Finanziell ist man zwar nicht auf Rosen gebettet, hat aber mit der Firma Merck
seit vielen Jahren einen verlässlichen Sponsor. Die Mitgliedsbeiträge gehen an
den Gesamtverein und fließen zum Teil wieder für den Mädchenfußball zurück.
Einnahmen aus dem Verkauf von Speisen und Getränken dienen zum Beispiel der
Bezahlung der Schiedsrichter. Sponsorengelder und Einnahmen aus der eigenen
Vereinszeitung verwaltet die Frauenfußballsparte eigenständig.
„Eigentlich ist das eine tragische Geschichte“
Das ist offensichtlich auch der Knackpunkt. Der seit zwei Jahren amtierende
Vorsitzende der Germania, Peter Jäger, will das bestehende Konzept nicht mehr
mittragen. „Eigentlich ist das eine tragische Geschichte. Seit geraumer Zeit
haben wir mit den Verantwortlichen Gespräche geführt und unsere Motive
dargelegt“, erklärt Jäger und führt weiter aus: „Ich, als am Ende mit meinem
Privatvermögen haftender Vorstand, muss über alle finanziellen Dinge im Verein
Bescheid wissen, weil ich am Ende des Tages die Verantwortung übernehmen muss.
Deshalb haben wir Transparenz und auch die absolute Integration in den
Hauptverein eingefordert. Doch alle Gespräche hierüber verliefen ohne Ergebnis,
und am Ende musste der Vorstand diese Entscheidung treffen“. Das sieht man bei
den Frauen natürlich anders, auch wenn Christine Leichtweiß einräumt, dass der
Eindruck entstanden sein könnte, man sei ein „Verein im Verein“.
Welche wirtschaftlichen Konsequenzen die Trennung haben wird, bleibt abzuwarten.
Immerhin handelt es sich um etwa 120 Beitragszahler und damit 20 Prozent der
vorhandenen Mitglieder. Auch der Betrieb der Vereinsgaststätte, die nach einem
Leerstand wieder einen Pächter hat, könnte den Rückgang zu spüren bekommen.
Schließlich waren auch Frauen und Mädchen sowie Eltern regelmäßige Besucher.
Das aber wird ab Juli entfallen. Auch wenn die Fußballerinnen einen anderen
Verein finden werden (zwei Vereine im Umkreis haben Interesse bekundet), gibt es
in Pfungstadt am Ende keine Gewinner.