Fickende Fruchtfliegen
Fickende Fruchtfliegen
Seit Wochen beobachte ich sie.
Sie ficken beim fliegen und surren mit Mückengleichen Gesumm um mich herum.
Ihren Ursprung hat die Brut im Abfluss meines Abwaschbeckens in der Küche und
natürlich aus der Dunstabzugshaube.
Doch so sehr ich sie auch mit der chemischen Keule bearbeite, die kleinen
lebenslustigen Tierchen finden wie ihre Verwandten die Mücken, stets ihren Weg
zu meinem Ohr. Manchmal auch zum anderen.
Will sagen!
Eine traditionelle Plage ist mir anheim gefallen. Doch anstatt sie duldsam zu
ertragen wie es Mutter Natur gebietet, oder sie als Nahrungsquelle zu verwenden,
entschied ich mich für einen anderen Weg.
Fruchtfliegenfallen.
Also Völkermord.
Das klingt bei Fruchtfliegen zumindest unverdächtig, zumal man nur die Gier der
Tiere ausnutzt, ohne selbst in Erscheinung treten zu müssen.
Manchmal sehe ich beim Anblick in den Spiegel eine Fruchtfliege.
Aber kaum, dass ich los fliegen will, verweigert der Spiegel sofort seinen
Dienst.
Typisch BILD.
Aber zurück zu den Fruchtfliegenfallen.
Man sollte sich die Dinger möglichst im Winter kaufen, da Fruchtfliegen Schnee
aus altersbedingten Gründen für eine Verschwörungstheorie halten. Und jene die
ihn dann doch sahen konnten nicht mehr darüber berichten.
Aber ich schweife ab, denn ich befinde mich in sehr hektischer Betriebsamkeit
aufgrund einer Pleite, deren Elend ich vor wenigen Zeilen beschrieben habe.
Fruchtfliegenfallen kaufen im Sommer!
Stell dir vor du bist in einem der großen Märkte.
Ziel gerichtet steuerst du auf die Fruchtliegenfallenabteilung zu. Plötzlich
rammt dich ein älterer Herr aus der Pflegeshampoo- und Damenhygieneabteilung mit
seinem Einkaufswagen, und schreit auch noch: „Können Sie denn nicht aufpassen!“,
womit er natürlich recht hat, denn wie im Straßenverkehr und vermutlich auch
anderswo gilt: Rechts vor Links.
Verdattert schaust du ihm hinterher und musst mit ansehen, wie er die letzte
Fruchtfliegenfalle aus dem Regal nimmt und in seinem Einkaufswagen verstaut.
AB JETZT SIND WIR KEINE FREUNDE MEHR!, geht es dir in Großbuchstaben durch den
Kopf. Hakenkreuze harmonieren mit deinen Augäpfeln. Du ignorierst wider besseren
Wissens dein Wissen, welches dich einst lehrte Fruchtfliegenfallen mit
einfachsten Mitteln selbst herzustellen, denn dieser alte Mann hat auf infame
Weise gleich zwei mal sehr unangenehm in dein Leben eingegriffen. Und während du
ihn entschlossen verfolgst, überholst, und ihm die noch nicht bezahlte Ware aus
dem Korb klaust, was du mit einem fiesen „Ich bin stärker als wie du, also leg
dich lieber nicht mit mir an“ Blick untermauerst, zieht plötzlich ein
atemberaubendes Frauenzimmer an dir vorbei. Und dann lächelt sie dich auch noch
an. Fast entwickelt sich eine Art Flirt an der Kasse.
„War nett Sie kennen zu lernen“, verabschiedet sich die Frau freundlich, aber
dennoch rigoros nach dem Bezahlvorgang. Du siehst ihr ergriffen nach. Sie läuft
auf den alten Mann zu. In dem Moment setzt auch dein Verstand wieder ein. Der
Blick in deinem Korb lässt dich wissen, dass du noch etwas vergessen hast.
Billigen Fusel und Coca Cola. Vermischt mit Spülmittel und Wasser eine nahezu
unschlagbare Fruchtfliegenfalle, die über Jahre beobachtet, noch ganz andere
Geheimnisse enthüllt.
Pilze.
Aber das ist eine andere Geschichte.
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Verfasst am : 05.08.2018 19:55
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Neueste Meldungen
+++Der Artikel vom 15.04 wurde überarbeitet+++ +++war der erste Sherlock
Artikel+++ +++in zwei Wochen etwa geht`s weiter+++ +++Elo Rang 1 ist geil,
besonders wenn man nur noch 4500 AS hat+++ +++Die Bundeswehr will jetzt auch im
Ausland rekrutieren. Find ich gut! im Sinne der Integrationsbemühungen könnte
man Russen unter Vertrag nehmen. Das wäre doch mal eine Herausforderung.+++
+++So+++
+++reicht mal wieder+++
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Verfasst am : 22.07.2018 01:48
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Sherlock- Der reiche Bach
Quid pro quo
Stille herrschte im Raum, in denen sich die Gansers, der dickliche
Kriminalhauptkommissar aus Deutschland und Sherlock zurückgezogen hatten. Und
diese Stille hatte einen Grund. Sie hatten sich soeben ausgesprochen, waren aber
aufgrund ihrer Ausführungen zu keinem nennenswerten Ergebnis gekommen. Immer
wieder murmelte Klawitter: „Zeitreisen, so ein Blödsinn“, und traf damit
zumindest bei den Gansers auf Zustimmung, während sich Sherlock zunehmend
darüber ärgerte seine Geschichte überhaupt erzählt zu haben. Gleichzeitig hatten
die Ausführungen des Doktors ihn tatsächlich weiter gebracht. Die Gansers, und
auch Kriminalhauptkommissar Klawitter wiederum waren sich insgeheim einig es mit
einem gefährlichen Irren zu tun zu haben. „Ihre Geschichte, Mister Holmes, war
wirklich sehr originell. Ich hoffe, Sie sind nicht beleidigt, wenn wir dennoch
gewisse Zweifel hegen.“, drückte sich Doktor Ganser noch sehr diplomatisch aus,
und erntete zustimmendes Nicken. Doch Sherlock war nicht beleidigt. Eher
amüsiert. „Wissen Sie was das Komische ist?“ Gespannt wartete er auf eine
Reaktion. Die Gesichter übten sich in mäßiger Zurückhaltung. Eigentlich hatten
sie genug von einer Legende gehört, die sich gerade selbst demontierte. Sherlock
war das egal. Die Sätze musste er noch loswerden. „Bei all dem Wissen, das Sie
in sich tragen, und dafür zolle ich Ihnen meinen höchsten Respekt, gelten Sie
dennoch als Verschwörungstheoretiker. Aber kaum erzähle ich Ihnen meine Version
der Geschichte, bin ich in Ihren Augen das, was Sie in den Augen derer sind, die
der Presse und dem Fernsehen vertrauen.“
Doktor Ganser winkte sofort ab. „Zeigen Sie mir Ihren Doktor mit seiner TARDIS,
und ich glaube Ihnen sofort.“ Das Argument hatte Gewicht. Nur leider konnte
Sherlock den Doktor nicht herbei zaubern. Stattdessen klingelte sein Telefon. Zu
seiner Überraschung erkannte er Johns Namen auf dem Display.
„John?“
„Hallo Sherlock“, begrüßte ihn sein alter Weggefährte mit bedrückter Stimme.
„Was ist los, John, hat Mary dich etwa verlassen?“, mutmaßte er sofort.
„Nein, sie hat mich sogar hier her geschickt. Wir müssen uns unbedingt treffen.“
In Johns Stimme lag etwas, das Sherlock misstrauisch machte. „Soll das heißen,
dass du in der Schweiz bist?“
„Ja, und wir müssen uns unbedingt treffen!“, wiederholte John den Satz mit
Nachdruck. Jetzt wusste Sherlock, dass etwas nicht stimmte. Wer auch immer bei
ihm war und ihn zwang diese Verabredung zu treffen, war clever oder dumm genug
John für sich reden zu lassen. „Sag mir wo du bist!“
„Ich bin am Reichenbach, bei den sieben Wasserfällen, du erinnerst dich
bestimmt…“ Jemand am anderen Ende der Leitung sorgte dafür, dass John nicht
weiter sprach.
„John?“
Eine fremde Stimme meldete sich.
„Sie haben da wirklich einen cleveren Freund, Mister Holmes. Eigentlich wollte
ich mich gar nicht einmischen, aber jetzt können wir es ja offiziell machen.
Wenn Sie nicht innerhalb einer Stunde hier sind, und ich weiß sie könnten schon
in einer halben Stunde hier sein, machen Sie Mary zu einer sehr unglücklichen
Witwe.“
Klack
Sherlock hatte das Gespräch extra auf laut geschaltet. Um ihn herum herrschte
betretendes Schweigen. Natürlich klang seine Geschichte vom Doktor und den
Zeitreisen bescheuert, oder allenfalls dafür geeignet als Science Fiction Roman
durchzugehen. Allein die Erwähnung des Reichenbachs sorgte ausgerechnet bei
Kriminalhauptkommissar Klawitter für einen Effekt, mit dem Sherlock nicht
gerechnet hätte. „Ich halte Sie nach wie vor für einen Spinner, aber wenn Sie
Hilfe brauchen… Ich würde Sie begleiten.“
Sherlock betrachtete den Kommissar interessiert. „Sie würden Lestrade alle Ehre
machen. Ich nehme an, Sie haben einen Wagen?“ Klawitter erhob sich und ging
schnurstracks zur Tür. „Natürlich habe ich einen Wagen, und ich kenne sogar den
Weg. Kommen Sie?“
„Was für eine Frage!“
Einige Minuten später.
„Das war ein höchst interessanter Besuch, findest du nicht auch, Schatz?“
„Zumindest scheint sein Name echt zu sein.“, antwortete Doktor Ganser knapp.
„Was, wenn er Recht hat?“
Doktor Ganser stieß einen schweren Seufzer aus.
„Das will ich mir nicht mal ansatzweise vorstellen.“
Bakerstreet 221 b
Mrs Hudson hatte alle Hände voll zu tun. Die Mückenstiche hatten bei Mister
Stringer offenbar eine allergische Reaktion ausgelöst, der sie jetzt mit ihrer
Kräuterküche zu Leibe rücken wollte. Allerdings stellte sich Mister Stringer als
widerspenstigerer Patient heraus als sie dachte. „Ich brauche keine
Kräutermischungen, sondern meine Medikamente!“, jammerte er wehleidig, während
er die Tomatengroßen Beulen an seinem Körper kratzte. Mrs Hudson blieb
umbarmherzig. „Haben Sie je etwas anderes als Medikamente für Ihre Gesundheit
eingenommen?“
Mister Stringer sah sie mit weit aufgerissenen Augen an. „Was ist denn gegen
Medikamente einzuwenden?“
„Du meine Güte.“, brummte Mrs Hudson und setzte die Behandlung fort.
„Autsch, Sie tun mir weh!“
„Verzeihung.“
„Was wollen Sie denn mit der Spritze?“, erkundigte sich Mister Stringer
ängstlich.
„Eine Blutprobe nehmen, was denken Sie denn.“
„Aber ich hasse Spritzen!“
„Keine Sorge, es wird nur einen kurzen Augenblick wehtun.“, sagte Mrs Hudson und
rammte ihm die Kanüle in eine Vene.
„Aaaargh“
„Seien Sie gefälligst nicht so weinerlich!“
„Sie haben gut reden, Miss Marple.“
Dann sah er sein Blut in den Spritzkörper fließen und wurde ohnmächtig.
„Sehen Sie, war doch nur halb so schlimm. Wenn Sie mich jetzt einen Augenblick
entschuldigen würden. Ich muss Ihr Blut untersuchen. Sie können ja derweil
fernsehen.“, sagte Mrs Hudson und warf ihm die Fernbedienung in den Schoss ohne
dabei zu registrieren, das er schon längst nicht mehr Herr seiner Sinne war.
Am Reichenbach
Es war ein gigantischer Anblick den Mutter Natur bot. Die sieben Wasserfälle
ergossen sich wie ein Gemälde dreihundert Meter in die Tiefe. Jetzt, wo es
dunkel war und in Strömen regnete wirkte es sogar noch imposanter. Aber kein
Mensch war hier um das Naturspektakel zu bewundern, bis auf einen. John Watson
saß gefesselt und geknebelt auf einem Stein und konnte all dem nur wenig
abgewinnen. Sein Peiniger hatte sich gut versteckt und wartete darauf, dass
seine Falle zuschnappte. Aus dem Zielfernrohr seines Präzisionsgewehrs
beobachtete er die Umgebung. Ungeduldig sah er immer wieder auf seine Uhr. Wo
blieb der Kerl nur? Eine Stunde war längst vergangen. Plötzlich näherte sich
jemand, aber es war nicht Sherlock Holmes. Was hatte dieser kleine dicke
Zivilist um diese Zeit in der Gegend verloren? Noch ehe er begriff, dass er
selbst der Gejagte war ertönte eine Stimme hinter ihm. „Legen Sie sofort das
Gewehr weg, oder ich töte sie!“ Das Klacken eines Revolvers untermauerte die
Ernsthaftigkeit der Forderung. Langsam legte der Attentäter sein Gewehr
beiseite, ohne sich weiter zu bewegen. „Wie haben Sie mich gefunden?“, fragte er
stattdessen.
„Sie hätten Johns Handy nicht am Mann behalten sollen.“, erklärte Sherlock
selbstsicher, und in dem Moment geschah es. Blitzschnell drehte der Mann sich
um, und rollte samt Gewehr aus Sherlocks Sichtfeld. „Verdammt!“ Sofort griff
Sherlock nach seinem Telefon und rief den Kommissar an. „Er ist entkommen. Seien
Sie auf alles vorbereitet.“
„Ich gebe mir Mühe“, antwortete Klawitter, während er eilig Johns Fesseln löste,
und ihn von seinem Knebel befreite. Kaum befreit fing dieser sofort an zu
meckern, ohne allerdings weit zu kommen. „Kann mir mal jemand sagen…“
„Halten Sie die Klappe! Wir sind noch nicht außer Gefahr.“
Ein Schuss fiel, und traf Klawitter am linken Ohr. Noch viel wichtiger war
allerdings, dass er auch sein Handy getroffen hatte. „Verdammt! Wir haben den
Kontakt zu Sherlock verloren. Schnell hinter den Stein!“, dirigierte Klawitter
den befreiten John, der aus purer Lebensfreude dem Aufruf folgte.
Zusammengekauert drängten sie sich hinter den Stein. Vom prasselnden Regen
begleitet holte Klawitter seine Dienstwaffe hervor. Sein Ohr blutete stark, aber
angesichts der Umstände merkte er das kaum. „Sie brauchen unbedingt einen
Verband.“, bemerkte John besorgt, und fuhr fort. „Und wo wir schon dabei sind.
Wer sind Sie eigentlich?“ Der Kommissar warf ihm einen kurzen Blick zu.
„Klawitter, sehr angenehm. Halten Sie bitte Ihren Kopf unten.“
Ein Gewehrlauf am Kopf von John Watson unterband das weitere Gespräch. Klawitter
ließ ohne zu zögern seine Waffe fallen. „Sehr vernünftig von Ihnen“, sagte der
Mann mit der Waffe und schlug Klawitter mit einer kurzen aber heftigen Bewegung
den Gewehrkolben ins Gesicht. „SHERLOCK! Kommen Sie raus, oder Ihre Freunde
sterben! Ich weiß, dass Sie mich beobachten.“, rief er in die Dunkelheit.
Aus der Dunkelheit des Waldes trat Sherlock hervor. Der Mann lächelte. „Sie
haben es mir wirklich nicht leicht gemacht.“
„Und Sie sind nur ein Gefolgsmann der Befehle ausführt ohne sie zu
hinterfragen.“, antwortete Sherlock unbeeindruckt. Der Mann nickte. „Damit haben
Sie vermutlich Recht. Genug geplaudert.“ Ein Schuss fiel. Sherlock sackte zu
leblos Boden. Dann zielte der Mann auf John Watson. Erneut fiel ein Schuss. Doch
diesmal nicht aus der Waffe des Mannes. Überrascht fiel er selber zu Boden. Die
Kugel hatte präzise sein Herz getroffen. „Was habe ich übersehen?“, fragte er
mit krächzender Stimme, die mit dem Tode rang.
„Mich!“, antwortete Mycroft Holmes.
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Verfasst am : 11.07.2018 03:35
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Sherlock- Das vorletzte Problem
London 1893
Arthur Conan Doyle hatte es geschafft. Zufrieden blickte er auf die letzten
Zeilen seines Manuskripts, zündete sich eine Zigarre an, genehmigte sich einen
Kognak, und wartete auf den schwierigsten Moment seines Lebens.
Seine Mutter.
Sie war nicht nur der größte Fan seiner Sherlock Geschichten, sondern auch
akribische und kritische Gegenleserin. Ohne sie hätte er zum Beispiel nie
erfahren, dass Nattern, wie in der Geschichte: Das gefleckte Band, gewöhnlich
keine Giftschlangen waren, und ohne sie wäre er nie auf eine Figur wie Mrs
Hudson gekommen. Das war noch am Anfang. Da hatte die Geschichte noch Spaß
gemacht.
Mittlerweile waren aber auch einige Dinge geschehen. Frauen waren ein und
ausgegangen, aber keine hatte die Kraft gehabt es mit seinem Ego aufzunehmen.
Bis auf die Eine. Und die hatte sich einfach verpisst. Wenigstens ließ er sie in
seinen Geschichten mit Sherlock leiden. Das fühlte sich im ersten Augenblick gut
an, aber schon kurze Zeit später hasste er sich für das Gefühl.
Doch wenn er bei Spaziergängen durch den Park seine Umgebung beobachtete, wusste
er, dass er mit diesem Gefühl nicht allein war. Manchmal war es ein Fluch
Schreiber zu sein, und letztlich doch nichts zu bewirken.
Er lehnte sich in seinen Sessel und grübelte. Er hatte Sherlock, dessen Vorbild
ein alter Lehrer von ihm war, immer aus der Sicht von Doktor Watson beschrieben,
weshalb er auch gern hin und wieder seinen gepflegten Schnauzer erwähnte. Und
auch das hatte bis zu einem gewissen Grad Spaß gemacht. Aber irgendwann war er
selber zum Sherlock geworden, und spätestens da hörte der Spaß auf.
Sherlocks Tod war nur noch eine Formsache.
Denn!
Jetzt galt es, zurück ins Leben zu gehen, wenngleich ihm dieser Sherlock ein
beträchtliches Einkommen beschert hatte. Die Leute liebten ihn, und ganz
besonders seine Mutter. Der Fall, „Das letzte Problem“, würde ihr vermutlich
nicht gefallen, doch es war ihm egal. Und seit ihn Irene Adler verlassen hatte,
verspürte er ohnehin nur noch wenig Lust die Geschichte fortzusetzen. Sie hatte
sich nicht einmal verabschiedet. Doch ein Satz von ihr blieb ihm nachhaltig im
Gedächtnis.
Ohne Sherlock wärst du ein Nichts- aber ohne
dich, gäbe es auch keinen Sherlock.
Damals hatte er noch gelacht.
Seine Mutter stürmte ohne zu klopfen in sein Zimmer, umarmte ihn stürmisch, und
stürzte sich sofort auf das fertig gestellte Manuskript.
Drei Stunden später
Es glich dem Kampf David gegen Goliath.
„DU LÄSST SHERLOCK STERBEN? EINFACH SO?“
Die Worte hatten den Effekt eines Holzpflocks während er sich in das Herz eines
Vampirs bohrte.
„Mutter bitte, ich muss mich auch mal weiterentw…“, wagte Arthur erste verbale
Schrittchen, hinsichtlich seiner persönlichen Interessen. Blöde Idee. Mütter
waren dazu prädestiniert alles besser zu wissen.
„Weiterentwickeln? Du wirst nie wieder so etwas Geniales schreiben!“, unterbrach
ihn Mutter wütend, und unwillkürlich wurde er an Irene erinnert, der wohl
unglücklichsten Liebe seines Lebens. Nicht ohne Grund hatte er sie zur
persönlichen Nervensäge Sherlocks auserkoren. Aber jetzt galt es neue
Geschichten zu finden. Viel zu lange hatte Arthur vom erdachten Leben
geschrieben, ohne es selbst erlebt zu haben. Und vielleicht würde sein neuer
Plan ja auch seine Mutter begeistern, den er endlich bereit war voller
Enthusiasmus vorzutragen.
„Ich gehe auf Reisen, Mutter. Ich habe mich Leuten angeschlossen, die
unentdeckte Inseln erforschen wollen. Ich spüre die Geschichte meines Lebens.
Vielleicht begegnen wir sogar neuen, oder ausgestorbenen Lebensformen. Du musst
zugeben, dass ist reizvoller als Sherlock, und schließlich ist es letztlich mein
Leben.“
Mutter schüttelte nur enttäuscht mit dem Kopf. „Ich habe meinen Sohn nicht zu
einem weltfremden Spinner erzogen, der seinen Intellekt für eine fixe Idee
opfert. Überlass das Leuten die in hundert Jahren soweit sind. Die werden
vielleicht sogar einen Jurassic Park erfinden, aber das ist nicht deine Aufgabe.
Die Leute wollen Sherlock, und du hast das Talent ihn in einer dekadenten Zeit
wie dieser Leben einzuhauchen. Für deine Leser ist Sherlock ein Held! Aber ihn
jetzt sterben zu lassen ist so unsinnig und dumm…“ Arthurs Mutter schluckte
mehrere Male. Arthur ließ sie gewähren. Er hatte viel zu viel Respekt vor ihr um
es nicht zu tun, wenngleich er nach wie vor nicht ihrer Meinung war.
„Und nicht zu vergessen, der wirtschaftliche Faktor“, fuhr sie fort. „Sherlock
hat dich ernährt, und jetzt lässt du ihn in der Schweiz mit seinem Erzfeind, in
nahezu biblischer Anmaßung in den Abgrund stürzen? Das kann doch nicht dein
Ernst sein!“
Mutter war fertig. Ihre Kritik war wirklich niederschmetternd, vor allem weil
sie ihn an Irene Adler erinnerte. Gleichzeitig löste diese Erinnerung eine
Trotzreaktion aus.
„Ich verstehe dich Mutter, aber ich kann nicht weiter machen mit Sherlock. Er
frisst mich auf, er hindert mich am echten Leben teilzunehmen. Außerdem werde
ich durch ihn ständig an Irene erinnert. Ich will das einfach nicht mehr!“,
klagte er wie ein kleiner Junge.
Mutter seufzte schwer. „Oh mein Gott, es ist also wegen Irene? Gerade wegen ihr
solltest du Sherlock am Leben lassen!“
Arthur fasste einen Entschluss. Er hatte allmählich genug gehört. Straff erhob
er sich aus seinem Sessel, begab sich schnurstracks zu seinem Kleiderständer,
griff nach der erst besten Jacke und verließ wortlos das Zimmer. „Deine Leser
werden dir dieses Ende ebenso wenig verzeihen wie ich!“, keifte ihm Mutter noch
hinterher, doch es war ihm egal. Sherlock war tot, und nichts auf der Welt würde
ihn wieder zum Leben erwecken. Nie hätte er geglaubt wie falsch er damit liegen
könnte.
Schweiz- Gegenwart
John Watson war kaum in Bern gelandet, da brandete ihm auf die Nachfrage nach
einem gewissen Doktor Daniel Ganser, die erboste Feindschaft der einheimischen
Eingeborenen entgegen. Er selbst hatte sich mit dem Mann bis zu diesem Tag nie
beschäftigt. Umso mehr stutzte er, dass man ihn plötzlich als
Verschwörungstheoretiker betitelte, obwohl er nur höflich nach einem Namen
gefragt hatte. Taxifahrer waren da weit offener. Gleich der erste von ihnen, ein
eingewanderter Marrokaner, stellte ihm einen großzügigen Rabatt in Aussicht,
nachdem er die Adresse von Doktor Ganser als Ziel seiner Reise erfahren hatte.
Und schon plauderte er drauf los. „Sie sind also auch ein Aufgewachter?“
„Keine Ahnung, was das sein soll.“, erwiderte John knapp, obwohl er bereits
ahnte in welche Richtung das Gespräch lief.
„Nun“, begann der Marrokaner. „Doktor Ganser ist unser neuer Wilhelm Tell. Er
hat seinen Doktortitel erworben, indem er False Flag Operationen historisch
aufarbeitete. Aber kaum, dass er sich über Nine Eleven hermachte, war es vorbei
mit seiner Reputation als seriöser Historiker.“
„Ach, tatsächlich?“, antwortete John vor allem aus Höflichkeit. Er war
Taxifahrer dieser Sorte aus London gewöhnt. Einen hatten Sherlock und er sogar
mal als Serienmörder erwischt. „Der Mann ist ein Held“, schwärmte der Taxifahrer
weiter. „Und er ist ein Friedensaktivist! Es ist eine Schande für diese
Menschheit, dass Präsidenten, die an jeder Menge Kriege beteiligt sind einen
Friedensnobelpreis erhalten, während Menschen wie Doktor Ganser medial als
Verschwörungstheoretiker gebrandmarkt werden.“
„Und Sie sind Taxifahrer.“, bemerkte John mit leicht zynischem Unterton. Der
Fahrer fokussierte ihn aus dem Rückspiegel mit einem wütenden Blick. „Sind Sie
etwa auch nur ein Arschloch von der Presse, das den Doktor diffamieren will?“
John sah seinen Rabatt in den Fernen des Alls dahin schwinden.
„Keineswegs. Ich frage mich bei all meiner Erfahrung mit Taxifahrern nur, warum
Verschwörungstheorien in dieser Berufsgruppe so beliebt sind.“
Der Fahrer lachte, während er das Radio lauter stellte. „Das liegt vor allem an
den Nachrichten, hören Sie mal hin.“
…hat das britische Parlament eine weitere Annäherung an die EU beschlossen.
Des Weiteren droht der Handelskrieg zwischen China und den USA weiter zu
eskalieren. Wie aus gut informierten Quellen bestätigt, sollen in Taiwan
amerikanische Militärmanöver stattfinden. Die chinesische Regierung sprach in
einer ersten Presseerklärung von einer eindeutig feindseligen Handlung. Außerdem
behalte man sich Schritte vor, um sich vor aggressiven westlichen Tendenzen zu
schützen, so der Regierungssprecher weiter.
…
Cottbus. Erneut ist es in Cottbus zu schweren Auseinandersetzungen zwischen
Einheimischen und Asylbewerbern gekommen. Mehrere Fahrzeuge gerieten dabei in
Brand. In einer ersten Stellungnahme distanzierten sich Politiker Partei
übergreifend von Gewalt, Rassismus und Intoleranz und mahnten die Bürger zu
Besonnenheit, um sich nicht von radikalen Elementen der Gesellschaft
vereinnahmen zu lassen.
…
Wetter. Die seit zwei Monaten anhaltende Hitzewelle geht weiter. Während
Landwirte immer mehr um ihre Erträge fürchten, Klimaschützer auf die
besorgniserregende Geschwindigkeit des Klimawandels hinweisen, genießen viele
Urlauber ihre Zeit im Inland an den heimischen Badeseen. Unsere Reporterin Anna
Louise Brech mit einigen Stimmen.
„Ja, des is schon richtig mit dem Klimawandel. Aber jetzt genießen wir erstmal
unseren Urlaub.“
„Ich mache mir vor allem um unsere Umwelt Sorgen, aber mal ehrlich. Solche
Hitzewellen hat es auch in der Vergangenheit schon gegeben. Einfach mal mit der
Kirche im Dorf bleiben.“
„Es wird immer offensichtlicher, dass bestimmte Tier und Pflanzenarten
mittlerweile an Orten auftauchen, wo sie nix zu suchen haben. Ob das alles nun
Mensch gemacht ist, wage ich allerdings zu bezweifeln.“…
Der Taxifahrer drehte das Radio wieder leiser und warf John einen
triumphierenden Blick durch den Rückspiegel. „Na, merken Sie jetzt was ich
meine?“
Das erste woran John neidisch dachte war: Warum müssen Schwarze eigentlich immer
so weiße Zähne haben. „Für mich waren das ganz normale Nachrichten, wenn auch
nicht so tendenziell wie bei uns in England.“, sagte er schließlich.
„Haharr!“, lachte der Marokkaner und zeigte wie auf Zuruf erneut sein Gebiss in
den Rückspiegel. „Ihr Europäer seid solche Idioten! Ihr seht nicht die Nachricht
hinter der Nachricht. Ich könnte das jetzt wieder laut drehen und Ihnen
beweisen. Wetten, dass in den nächsten fünf Minuten irgendwas über Flüchtlinge
kommt?“
„Ich gebe zu, dass ich die Nachrichten nur selten verfolge.“, brummte John, dem
dieses Gespräch zunehmend auf die Nerven ging.
„Und warum wollen Sie dann zu Doktor Ganser?“, fragte der Fahrer verwundert.
„Ich will einen Freund abholen.“, erwiderte John knapp, in der Hoffnung seinen
geschwätzigen Chauffeur damit zum Schweigen zu bringen.
„Aah, einen Freund.“, bemerkte der Fahrer und behielt seine weiteren Gedanken
für sich. Plötzlich überholte sie ein Polizeiwagen und scherte mit Blaulicht und
Sirene direkt vor ihnen ein. Das Taxi kam abrupt zum Stehen. Und noch während
der Fahrer das Fenster öffnete sah er plötzlich in einem Pistolenlauf. „Hey, was
soll der Sch…“, rief er noch, als ein Schuss in sein Gesicht den Satz beendete.
John saß wie gelähmt auf der Rückbank und starrte in das kalte Gesicht des
Polizisten. „Steigen Sie bitte aus, Doktor Watson.“, sagte der mit freundlicher
Stimme, als hätte der Mord eben überhaupt nicht stattgefunden. „Warum haben Sie
das getan?“, erwiderte John leichenblass. Statt zu antworten öffnete der Mann
die hintere Seitentür des Fahrzeugs. „Ich werde nicht zwei Mal bitten!“, sagte
er mit Nachdruck.
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Verfasst am : 08.07.2018 21:29
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Sherlock- Die Hunde von Baskerville
Baskerville Hall- Wald
Wie ein altes Ehepaar untersuchten Miss Marple, alias Mrs Hudson, und Mister
Stringer ihr neues Betätigungsfeld, den sumpfigen Wald um Baskerville Hall, nach
überdimensionalen Hundespuren. Insbesondere Mister Stringer haderte immer wieder
mit den Tücken der Natur. Vor allem Wurzeln und Mücken, die sich hier auf ein
wahres Frestival freuten, stellten den alten Mann immer wieder auf eine harte
Probe. „Die Mücken sind einfach furchtbar, Miss Marple. Ich könnte nicht mal
eine Hundespur erkennen wenn ich sie sehen würde, weil mir entweder die Mücken
um die Ohren surren, oder ich über eine Wurzel stolpere.“, jammerte er und
stolperte prompt über die nächste Wurzel. „Sie hätten sich mit Schwarzkümmelöl
einreiben sollen, so wie ich es empfohlen habe.“, erwiderte Miss Marple streng.
„Aber davon bekomme ich immer Ausschlag und dicke Augen. Die Natur ist einfach
nichts für mich.“, wimmerte er weiter. Miss Marple schüttelte nur mit dem Kopf.
„Also wenn ich gewusst hätte, was für ein Weichei Sie sind…“ Ein lautes Knacken
beendete ihren Satz abrupt.
„Hich habe gerade ein Geräusch gehört, Miss Marple.“, verschluckte sich Mister
Stringer ängstlich an seiner eigenen Stimme.
„Das habe ich auch. Vermutlich ist jemand auf uns aufmerksam geworden. Wir tun
einfach so als würden wir Pilze sammeln, falls uns irgendein uniformierter
Wichtigtuer auf die Nerven geht.“,
„Hich fürchte, das ist nicht so einfach!“, keuchte Mister Stringer schwer. Ein
Blick zurück bestätigte die unangenehme Situation, in der sich Mister Stringer
befand. Vor ihm stand der sagenumwobenen Hund von Baskerville höchst selbst.
Währenddessen im Schlossgewölbe von Baskerville Hall
Sir Henry besuchte wie üblich um die Mittagszeit seinen alten Onkel, Doktor
Stapleton. Beide verband eine herzhafte Feindschaft, und das Wissen ohne
einander nicht auskommen zu können. Außerdem hatten sie einen gemeinsamen
Arbeitgeber, der sie daran hinderte übereinander herzufallen.
„Komm her, Neffe, unser kleiner Liebling hat gerade ein altes Pärchen im Wald
erwischt!“ Sir Henry kam interessiert näher. „Hol ihn zurück, die Alten sind
vermutlich harmlos.“, sagte er und widmete sich den Gehegen und Terrarien.
Insekten, Spinnen, Krähen, Tauben, Mäuse, Ratten und Affen boten eine breite
Vielfalt gefangenen Lebens, beleuchtet von kaltem Neonlicht.
„Wie läuft das Experiment mit unseren Zitterspinnen*?“, erkundigte sich Sir
Henry.
*Zitterspinnen: Nicht zu verwechseln mit Opa
Langbein alias Weberknecht. Invasive Art aus dem Süden Europas, beinahe
ausschließlich in menschlichen Behausungen zu finden. und wer von sich
behauptet: Ich habe keine, hat nur noch nicht genau nachgesehen. Zitterspinnen
brauchen wenig Nahrung, und es soll Gerüchte geben, dass die meisten von ihnen
sich regelrecht tot hungern, dabei aber älter werden als jene die fressen. Der
Autor selbst beobachtete und dokumentierte vor einigen Tagen einen Fall, in dem
sich eine junge Zitterspinne über ein abgefallenes Pflanzenblatt hermachte.
Sachen gibt’s…
„Da hattest du wirklich eine gute Idee“, brummte der mittlerweile in die Jahre
gekommene Stapleton. „War doch klar“, erwiderte der junge Sir Henry gönnerhaft.
„Wann sind sie einsatzbereit?“
„Sie sind es. Du kannst dem Professor grünes Licht geben.“
„Ausgezeichnet!“, klatschte der junge Sir Henry begeistert in die Hände. „Dann
können wir ja endlich das Mückenprogramm in Angriff nehmen.“ Doktor Stapleton
knirschte grummelnd mit den Zähnen. „Hast du ein Problem damit, Onkel?“
„Mir gefällt das nicht. Totalüberwachung durch Zitterspinnen kann ich ja noch
vor mir rechtfertigen, aber das Mückenprogramm?“
Sir Henry warf ihm einen verächtlichen Blick zu. „Ich glaube kaum, dass deine
moralischen Bedenken unseren Arbeitgeber interessieren. Außerdem warst du es
doch, der ihn in unser Haus gebracht hat, also verschone mich mit deinen
neuerdings ausartenden menschlichen Befindlichkeiten.“
Ein Telefon klingelte. Es war das von Sir Henry. „Kaum spricht man vom Teu…
Hallo, Herr Professor!“, rief er überschwänglich in den Hörer.
„Haben Sie Neuigkeiten für mich?“, tönte es monoton aus dem Smartphone.
„Sie werden es nicht glauben, aber die Zitterspinnen sind ab sofort
einsatzbereit.“
Eine kurze Pause entstand, ehe die monotone Stimme reagierte.
„Fahren Sie unverzüglich mit dem Mückenprogramm fort.“
Tuut tuut tuut…
Sir Henry wandte sich wieder seinem Onkel zu. „Du hast es gehört!“
„Ja, dass habe ich, aber es muss mir trotzdem nicht gefallen.“, grummelte er.
Dann dachte er an seine erste Begegnung mit dem jungen Professor. Schon als Kind
hatte er in ihm Dinge gesehen, die ihm Angst bereiteten. Und jetzt befand er
sich in seinen Händen, so wie es der junge Moriarty vorausgesagt hatte.
„Was dir gefällt, oder nicht, ist mir herzlich egal, Onkel. Mach deine Arbeit,
und es gibt keine Probleme. Ich gehe erstmal in die Sauna.“, verabschiedete sich
der aalglatte Sir Henry und schmiss die Tür hinter sich zu. „Arschloch!“,
knurrte Doktor Stapleton.
„Das habe ich gehö-ört!“, drang die melodiöse Stimme Sir Henrys durch die Wand.
Derweil im Wald
Während Mister Stringer noch immer unter starker Schnappatmung litt, begann die
neue Miss Marple knallhart mit der Analyse des eben erlebten. „Das Vieh ist
eindeutig zurückgepfiffen worden, und zwar von jemandem der uns selbst in diesem
Augenblick beobachtet. Wir müssen uns also so unauffällig wie möglich verhalten,
Mister Stringer. …Mister Stringer? Du meine Güte, haben Sie etwa auch noch
Nasenbluten?“
„Has heht chnell vorbei, pahiert himmer wenn hich mich fu wer aufrege.“,
schnorchelte Mister Stringer durch das Taschentuch.
„Also mit Ihnen durch den Wald zu gehen, ist eine größere Herausforderung, als
den Hund von Baskerville zu jagen.“, seufzte sie.
„Tschuldigung“, erwiderte Mister Stringer schuldbewusst.
Mycrofts Büro
Mycroft Holmes haderte mit sich selbst. Vor fast dreißig Jahren hatte er eine
unvorstellbare Erfahrung gemacht. Seitdem waren er und James so ziemlich beste
Freunde. Allein die Ankunft seines Bruders aus der Vergangenheit, verbunden mit
dessen Veränderung, sowie auch der von Doktor Watson, schienen alles auf den
Kopf zu stellen. Das waren weder sein Bruder, noch Doktor Watson, wie er sie
kannte. Aber wie sollte er sie davon überzeugen, dass Moriarty eben kein
perfekter Verbrecher war, sondern nur ein duldsamer und weitsichtiger Mensch aus
der Königsfamilie, dessen Intelligenz, selbst jenseits der seinen, völlig außer
Frage stand. Außerdem machten seine Ziele im Sinne des Gemeinwohls der
Menschheit durchaus Sinn, auch wenn deren Umsetzung zugegebenermaßen, auf
gewisse moralische Bedenken stieß. Wie auf Zuruf klopfte es an seiner Tür.
Mycroft wusste, wen er jetzt herein bitten würde. „Komm rein, James“, rief er
schwach in Richtung Tür. Kurz darauf stand er vor ihm. Ein Mann der vor
Selbstsicherheit und Wissen nur so strotzte, ein Mann der allein durch seine
Präsenz zu überzeugen wusste, ein Mann, der wenn es nötig war sofort die
richtigen Worte fand, wenn es darum ging Zweifel auszuräumen. „Ich finde es gut,
dass du John in die Schweiz geschickt hast. Vielleicht können wir sie beide doch
noch retten.“, sagte er mit hoffnungsvoller Stimme als er das Büro betrat.
Mycroft schwieg eine Weile ehe er antwortete. „Ich bin mir nicht mehr so sicher,
dass es richtig ist, was wir tun.“, begann er erste Zweifel anzumelden. Moriarty
lächelte. „Glaubst du ich bin mir sicher? Wir beide wussten, dass dieser Tag
irgendwann kommen würde, und wir beide waren darauf mehr oder weniger
vorbereitet. Dein Bruder ist ein Produkt seiner Vergangenheit, in der ich als
Superverbrecher Ziel seiner Nachforschungen war und vielleicht wieder bin. Ihm
John an die Seite zu stellen, war das einzig Richtige um sein Leben zu
retten.“
„Doktor Ganser ist kein Idiot. Er wird Sherlock die Wahrheit erzählen, noch ehe
wir eingreifen können, und ich bin mir nicht mehr sicher wo ich selbst stehe.“,
erwiderte Mycroft ernst. Moriarty seufzte schwer. „Ich verstehe deinen inneren
Disput, gerade hinsichtlich deines Bruders. Aber wir haben an diesem Plan seit
fast dreißig Jahren gearbeitet, und wir waren uns darüber einig, dass dabei
manches geschieht, dass uns in unseren moralischen Grundfesten erschüttert.
Bleibt die Frage: Kann ich noch auf dich zählen?“
Die Frage hing wie Blei in der Luft, und je länger sich Mycroft mit der
Beantwortung Zeit ließ, desto mehr befasste sich Moriarty bereits mit den noch
nicht geäußerten Zweifeln seiner Antwort.
„Ich kann dir diese Frage nicht mit einem ehrlichen Ja beantworten.“, sagte
Mycroft schließlich. Moriarty lächelte. „Du bist wirklich mit Abstand der
ehrlichste und korrekteste Mensch den ich kenne. Wir schaffen das, gemeinsam!“
Wieder lag in seiner gesamten Ausstrahlung die Macht der Überzeugung. Doch beide
wussten, dass das diesmal nicht ausreichen würde.
Drei Minuten später
Ein Telefon klingelte. Es war ein Telefon dessen Besitzer seit Stunden darauf
wartete endlich seinen Job zu erledigen. Sein Name war 007, zumindest in der
Fachsprache. Sein wahrer, wenn auch nicht echter Name war James Bond, und dieser
hatte einen Heidenspaß daran, dass ihn ein gewisser Ian Fleming zu einer
Kultkinofigur gemacht hatte, obwohl er nichts anderes tat, als unliebsame Gegner
des Establishments aus dem Weg zu räumen.
„Was haben Sie für mich?“, fragte er nüchtern.
„Zeit, den Auftrag auszuführen.“, antwortete eine tonlose Stimme.
„Wurde auch Zeit!“
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Verfasst am : 03.07.2018 00:02
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Sherlock- Die Geister die ich rief
Im Hause Watson
Mary saß mit offenem Mund in ihrem Bett und lauschte der verwegenen Geschichte
ihres Mannes. Immer wenn sie sich zu sehr aufzuregen drohte, strich ihr John
sanft über den Bauch. Hin und wieder musste sie einhaken, so zum Beispiel beim
Hund von Baskerville. Sie war eine sehr aufmerksame Zuhörerin. „Moment Mal, ihr
seid dem Hund von Baskerville in Moriartys Kindheit begegnet, und jetzt
behauptest du ihr habt den Fall vor ein paar Jahren gelöst?“
„Ja“, seufzte John schwer. „Aber ich war ja auch noch nicht fertig, also
unterbreche mich nicht andauernd!“ Mary ignorierte die Bemerkung.
„Das kann aber nicht sein! Der Hund von Baskerville sorgt schon seit Jahren für
Schlagzeilen, und die Polizei ist ratlos. In eurer Zeitreise mit diesem Doktor
ist wohl einiges schief gelaufen, aber erzähl ruhig weiter. Du bist übrigens
gerade vom Baum gefallen und hast in das Kindgesicht von Irene Adler gesehen,
von der du behauptest, Sherlock wäre verliebt in sie.“ John wirkte leicht
verunsichert. „Was bitte ist an Irene Adler auszusetzen?“
Mary setzte einen maßregelnden Blick auf. „Ach, John“, seufzte sie. „Deine
Geschichte wird zunehmend unglaubwürdiger. Irene Adler gibt es nicht. Sie ist
eine Erfindung von Sir Arthur Conan Doyle, und Sherlock trägt nur deswegen
diesen Namen, weil sein Vater ein großer Fan seiner Detektivgeschichten war, und
zufällig selbst den Nachnamen Holmes trug. Das ist fast wie Müller in
Deutschland. Den Mann, den du mir beschreibst kenne ich nicht. Sherlock ist ein
charmanter, geistreicher, aber vor allem bescheidener Mann, der seinen Namen aus
der Öffentlichkeit heraushält. Der Mann, den du beschreibst ist ein grenzdebiler
Soziopath, der keine Schwierigkeiten damit hat dein Leben aufs Spiel zu setzen,
wenn es ihm hilft selbst am Leben zu bleiben. Ich kann gar nicht glauben, dass
ich bis vor kurzem meine Tochter nach ihm benennen wollte!“
„Es wird also ein Mädchen?“
„Lenk nicht vom Thema ab!“
„Du hast ein völlig falsches Bild von ihm“, widersprach John und hielt im selben
Augenblick inne. Nicht nur, dass er seinen geschassten Freund plötzlich gegen
seinen Willen verteidigte. Bisher hatte er auch noch gar keine Zeit gehabt sich
mit dem Phänomen Zeitreisen zu beschäftigen, obwohl er bis vor kurzem selbst
Teil einer solchen war… Mary ließ ihn geduldig zu Ende denken, als würde sie
seine Gedanken erahnen. Schwache, aber leblose Erinnerungsfetzen einer völlig
anderen Vergangenheit schossen ihm durch den Kopf. In ihnen war er ein nahezu
devoter, aber gleichzeitig auch konstruktiver Partner eines ganz anderen
Sherlock. „Habe ich mich irgendwie verändert?“, fragte er unsicher. Mary zuckte
mit den Schultern. „Nun ja, du bist ein wenig impulsiver als sonst, aber daran
hat vielleicht auch meine Schwangerschaft ihren Anteil.“, erwiderte sie
schuldbewusst, wohl ahnend, dass ihr ein gewohnter John sofort widersprechen
würde, um ihre These letztlich zu untermauern. Seine Antwort überraschte sie
dennoch. „Du glaubst mir die Geschichte nicht, oder?“ Mary zögerte einen
Augenblick. „Um ehrlich zu sein, ich bin mir nicht sicher. Aber du warst ja auch
noch nicht fertig.“, sagte sie liebevoll, als würde sie mit einem kleinen Jungen
reden. „Ich würde es selbst nicht glauben, wenn ich es nicht erlebt hätte.“,
räumte John nachdenklich ein. Mary hielt sanft seine Hand und sah ihn mit großen
Augen an. „Ich habe dich schon einmal zu oft unterbrochen. Bitte erzähl weiter.“
In dem Fall war sie typisch neugierige Frau.
Im Hause Ganser
Sherlock betrat mit einer gewissen Ehrfurcht das Haus. Es war die Ehrfurcht vor
dem Wissen, das möglicherweise darin lauerte. Gleichzeitig haderte er noch immer
mit seiner Vergangenheit. Irgendetwas an ihr stimmte nicht, und somit auch mit
ihm. Ob es John wohl ähnlich ging? Seine Gedanken wurden von der Tatsache
unterbrochen, dass das Haus von innen größer als von außen wirkte. Auf
unheilvolle Weise erinnerte es Sherlock an die TARDIS. Hatte der Doktor
womöglich seine Hände im Spiel? Eine weibliche Stimme rief ihn aus einem der
Nebenzimmer herein, ein pragmatisch eingerichtetes Büro, voll gestopft mit
Büchern und einem sehr aufgeräumten, alten Schreibtisch. Mitten drin stand ein
Glastisch umgeben von einer Ledercouchgarnitur, besetzt von drei Menschen die
ihn bereits zu erwarten schienen. Dr. Ganser und seine Frau identifizierte er
sofort, aber wer war dieser glatzköpfige, dickliche, ältere Herr, dessen
stechender Blick ihn sofort wie ein Pfeil traf.
„Guten Tag, Herr Klawitter.“, begrüßte ihn sein Gastgeber mit einem
hintergründigen Grinsen. Seine Frau hielt sich hüstelnd die Hand vor dem Mund,
während der ältere Herr den neuen Gast mit seinem Blick wie mit einer Nadel
fixierte. „Ich nehme an, Sie haben mich erwartet.“, analysierte Sherlock die
Situation, und wartete unsicher auf die Einladung Platz nehmen zu dürfen. „Sie
haben wirklich Courage hier unter falschem Namen aufzukreuzen!“, entlud sich die
zornige Stimme des älteren Herrn in einer Schärfe die über jeden Zweifel erhaben
schien. Das Ehepaar Ganser nickte amüsiert. „Und wer sind Sie, wenn ich fragen
darf?“
Der Mann erhob sich und ging langsam auf Sherlock zu. Dann sah er ihm tief in
die Augen. „Ich bin Kriminalhauptkommissar Klawitter, und Sie haben
offensichtlich Ihre Hausaufgaben nicht gemacht, Sherlock Holmes.“
„Was denn, es gibt Sie wirklich?“, entfuhr es Sherlock geschockt, was ein
sofortiges kollektives Lachen zur Folge hatte, eingeschlossen des echten
Klawitters.
„Ich könnte Sie durchaus das gleiche fragen, aber ich kannte ja auch ihren
Vater.“, erwiderte Klawitter schon wesentlich freundlicher, wobei eine gehörige
Portion Gift in der Luft lag, die Sherlock auf ein intellektuelles Glatteis
führen sollte.
„Ich hatte nie ein besonders gutes Verhältnis zu meinem Vater.“, erklärte
Sherlock knapp, während er sich vorkam, als würde er erst ein Prüfungslabyrinth
seiner geistigen Kompetenzen über sich ergehen lassen müssen, bevor seine
Gastgeber ernsthaft mit ihm in Kontakt traten.
„Wie könnten Sie auch, er ist vor Ihrer Geburt gestorben.“, antwortete Klawitter
siegesgewiss in Richtung Dr. Ganser. Sherlock hatte allmählich die Nase voll,
wobei er die Tatsache, dass sein Vater offensichtlich tot war in seinem
Gedächtnispalast speicherte.
„Hören Sie! Ich weiß Dinge, von denen Sie nichts wissen, und Sie erforschen
Dinge von denen ich nichts weiß. Wir können uns jetzt weiter wie destruktive
Dummdödel gegenseitig belauern, oder konstruktiven Informa…“, Sherlock blieb der
letzte Satz im Hals stecken, als er sah wie die Blicke seiner Gastgeber immer
wieder unauffällig nach oben wanderten, um ihn auf eine bestimmte Situation
hinzuweisen. Dieser Raum, sowie vermutlich das ganze Haus, wurde mit modernster
Technik überwacht.
Währenddessen bei den Watsons
John hatte die Geschichte zu Ende erzählt. Mary hatte ihn nicht mehr
unterbrochen, obwohl sie durchaus mehrfach die Gelegenheit dazu gehabt hätte. Am
Ende war sie froh, dass sie es nicht getan hatte. Und wenn manches auch keinen
Sinn ergab, so war sie dennoch ergriffen von der Art wie er erzählte. Eine Frage
blieb dennoch, und die war sie entschlossen zu stellen.
„Ich hätte da nur noch eine Frage.“, hakte Mary nach guter, alter Inspektor Colombo Manier ein letztes Mal nach.
Beide liebten diese Serie, und nachdem was sie von John gerade erfahren hatte,
brauchte sie ein gemeinsames Erinnerungssymbol. Schon allein seine Reaktion
würde beweisen, inwieweit er noch der Mann war, den sie einst geheiratet hatte.
John ließ keinerlei Zweifel darüber aufkommen als er sagte: „Du kannst mich
alles fragen was du willst.“
Mary ließ sich Zeit.
…
..
.
„Wie kommst du eigentlich darauf, dass Prinz James Moriarty euer Freund ist, und
jetzt erzähl mir bloß nicht, weil ihr einen gemeinsam Kneipenabend hattet, und
ihn für einen kurzen Moment seiner Kindheit quer durch die Galaxien begleitet
habt!“
John kräuselte verwirrt die Stirn. Immerhin schien die Mission ein Erfolg
gewesen zu sein. Der neue Moriarty war ihm so vertrauensselig vorgekommen.
Gleichzeitig wurde ihm gewahr, dass die drei Tage in seinem und Sherlocks Leben,
für Moriarty und Mycroft fast dreißig Jahre bedeuteten. „Worauf willst du
hinaus?“, fragte er, obwohl er bereits eine dunkle Vorahnung hatte. Mary setzte
einen bedeutsamen Blick auf. „Seit zehn Jahren hat sich das Vermögen der
englischen Krone etwa verdreifacht, wenn man Verschwörungstheoretikern glauben
darf. Experten, die noch vor kurzem vom zehn bis zwanzigfachen sprachen sind
entweder tot, oder behaupten jetzt das Gegenteil. Und nun rate mal, wer sich im
Königshaus um die Finanzen kümmert?“
„James Moriarty“, antwortete John tonlos. Mary klatschte begeistert in die
Hände. „Hach, ihr seid mir schon Helden. Anstatt einen Verbrecher aus dem
Verkehr zu ziehen, habt ihr einen erschaffen, der so gut wie unantastbar ist.
Herzlichen Glückwunsch!“
„Aber er wirkte so… überzeugend…“, hörte sich John selbst reden, wobei ihm
erstmals Sherlocks Verhalten in der Geliehenen Trommel durch den Kopf ging. Mary schien seine
Gedanken wie üblich zu erahnen. Ein feines Lächeln umspielte ihre Mundwinkel.
„Ich glaube Sherlock braucht dich im Augenblick mehr als ich.“, sagte sie mit
sanfter Stimme.
„Aber ich kann dich doch jetzt nicht allein lassen!“, protestierte John
sofort.
„Ich bin nicht allein, ich bin schwanger. Und du würdest es dir nie verzeihen
jetzt nicht an seiner Seite zu stehen. Was das aus unserer Ehe machen könnte,
will ich mir nicht mal ansatzweise vorstellen.“
„Du glaubst, dass Sherlock in Gefahr ist?“ Mary schüttelte nur kurz mit dem
Kopf. „Nach allem was du über den -für mich- neuen Sherlock erzählt hast, ist es
nur eine Frage der Zeit wann er dieses Wespennest findet. Vermutlich weiß
Mycroft wo er sich gerade aufhält.“
John zögerte. Das Handeln übernahm seine Frau für ihn. „Hallo Mycroft“, begrüßte
sie ihn am Telefon, „Hier ist jemand der dich unbedingt sprechen will.“
Einige Minuten später
Mary lag zufrieden in ihrem Bett und streichelte sich über den Bauch. Das
Telefon klingelte. „Hallo James, willst du wissen wie es unserem Kind geht, oder
ob John auf dem Weg in die Schweiz ist?“
„Ich liebe dich, Schatz.“, antwortete es tonlos aus dem Hörer.
„Nein, tust du nicht, Schatz.“, antwortete Mary zufrieden und legte auf.
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Verfasst am : 30.06.2018 15:12
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