2.726x gelesen 11x abonniert Ausgabe 37/24 09.09.2024 2.FC Nürnberg Jetzt registrieren

Clubgeschichten Teil 1 Verfasst am : 14.07.2013 19:07

Wie Nürnberg den Spieleraufstand niederschlug

1984 rebellierten sechs Spieler des 1. FC Nürnberg, darunter Ex-Nationaltorwart Rudi Kargus, gegen Trainer Heinz Höher. Doch der Vorstand handelte unerwartet. Motto: Wenn der Trainer die Mannschaft nicht mehr erreicht, geben wir ihm eben eine neue. Mit aller Härte schlug er die Rebellion nieder und sorgte für einen Präzedenzfall.

Der Herbst ist gekommen, die Trainer fliegen raus. Darauf ist seit Jahrzehnten Verlass in der Bundesliga. Mainz und Hannover hatten schon im Spätsommer den Anfang gemacht, Bochum und Hertha verloren neulich die Nerven. Wirklich schwere Tage aber erwarten die Trainer im November: Wer will schon auf einem Abstiegsplatz Weihnachten feiern?

So manche Spielerrevolte begann im Herbst. In der Regel hatten sie ja nichts zu befürchten, denn wer entlässt schon mitten in der Saison eine Mannschaft? Vor 25 Jahren ereignete sich jedoch der Präzedenzfall, der allen potenziellen Revoluzzern in kurzen Hosen als Warnung dienen sollte.

Beim Club streikten die Spieler

Schauplatz Nürnberg: Der ruhmreiche FCN ist mit der bis heute drittschlechtesten Bilanz aus der Bundesliga abgestiegen, hat alle Auswärtsspiele verloren. Doch der Vorstand gibt Trainer Heinz Höher einen neuen Vertrag über zwei Jahre.
In der Zweiten Liga läuft es weiterhin schlecht. Ende Oktober 1984 glaubt niemand mehr an den Aufstieg, und die Spieler verspotten ihren Trainer, der Laufeinheiten auf geteerten Straßen oder Straftraining morgens um sieben ansetzt: "Der Erfolg gibt ihm Recht." Nach einem 1:1 gegen Oberhausen will der Spielerrat dem Präsidenten sein Leid klagen, wird aber abgekanzelt: "Hier wird nicht diskutiert. Ihr geht jetzt alle nach Hause", sagt "Club"-Patron Gerd Schmelzer. Die Spieler gehen lieber ins Cafe "Dolce Vita" und setzen eine Erklärung auf. Der Spielerrat bringt das Papier dann bei den Nürnberger Zeitungen vorbei, und Kapitän Udo Horsmann erklärt: "Die Mannschaft war verzweifelt und das Maß voll." Das muss doch wohl reichen, um den Trainer zu vertreiben.

Entlassungen und Hausverbot für sechs Revoluzzer

Doch auch noch so geschäftstüchtige Fußballspieler können sich zuweilen verrechnen. Zwar verweigern 15 Mann am nächsten Tag das Training und die Bilder, die Höher mit fünf jugendlichen Streikbrechern zeigen, gehen um die halbe Welt. Doch der Vorstand handelt unerwartet. Motto: Wenn der Trainer die Mannschaft nicht mehr erreicht, geben wir ihm eben eine neue. Mit aller Härte schlägt er die Rebellion nieder.
Sechs Rädelsführer werden entlassen, erhalten Hausverbot, es wird mit Haft (!) gedroht. Außerdem beantragt der Vorstand beim DFB eine "Sperre auf Lebenszeit" für die Sechs, zu denen der Ex-Nationaltorwart Rudi Kargus zählt.

Neue, junge Mannschaft schaffte den Aufstieg

Auf Anraten eines Anwalts erscheinen die nicht entlassenen Rebellen zum nächsten Spiel, in dem Jugendliche und Amateure die Lücken schließen; spätere Nationalspieler wie Stefan Reuter, Hans Dorfner und Dieter Eckstein profitieren von der Situation. Das Durchschnittsalter beim 1:2 in Aachen beträgt 20,4 Jahre, die junge Mannschaft erobert die Herzen der Fans.

Den satten Altstars, als die die Rebellen vom Verein hingestellt werden, weint keiner eine Träne nach. Sie trainieren bei einem Amateurklub und studieren das Arbeitsrecht. Wie ist das mit dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung? "Sind Fußballprofis Sklaven ohne Zunge?", fragt Horsmann verzweifelt. Er spielt nie wieder.

Den Fans ist es egal. Denn ein Wunder folgt: Die Neuen schaffen mit Höher noch den Aufstieg. Das Rezept sollten sich Nürnberg patentieren lassen.

geschrieben von Orangeman

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4.20/5

Kommentare

Locoluke schrieb am 25.06.2015 20:40 Uhr

Nur der FCN !! ;-)

eehunn schrieb am 15.09.2014 15:41 Uhr

du schreibst gute Artikel