27.475x gelesen 105x abonniert Ausgabe 28/25 09.07.2025 IdioLoLcrazy Jetzt registrieren

Sherlock- Die Geister die ich rief

Im Hause Watson

Mary saß mit offenem Mund in ihrem Bett und lauschte der verwegenen Geschichte ihres Mannes. Immer wenn sie sich zu sehr aufzuregen drohte, strich ihr John sanft über den Bauch. Hin und wieder musste sie einhaken, so zum Beispiel beim Hund von Baskerville. Sie war eine sehr aufmerksame Zuhörerin. „Moment Mal, ihr seid dem Hund von Baskerville in Moriartys Kindheit begegnet, und jetzt behauptest du ihr habt den Fall vor ein paar Jahren gelöst?“
„Ja“, seufzte John schwer. „Aber ich war ja auch noch nicht fertig, also unterbreche mich nicht andauernd!“ Mary ignorierte die Bemerkung.
„Das kann aber nicht sein! Der Hund von Baskerville sorgt schon seit Jahren für Schlagzeilen, und die Polizei ist ratlos. In eurer Zeitreise mit diesem Doktor ist wohl einiges schief gelaufen, aber erzähl ruhig weiter. Du bist übrigens gerade vom Baum gefallen und hast in das Kindgesicht von Irene Adler gesehen, von der du behauptest, Sherlock wäre verliebt in sie.“ John wirkte leicht verunsichert. „Was bitte ist an Irene Adler auszusetzen?“
Mary setzte einen maßregelnden Blick auf. „Ach, John“, seufzte sie. „Deine Geschichte wird zunehmend unglaubwürdiger. Irene Adler gibt es nicht. Sie ist eine Erfindung von Sir Arthur Conan Doyle, und Sherlock trägt nur deswegen diesen Namen, weil sein Vater ein großer Fan seiner Detektivgeschichten war, und zufällig selbst den Nachnamen Holmes trug. Das ist fast wie Müller in Deutschland. Den Mann, den du mir beschreibst kenne ich nicht. Sherlock ist ein charmanter, geistreicher, aber vor allem bescheidener Mann, der seinen Namen aus der Öffentlichkeit heraushält. Der Mann, den du beschreibst ist ein grenzdebiler Soziopath, der keine Schwierigkeiten damit hat dein Leben aufs Spiel zu setzen, wenn es ihm hilft selbst am Leben zu bleiben. Ich kann gar nicht glauben, dass ich bis vor kurzem meine Tochter nach ihm benennen wollte!“
„Es wird also ein Mädchen?“
„Lenk nicht vom Thema ab!“
„Du hast ein völlig falsches Bild von ihm“, widersprach John und hielt im selben Augenblick inne. Nicht nur, dass er seinen geschassten Freund plötzlich gegen seinen Willen verteidigte. Bisher hatte er auch noch gar keine Zeit gehabt sich mit dem Phänomen Zeitreisen zu beschäftigen, obwohl er bis vor kurzem selbst Teil einer solchen war… Mary ließ ihn geduldig zu Ende denken, als würde sie seine Gedanken erahnen. Schwache, aber leblose Erinnerungsfetzen einer völlig anderen Vergangenheit schossen ihm durch den Kopf. In ihnen war er ein nahezu devoter, aber gleichzeitig auch konstruktiver Partner eines ganz anderen Sherlock. „Habe ich mich irgendwie verändert?“, fragte er unsicher. Mary zuckte mit den Schultern. „Nun ja, du bist ein wenig impulsiver als sonst, aber daran hat vielleicht auch meine Schwangerschaft ihren Anteil.“, erwiderte sie schuldbewusst, wohl ahnend, dass ihr ein gewohnter John sofort widersprechen würde, um ihre These letztlich zu untermauern. Seine Antwort überraschte sie dennoch. „Du glaubst mir die Geschichte nicht, oder?“ Mary zögerte einen Augenblick. „Um ehrlich zu sein, ich bin mir nicht sicher. Aber du warst ja auch noch nicht fertig.“, sagte sie liebevoll, als würde sie mit einem kleinen Jungen reden. „Ich würde es selbst nicht glauben, wenn ich es nicht erlebt hätte.“, räumte John nachdenklich ein. Mary hielt sanft seine Hand und sah ihn mit großen Augen an. „Ich habe dich schon einmal zu oft unterbrochen. Bitte erzähl weiter.“ In dem Fall war sie typisch neugierige Frau.

Im Hause Ganser

Sherlock betrat mit einer gewissen Ehrfurcht das Haus. Es war die Ehrfurcht vor dem Wissen, das möglicherweise darin lauerte. Gleichzeitig haderte er noch immer mit seiner Vergangenheit. Irgendetwas an ihr stimmte nicht, und somit auch mit ihm. Ob es John wohl ähnlich ging? Seine Gedanken wurden von der Tatsache unterbrochen, dass das Haus von innen größer als von außen wirkte. Auf unheilvolle Weise erinnerte es Sherlock an die TARDIS. Hatte der Doktor womöglich seine Hände im Spiel? Eine weibliche Stimme rief ihn aus einem der Nebenzimmer herein, ein pragmatisch eingerichtetes Büro, voll gestopft mit Büchern und einem sehr aufgeräumten, alten Schreibtisch. Mitten drin stand ein Glastisch umgeben von einer Ledercouchgarnitur, besetzt von drei Menschen die ihn bereits zu erwarten schienen. Dr. Ganser und seine Frau identifizierte er sofort, aber wer war dieser glatzköpfige, dickliche, ältere Herr, dessen stechender Blick ihn sofort wie ein Pfeil traf.
„Guten Tag, Herr Klawitter.“, begrüßte ihn sein Gastgeber mit einem hintergründigen Grinsen. Seine Frau hielt sich hüstelnd die Hand vor dem Mund, während der ältere Herr den neuen Gast mit seinem Blick wie mit einer Nadel fixierte. „Ich nehme an, Sie haben mich erwartet.“, analysierte Sherlock die Situation, und wartete unsicher auf die Einladung Platz nehmen zu dürfen. „Sie haben wirklich Courage hier unter falschem Namen aufzukreuzen!“, entlud sich die zornige Stimme des älteren Herrn in einer Schärfe die über jeden Zweifel erhaben schien. Das Ehepaar Ganser nickte amüsiert. „Und wer sind Sie, wenn ich fragen darf?“
Der Mann erhob sich und ging langsam auf Sherlock zu. Dann sah er ihm tief in die Augen. „Ich bin Kriminalhauptkommissar Klawitter, und Sie haben offensichtlich Ihre Hausaufgaben nicht gemacht, Sherlock Holmes.“
„Was denn, es gibt Sie wirklich?“, entfuhr es Sherlock geschockt, was ein sofortiges kollektives Lachen zur Folge hatte, eingeschlossen des echten Klawitters.
„Ich könnte Sie durchaus das gleiche fragen, aber ich kannte ja auch ihren Vater.“, erwiderte Klawitter schon wesentlich freundlicher, wobei eine gehörige Portion Gift in der Luft lag, die Sherlock auf ein intellektuelles Glatteis führen sollte.
„Ich hatte nie ein besonders gutes Verhältnis zu meinem Vater.“, erklärte Sherlock knapp, während er sich vorkam, als würde er erst ein Prüfungslabyrinth seiner geistigen Kompetenzen über sich ergehen lassen müssen, bevor seine Gastgeber ernsthaft mit ihm in Kontakt traten.
„Wie könnten Sie auch, er ist vor Ihrer Geburt gestorben.“, antwortete Klawitter siegesgewiss in Richtung Dr. Ganser. Sherlock hatte allmählich die Nase voll, wobei er die Tatsache, dass sein Vater offensichtlich tot war in seinem Gedächtnispalast speicherte.
„Hören Sie! Ich weiß Dinge, von denen Sie nichts wissen, und Sie erforschen Dinge von denen ich nichts weiß. Wir können uns jetzt weiter wie destruktive Dummdödel gegenseitig belauern, oder konstruktiven Informa…“, Sherlock blieb der letzte Satz im Hals stecken, als er sah wie die Blicke seiner Gastgeber immer wieder unauffällig nach oben wanderten, um ihn auf eine bestimmte Situation hinzuweisen. Dieser Raum, sowie vermutlich das ganze Haus, wurde mit modernster Technik überwacht.

Währenddessen bei den Watsons

John hatte die Geschichte zu Ende erzählt. Mary hatte ihn nicht mehr unterbrochen, obwohl sie durchaus mehrfach die Gelegenheit dazu gehabt hätte. Am Ende war sie froh, dass sie es nicht getan hatte. Und wenn manches auch keinen Sinn ergab, so war sie dennoch ergriffen von der Art wie er erzählte. Eine Frage blieb dennoch, und die war sie entschlossen zu stellen.
„Ich hätte da nur noch eine Frage.“, hakte Mary nach guter, alter Inspektor Colombo Manier ein letztes Mal nach. Beide liebten diese Serie, und nachdem was sie von John gerade erfahren hatte, brauchte sie ein gemeinsames Erinnerungssymbol. Schon allein seine Reaktion würde beweisen, inwieweit er noch der Mann war, den sie einst geheiratet hatte. John ließ keinerlei Zweifel darüber aufkommen als er sagte: „Du kannst mich alles fragen was du willst.“
Mary ließ sich Zeit.

..
.
„Wie kommst du eigentlich darauf, dass Prinz James Moriarty euer Freund ist, und jetzt erzähl mir bloß nicht, weil ihr einen gemeinsam Kneipenabend hattet, und ihn für einen kurzen Moment seiner Kindheit quer durch die Galaxien begleitet habt!“
John kräuselte verwirrt die Stirn. Immerhin schien die Mission ein Erfolg gewesen zu sein. Der neue Moriarty war ihm so vertrauensselig vorgekommen. Gleichzeitig wurde ihm gewahr, dass die drei Tage in seinem und Sherlocks Leben, für Moriarty und Mycroft fast dreißig Jahre bedeuteten. „Worauf willst du hinaus?“, fragte er, obwohl er bereits eine dunkle Vorahnung hatte. Mary setzte einen bedeutsamen Blick auf. „Seit zehn Jahren hat sich das Vermögen der englischen Krone etwa verdreifacht, wenn man Verschwörungstheoretikern glauben darf. Experten, die noch vor kurzem vom zehn bis zwanzigfachen sprachen sind entweder tot, oder behaupten jetzt das Gegenteil. Und nun rate mal, wer sich im Königshaus um die Finanzen kümmert?“
„James Moriarty“, antwortete John tonlos. Mary klatschte begeistert in die Hände. „Hach, ihr seid mir schon Helden. Anstatt einen Verbrecher aus dem Verkehr zu ziehen, habt ihr einen erschaffen, der so gut wie unantastbar ist. Herzlichen Glückwunsch!“
„Aber er wirkte so… überzeugend…“, hörte sich John selbst reden, wobei ihm erstmals Sherlocks Verhalten in der Geliehenen Trommel durch den Kopf ging. Mary schien seine Gedanken wie üblich zu erahnen. Ein feines Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. „Ich glaube Sherlock braucht dich im Augenblick mehr als ich.“, sagte sie mit sanfter Stimme.
„Aber ich kann dich doch jetzt nicht allein lassen!“, protestierte John sofort.
„Ich bin nicht allein, ich bin schwanger. Und du würdest es dir nie verzeihen jetzt nicht an seiner Seite zu stehen. Was das aus unserer Ehe machen könnte, will ich mir nicht mal ansatzweise vorstellen.“
„Du glaubst, dass Sherlock in Gefahr ist?“ Mary schüttelte nur kurz mit dem Kopf. „Nach allem was du über den -für mich- neuen Sherlock erzählt hast, ist es nur eine Frage der Zeit wann er dieses Wespennest findet. Vermutlich weiß Mycroft wo er sich gerade aufhält.“
John zögerte. Das Handeln übernahm seine Frau für ihn. „Hallo Mycroft“, begrüßte sie ihn am Telefon, „Hier ist jemand der dich unbedingt sprechen will.“

Einige Minuten später

Mary lag zufrieden in ihrem Bett und streichelte sich über den Bauch. Das Telefon klingelte. „Hallo James, willst du wissen wie es unserem Kind geht, oder ob John auf dem Weg in die Schweiz ist?“
„Ich liebe dich, Schatz.“, antwortete es tonlos aus dem Hörer.
„Nein, tust du nicht, Schatz.“, antwortete Mary zufrieden und legte auf.


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Sherlock- berühmt aber nutzlos?

Haumich und Klaudich

Im Hause Watson herrschte friedliche Stille, als John ankam. Mary lag schnarchend in ihrem Bett. John setzte sich behutsam auf die Bettkante und beobachtete den Schlaf seiner schwangeren Frau mit zärtlicher Ergriffenheit. Was hatte er doch für ein Glück. Fast verschwommen wirkten die Ereignisse der letzten Tage. Dann legte er zärtlich seine Hand auf ihren Bauch und lächelte. Er hatte die richtige Entscheidung getroffen. Und so sehr es ihn auch schmerzte einen brillanten Freund wie Sherlock verloren zu haben, hier war sein Platz. Mary öffnete schläfrig die Augen, und sah in das müde Gesicht ihres Gatten. „Alles in Ordnung, Schatz?“, fragte sie besorgt. John blickte auf seine Hand auf ihrem Bauch und antwortete: „Es könnte mir nicht besser gehen.“
Mary lächelte zufrieden und presste seine Hand noch stärker gegen ihren Bauch. „Er ist ganz schön aufgeregt, spürst du das?“
„Ja“, antwortete John leise.
„Wenn es ein Junge wird, nennen wir ihn Sherlock.“
Der Satz verharrte wie eine noch nicht gezündete Bombe im Raum. Erster Widerstand keimte auf, der aber schnell wieder verpuffte. „Vielleicht wird es ja doch ein Mädchen, und dann können wir sie nennen wie auch immer du willst.“
Mary verzog misstrauisch die Augenbrauen. Weibliche Intuition kannte keine Müdigkeit. „Habt ihr euch etwa gestritten?“ John stöhnte, während er nach einer Antwort suchte die seine hormonell aktive Frau beschwichtigte, bevor sie den Verdacht hegte Dinge zu hinterfragen, die sie unnötig aufregen könnten.
„Ihr habt euch also gestritten!“, durchbrach Mary seine Gedanken noch bevor er antworten konnte. Typisch weibliche Strenge lag in ihrer Stimme.
„Es gibt nichts Wichtigeres als uns drei.“, versuchte John die aufkeimende Debatte um Sherlock zu relativieren. Der Erfolg blieb angesichts seines wenig aussagekräftigen Satzes aus. „Worüber habt ihr euch denn gestritten?“, hakte Mary sanft aber bestimmt nach, und John wurde klar, dass er antworten musste um den Familienfrieden zu sichern. „Wir haben einfach festgestellt, dass unsere Ziele nicht mehr dieselben sind. Sherlock will unbedingt die Welt retten, und ich habe ihm klar gemacht, dass die Welt von uns keine Rettung nötig hat.“, erklärte er verbittert. Mary sah ihn mit großen Augen an. „Also wenn du das nicht konkreter erklärst, frage ich mich warum ich jetzt schwanger bin!“ John verdrehte genervt die Augen, was eine sofortige Reaktion auslöste. „Und hör auf die Augen zu verdrehen! Als Arzt weißt du genau wie launisch schwangere Frauen sein können, und wie sich das auf ein Kind auswirken kann!“ John hatte Mühe seine Augäpfel unter Kontrolle zu halten. In dieser Phase der Beziehung war er eindeutig der unterlegene Part. Vielleicht war es an der Zeit die ganze Geschichte zu erzählen. Mary würde ohnehin nicht müde werden nachzufragen, bis sie nicht die ganze Wahrheit kannte, und John liebte sie viel zu sehr um zu wissen, dass sie stark genug war diese, selbst in ihrem Zustand, zu ertragen. „Also gut“, sagte er, und begann zu erzählen.

Sherlock hatte einen Entschluss gefasst. Er wollte unbedingt diesen Schweizer Historiker kennen lernen, dessen Nachforschungen seine Erkenntnisse eins zu eins bestätigten. Außerdem war der Mann ein Friedensaktivist, der gegen die Windmühlen des Establishments ankämpfte, und bereits einen Lehrstuhl an einer renommierten Universität verloren hatte. Seine private Telefonnummer herauszufinden war ein leichtes.

Tuuut tuuut

„Ganser.“
„Verzeihen Sie die frühe Störung, Herr Doktor Ganser, und auch, dass ich Sie privat anrufe, aber es geht um nicht weniger als um die Aufklärung des größten nachweisbaren Verbrechens der Menschheit, seit es eine offiziell vorgeschriebene Geschichtsschreibung gibt, derer Sie, mit Verlaub, interessante Thesen hinzugefügt haben, die sich mit meinen Ermittlungen decken. Haben Sie einen Moment Zeit?“
„Darf ich fragen wer Sie sind?“, antwortete die Stimme am anderen Ende der Leitung zögerlich.
„Sie werden es vermutlich nicht glauben, aber mein Name ist Sherlock Holmes.“
Ein kurzes Knacken am anderen Ende beendete das Gespräch. Sherlock sah verdutzt in den Hörer und drückte auf die Wahlwiederholungstaste. Diesmal ging eine Frau ans Telefon, und noch bevor Sherlock etwas sagen konnte, brach ein Schwall inbrünstiger weiblicher Entschlossenheit auf ihn ein. „Lassen Sie uns endlich in Ruhe! Mein Mann und ich haben keinerlei Interesse daran sich von irgendwelchen Scharlatanen medial demütigen zu lassen. Und um Sie vorzuwarnen. Ich habe Ihre Nummer gespeichert, und werde keinen Augenblick zögern Sie wegen Stalking anzuzeigen, sollten Sie es wagen hier noch einmal anzurufen!“
Erneut wurde die Verbindung gekappt. Sherlock saß ergebnislos vor seinem Handy und durchdachte die nächsten Optionen. Dann tippte er eine neue Nummer.
„British Airline, was kann ich für Sie tun?“
„Buchen Sie mir einen Flug in die Schweiz auf den Namen Sherlock Holmes.“
„Hahahaha…“ tuut tuut.
Immer mehr kam sich Sherlock wie der Protagonist in einem falschen Film vor. Beim googeln seines Namens wurde ihm auch klar warum. Er war eine Romanfigur, die es bis nach Hollywood geschafft hatte.
Angefangen mit Basil Rathbone, bis zu Robert Downey Junior und einem gewissen Benedict Cumberbatch, der ihm noch am nächsten kam. Sie alle entstammten der kühnen Feder eines Sir Arthur Conan Doyle. Kein Wunder, dass ihn niemand ernst nahm. Der Name Sherlock Holmes war zu einer Mut machenden Legende verkommen die niemand wirklich ernst nahm, außer sich von ihr unterhalten zu lassen. Berühmt aber nutzlos.
Erneut rief er British Airline an.
„British Airline, was kann ich für sie tun?“
„Ich hätte gern den nächsten Flug in die Schweiz gebucht, und zwar auf den Namen Jürgen Klawitter.“
„Kein Problem, Herr Klawitter, wir hätten da noch zwei Flüge frei. Möchten Sie den um 12:53 oder den um 14:09?“
Sherlock schaute auf die Uhr. Plötzlich klingelte sein Telefon. Es war Mycroft. „Ich nehme den 14:09“, erwiderte er knapp, und widmete sich seinem Bruder. „Was willst du Mycroft?“
Mycroft wirkte aufgewühlt. „Du bist hier nicht mehr sicher, Sherlock. Ich habe gerade beunruhigende Nachrichten aus dem Innenministerium bekommen, in denen behauptet wird, dass du dich mit einem Verschwörungstheoretiker aus der Schweiz treffen willst.“
Sherlock stöhnte innerlich. „Ich wünschte, ich wäre diesem Doktor nie begegnet.“, seufzte er.
„Ich kann dir nur raten, die Finger davon zu lassen, Sherlock. Es gibt genug andere Fälle, um die du dich kümmern kannst.“, mahnte sein Bruder eindringlich.
„Ich danke dir für deine Warnung, Bruder.“, antwortete er knapp und beendete das Gespräch. Dann öffnete er eine Schublade, entnahm ihr einen Reisepass, stürzte sich in seine Klamotten und machte sich auf den Weg zum Flughafen.

Wenige Minuten später am Londoner Flughafen.

„Mein Name ist Sher… Jürgen Klawitter, ich hatte ein Ticket nach Bern vorbestellt.“
Die Schalterbeamtin durchforstete ihren Computer, und überreichte Sherlock Sekunden später das Ticket. „Guten Flug, Mister Klawitter!“
„Herr Klawitter“, korrigierte Sherlock und nahm das Ticket in Empfang.

Währenddessen in Mycrofts Büro

Niedergeschlagen saß der ältere der Holmes Brüder hinter seinem Schreibtisch, und betrachtete diverse Bildschirme, die seinen Bruder auf dem Londoner Flughafen zeigten. Das Telefon klingelte. Es war Chefinspektor Lestrade, der offensichtlich dieselben Bilder gesehen hatte. „Noch können wir ihn in Verwahrung nehmen, Mycroft. Er hat gerade unter falschem Namen…“
„Das weiß ich!“, unterbrach ihn Mycroft streng.
„Wenn wir ihn fliegen lassen bedeutet das sein Todesurteil.“, warnte Greg eindringlich. „Du musst mich nicht daran erinnern!“, antwortete Mycroft genervt, und dachte nach. Viel Zeit blieb ihm dazu nicht. „Dann gib endlich den Befehl, verdammt noch mal!“, rumorte es aus dem Telefon. „Ich kann nicht“, antwortete Mycroft zögerlich. Etwas hinderte ihn daran, und es war mehr als nur der Glaube an seinen Bruder, und dass er vielleicht Recht hatte. Es war die Gewissheit, dass er Recht hatte, die gleichzeitig seine eigene Feigheit zum Vorschein brachte.
„Mycroft?“, unterbrach Lestrade das Schweigen. Mycroft begann an seiner Entschlossenheit zu arbeiten. „Mein Bruder weiß was er tut.“, sagte er schließlich und beendete das Gespräch. „Hoffentlich“, fügte er leise hinzu.

Drei Stunden später vor dem Hause Ganser

Sherlock hatte wenig Mühe das Haus zu finden. Es wurde belagert von Journalisten, Polizisten, Demonstranten und Gegendemonstranten. Sherlock hatte Mühe sich durch die aufgebrachte Menge zu kämpfen. Zum Glück hatte er einen Ausweis dabei, der ihn über jeden Zweifel erhob. Als Kriminalhauptkommissar Klawitter aus Deutschland, der nach Steuersündern in der Schweiz suchte, hatte er praktisch im gesamten deutschsprachigen Raum freien Zugang zu jeder Adresse die nach Reichtum aussah. Und Doktor Gansers Anwesen sah alles andere als arm aus. Somit war wenigstens das Motiv seiner Ermittlungen geklärt.
Ein obrigkeitstreuer Kollege wies ihm den Weg durch die aufgebrachte Menge. „Viel Glück“, sagte er, bevor Sherlock die Türklingel betätigte. Sherlock verkniff sich die Bemerkung seiner Definition von Glück. Manchmal war es einfach klüger zu schweigen. Eine ihm bekannte weibliche Stimme fragte streng nach der Befindlichkeit seiner Anwesenheit, und scheute sich nicht davor warnend darauf hinzuweisen, jedwede Rechtsverletzung sofort juristisch bekämpfen zu lassen.
„Ich bin Kriminalhauptkommissar Jürgen Klawitter, und es geht um die steuerlichen Versäumnisse Ihres Mannes.“, behauptete Sherlock mit fester Stimme.
„Kommen Sie rein.“ Sherlock wirkte verdutzt. Er hatte mit mehr Widerstand gerechnet.

...
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Sherlock- Katerstimmung

Einige Stunden nach der Geliehenen Trommel

Sherlock saß in seiner unbeleuchteten Wohnung und starrte nachdenklich aus dem Fenster. Es war mittlerweile drei Uhr am Morgen und er verschwendete keinen Gedanken an Müdigkeit. Sein unwegsamer Geist hatte ein Problem entdeckt, von dem er geglaubt hatte, es gelöst zu haben. Doch immer mehr wurde ihm klar, dass Moriarty von Anfang an nicht das Problem war, etwas das ihm der Doktor schon vor ein paar Tagen durch die Blume souffliert hatte. Gleichzeitig wurde ihm bewusst, wie sehr sich auch die Rolle seines Bruders verändert hatte. Er selbst fühlte sich, als hätte er den Körper eines völlig Fremden übernommen, und ihm damit gleichzeitig eine Biographie genommen, die so überhaupt nichts mit seiner eigenen zu tun hatte. Eines aber war geblieben. Die Skripalaffäre überschattete immer noch die Schlagzeilen der Presse, und man wurde nicht müde den Schuldigen bereits zu kennen, obwohl es keinerlei Beweise gab. Hätte er jemals einen Fall in dieser Art an seine Klienten als gelöst übergeben, man hätte ihm zumindest das Honorar gestrichen.
Irgendjemand polterte auf der Treppe herum. Dem Keuchen zufolge war es John, der sich angesichts seines Zustandes nicht mehr nach Hause traute. Außerdem hatte er noch zwei volle Einkaufstüten gelagert, deren Inhalte sich nach einem Kühlschrank sehnten. Ohne anzuklopfen torkelte er durch die Tür, und machte sich auf seinem alten Sessel breit. „Isch hab übrigens dein Wasser bezahlt.“, grummelte er müde. Sherlock nickte zufrieden und schwieg. Kurz darauf schnarchte es behaglich aus dem Sessel. Sherlock widmete sich währenddessen dem Internet.

Am nächsten Morgen.

Sherlock hastete aufgeregt durchs Zimmer. Ständig wiederholte er dabei einen Satz. „Ich war ein solcher Idiot!“ Inzwischen erwachte auch John Watson in seinem Sessel. Von Kopfschmerzen geplagt, nahm er die Aufregung wahr. „Erzähl mir mal was neues“, stöhnte er. Sherlock hielt inne. „Wurde auch Zeit, dass du wach wirst. Wir werden die Skripalaffäre untersuchen!“
„Och, Sherlock, ich dachte wir hätten das hinter uns gelassen!“, wimmerte der unter seinem Brummschädel leidende John Watson.
„Wir haben die ganze Zeit den Falschen gejagt!“, beharrte Sherlock. In seinen Augen blitzte die Entschlossenheit eines hungrigen Tigers. John hielt sich verzweifelt den Kopf. „Und wen jagen wir jetzt?“
Statt zu antworten rief Sherlock nach Mrs Hudson, und zwar in einer Lautstärke, die Johns Schädel noch mehr zum Brummen brachte. Nebenbei warf er ihm ein paar Zeitungen in den Schoß. „Unsere Presse ist sich darüber einig, dass Russland verantwortlich ist, weil unsere Regierung sich auch darüber einig ist. Ganz Westeuropa scheint sich darüber einig zu sein, aber es gibt keinerlei Beweise. Lediglich die Amerikaner halten sich zurück. Jemand spielt mit dem Geist der Massen. …MRS HUDSON!“
„Bitte schrei nicht so, mein Kopf…“
„Hätte ich jemals einen solchen Fall als gelöst abgegeben, ich wäre heute arbeitslos! …Wo bleibt Mrs Hudson? MRS HUD…“, schimpfte Sherlock.
„Sherlock, bitte…“
Endlich öffnete sich die Tür. Mrs Hudson betrat wütend den Raum. „Sherlock! Sie haben seit zwei Monaten keine Miete bezahlt, und jetzt unterbrechen Sie meinen Schlaf? Ich habe allmählich die Nase voll von Ihnen!“
Sherlock wirkte überrascht.
„Sie sehen so anders aus, Mrs Hudson. Sind Sie geschminkt?“
„Lenken Sie jetzt nicht vom Thema ab, Sherlock! Was wollen Sie?“, erwiderte die alte Frau gereizt.
„Eine Kanne Tee wäre nicht schlecht. …Falls Sie dazu in der Lage sind.“ Der als humorvoll geplante Unterton in Sherlocks Stimme verfehlte seine Wirkung wie ein kurzer Regenschauer in der Wüste. „Sollte das etwa witzig sein? Machen Sie sich Ihren Tee gefälligst selbst, ich habe einen Mordfall zu lösen!“, erwiderte Mrs Hudson stolz und warf die Tür hinter sich zu. John Watson spendete spontanen Beifall.
„Verstehst du jetzt was ich meine, John?“, wandte sich Sherlock verzweifelt an seinen Kollegen.
„Ich verstehe nur, dass dein Weg die Sache aufzuklären, indem du uns alle in ein Zeitabenteuer mit dem Doktor gestürzt hast, die Sache offensichtlich verkompliziert hat. Und irgendwie gönne ich dir das auch.“, gab John mit einem schadenfrohen Grinsen zu verstehen. Sherlock warf ihm einen giftigen Blick zu. „Und du hast scheinbar noch nicht begriffen, dass wir es mit Denkfabriken zu tun haben, die dem Gedanken der Überbevölkerung durch die Menschen ernsthaftes mediales und politisches Gewicht verleihen. Ein gewisser Milliardär namens Will Hates hat bei Markus Landser ganz unverhohlen zugegeben, dass sein weltweites Impfprogramm der Reduktion der Weltbevölkerung dient, während in der Bevölkerung der Sinn einer Impfpflicht diskutiert wird. Und das ist nur die Spitze des Eisberges. Offensichtlich soll eine ganze Generation von „Ja“ schreienden Konsumenten erschaffen werden, die weder in der Lage sind Fragen zu stellen, geschweige über entsprechende Fragen überhaupt nachzudenken! Lies dir nur die Zeitungsmeldungen durch!“ Wütend warf er John die schon gelesene Zeitungslektüre in den Schoss. Und was da alles in den Schlagzeilen zu finden war. Terror hier, Terror da, Staatsverordnete und sich gut verkaufende Feindbilder, geschürte Ängste, steigende Armut, steigender Reichtum, Gewalt aus den Armenghettos. Und das war nur der Anfang. Es folgten Lebensmittelskandale, Insektensterben, Klimawandel, Pharmaindustrie, Autoabgasskandale, und natürlich, wer könnte sie vergessen: Flüchtlinge. Jeder der beim hören und lesen der täglichen Meldungen nicht sofort ein schlechtes Gewissen bekam, die im Überfluss auf einen einprasselten, fand sich allein mit seinen Gedanken bereits auf der Seite einer nicht tolerierbaren Minderheit, die gefühlt immer größer wurde, während die wenigen reichen Verwalter der Nachrichten alles andere als im Verdacht standen die Sorgen und Ängste, die sie rührselig in ihren Artikeln verarbeiteten, persönlich zu teilen. Das Wechselspiel zwischen subtil gestreuter Hasskultur, und der Bereitschaft diese medienwirksam ausarten zu lassen funktionierte nahezu perfekt.
„Du hast dir wirklich eine Sendung mit Markus Landser angesehen?“
„Wenn es um wirkliche Recherche geht, hältst du dich ja gewöhnlich zurück.“, antwortete Sherlock schnippisch.
„Ich wüsste nicht, wie diese Tratschsendung mich irgendwie weiterbringen sollte, zumal der Typ einem immer dazwischen quatscht wenn es droht interessant zu werden. Viel wichtiger scheint mir die Frage, warum Mrs Hudson plötzlich Mordfälle untersucht.“
„Ich vermute, der Doktor steckt dahinter.“, orakelte Sherlock, ohne, dass ihn das Thema weiter zu interessieren schien. John schüttelte verzweifelt mit dem Kopf.
„Was ich damit sagen will, Sherlock: Wir können die Welt nicht ändern. Sie ist vielleicht perfekt, wir sind es nicht, aber wir sind auch nicht diejenigen die sie ändern werden, wir klären Mordfälle auf! Wir sollten uns mit dem begnügen was wir tun können, und uns nicht zu einem neuen Guy Forbes der Geschichte aufschwingen.“
Sherlock warf ihm einen finsteren Blick zu. „Dein Mangel an Ehrgeiz, verbunden mit deiner üblichen Ignoranz ist so trostlos ermüdend. Wer, wenn nicht Menschen wie wir, wurden dazu geboren diese Missstände aufzudecken?“
John Watson erhob sich langsam aus seinem alten Sessel. „Es hat keinen Sinn mit dir, Sherlock. Du magst mit vielem Recht haben, aber dein Weg führt unweigerlich auf den Pfad der Selbstzerstörung, und den bin ich nicht mehr bereit mit zu gehen. Ich habe eine Frau. Mary ist schwanger. Und wenn du noch einen Funken Vernunft in dir hast wäre ich der glücklichste Mensch der Welt, wenn du diesem Kind als Patenonkel zur Verfügung stehst. Und Mary wäre es auch.“
Sekunden des Schweigens vergingen.
„Und was, wenn wir beides vereinen?“
„Leb wohl, Sherlock.“, seufzte John und trabte langsam zur Tür. Und so sehr es Sherlock auch drängte den alten Freund aufzuhalten. Er konnte es nicht. Fast zum Trotz ließ er sich vor seinem Laptop nieder und studierte die Vorträge eines gewissen Dr. Daniel Ganser auf Youtube, einen Schweizer Historiker, der einst -hoch gelobt- mit Terrorforschung seinen Doktortitel verdiente. Kaum aber hatte er es gewagt den größten Terroranschlag aller Zeiten zu untersuchen, den die Welt je erschüttert hatte, wurde er von der intellektuellen Elite als Verschwörungstheoretiker gebrandmarkt. Sherlock liebte diesen Mann jetzt schon.

Bevor John Watson die Bakerstreet 221 b verließ, machte er noch einen Zwischenstopp bei Mrs Hudson. „Der Tee ist bereits vorbereitet, John.“, begrüßte sie ihn mit einem freudigen Lächeln. John erwiderte das Lächeln kläglich. „Ich wollte mich nur von Ihnen verabschieden, Mrs Hudson. Kommen Sie Mary und mich gern jederzeit besuchen. Wir könnten eine Patentante wie Sie gut gebrauchen.“
„Sie haben sich also wieder mal gestritten.“, vermutete die alte Dame nicht zu Unrecht.
„Ist nicht so wichtig.“, wiegelte John die Vermutung sofort ab und nahm höflicherweise die Einladung zum Tee an.
„Paperlapp, John. Sie zwei sind doch ohne einander hilflose Werkzeuge in einer Welt, die nach mehr als nur einer Antwort sucht, und in jedem Irrtum eine Bereicherung sieht um der Erkenntnis auf die Spur zu helfen. Sie kriegen sich schon wieder ein.“, versuchte Mrs Hudson Johns gedanklichen Wogen zu glätten.
„Ich wünschte, es wäre diesmal so einfach.“, entgegnete John müde.
„Glauben Sie einer alten Frau. Es ist so einfach. Und jetzt trinken Sie Ihren Tee!“, forderte sie, ohne auch nur den Hauch eines Widerspruchs gelten zu lassen. John setzte sich und schlürfte nachdenklich seinen Tee. Dann fiel ihm etwas ein. „Wie sind Sie eigentlich darauf gekommen jetzt Mordfälle lösen zu wollen?“ Beinahe schämte er sich für seine Frage, doch lenkte sie ihn zumindest von Sherlock ab.
„Das fragen Sie am besten Mister Stringer. Ich habe ihn gestern Abend beim Taubenfüttern im Park kennen gelernt, als Sie gerade auf Sauftour waren. Er hat mich auf einen gewissen Fall in Baskerville Hall aufmerksam gemacht und meine Neugier geweckt. Er müsste gleich hier sein.“, antwortete Mrs Hudson und füllte eine weitere Tasse Tee nach. John wurde hellhörig. Aber nicht wegen Mister Stringer, sondern vor allem deswegen, weil er diesen Fall zusammen mit Sherlock schon vor Jahren gelöst hatte.
„Verdammter Mistkerl“, grummelte er vor sich hin und starrte in Richtung Zimmerdecke.
„Wie meinen?“, erkundigte sich Mrs Hudson schnell. In diesem Moment klopfte es an der Tür. Ein alter Mann öffnete schüchtern die Tür und entschuldigte sich sofort. „Ich komme doch hoffentlich nicht ungelegen, Miss Marple?“
Noch bevor John etwas einwerfen konnte, übernahm Mrs Hudson sofort den Part des Antwortens. „Ich nehme an, Sie haben Neuigkeiten, Mister Stringer?“
„Und ob!“, erwiderte der alte Mann euphorisch, und das lag nicht an dem was er zu sagen hatte. „Sie hatten absolut Recht mit Ihrer Vermutung, dass auf Baskerville Hall etwas nicht stimmt. Störe ich auch wirklich nicht?“ Sein verunsicherter Blick blieb an John Watson hängen. „Keine Sorge, der Doktor wollte ohnehin gerade gehen, ist es nicht so, Doktor Watson?“, stellte Mrs Hudson die Richtlinienkompetenz im Raum sofort klar.

Wenige Minuten später

John stand noch eine gefühlte Ewigkeit vor dem Eingang der Bakerstreet 221 b. Immer mehr kam ihm diese Adresse wie ein Ort vor, die der Doktor mit seiner TARDIS als eine intergalaktische Experimentierbude nutzte.
Aber nicht mehr für ihn. Ihn erwarteten alle Freuden und Leiden eines Vaters, und das war weit bedeutender als Kriminellen nachzujagen.
Jedenfalls für den Augenblick.
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Sherlock- eine geliehene Legende

Die geliehene Trommel

Die Geliehene Trommel war eine Stammkneipe wie man sie sich vorstellte. Es wurde gesoffen, es wurde geraucht, es wurden Dartpfeile geworfen, Billard gespielt, lallende Gespräche geführt, kurzum: Sie war das ideale Abführmittel für Männer, um die anschließenden Vorträge der Ehefrauen später besser ertragen zu können. Allerdings hatte der Wirt ein Problem. Er musste seine Kneipe umbenennen. Ein windiger Anwalt aus der Verwandtschaft eines kürzlich verstorbenen, berühmten Schriftstellers hatte Klage wegen des Namens eingereicht, weshalb Tommy, der Wirt, -eine Art veraltete Ausgabe von D’artagnan- nun vor einem Problem stand. „Alles nur Idioten!“, schimpfte er unentwegt, während er verärgert neues Bier nachschenkte.
Ebenfalls am Tresen saß Sherlock, der noch nicht einen Tropfen Alkohol getrunken hatte seit er hier war, derweil sich seine Mitstreiter bereits im Zustand des Lallens befanden und zielstrebig auf die Dartscheibe zu steuerten. „Willse nich mitkommen?“, rief ihm Prinz James Moriarty aus glühend roten Augen zu.
„Na los, Sherlock, so jung komm wa nie wieder ssusammen!“, lallte nun auch John Watson und legte Sherlock brüderlich seinen Arm um die Schulter. Lediglich Mycroft plagten ganz andere Sorgen. „Da spielen immer noch diese bekloppten Schtudenten!“ Sofort hatte er die Aufmerksamkeit der anderen. Insbesondere Lestrade tat sich dabei hervor. Torkelnd ging er auf die jungen Leute zu, zückte seinen Dienstausweis, und forderte mit blumiger, alkoholisierter Stimme: „Wenn ihr nisch wollt, dass diesch in Kürze ein Tatort wird, den isch dann auch noch untersuchen muss; verpisst ihr euch ganz schnell!“
Die jungen Leute waren nicht im Mindesten beeindruckt. Ein junger Mann stellte sich ihm selbstbewusst entgegen. „Wir spielen unser Spiel noch zu Ende. Über Ihre stumpfsinnige Drohung sehen wir angesichts Ihres Alkoholpegels mal großzügig hinweg.“ Mycroft war gerade noch rechtzeitig an Lestrades Seite um Schlimmeres zu verhindern. „Keine Sorge, der Chef von Scotland Yard hat es nicht so gemeint. Ihr dürft ruhig weiterspielen.“, sagte er freundlich. Die Ansage verfehlte nicht ihre Wirkung. „Der Chef von Scotland Yard? …Oh, wir waren sowieso gerade fertig. Es ist auch noch Geld im Automat.“, entschuldigte sich der junge Mann sofort.
James schüttelte nur grinsend den Kopf, während er sich dezent im Hintergrund hielt. Die meisten Studenten verzogen sich mit ihren Getränken eilig zum Billardtisch, ohne von ihm Notiz zu nehmen.
„Wir spielen 301 Double in und out! Und danach ein Cricket!“, beharrte Lestrade, und stieß dabei auf allgemeines Einverständnis, was vor allem der fortschreitenden Alkoholisation zuzurechnen war. „Hich kann kaum noch die Dartscheibe erkennen!“, bemerkte Mycroft, während er erste Zielübungen in Richtung Toilette vollführte, und dabei nur knapp eine junge Frau verfehlte die sich gerade erleichtert hatte.
„Verdammt, Mycroft, das ist nich die Dartscheibe, das is die Klotür!“, lallte James. Die junge Frau hatte zum Glück nichts bemerkt. Klammheimlich steckte Lestrade seinen Dartpfeil in die Doppel 19. „Haaa, getroffen!“, jubelte er und erntete misstrauische Blicke.
„Du hasch doch geschummelt!“, protestierte Mycroft sofort. „Hab isch nicht, frag die Schtukadenten!“
Prinz James konterte indes mit einer Doppel 20, allerdings ohne zu schummeln. Staunend betrachteten Mycroft und John die Wurfkünste des Prinzen, der mit tänzerischer Eleganz die folgenden zwei Pfeile in die Dreifach 20 beförderte.

Währenddessen am Tresen.

Eine berüchtigte Rockerbande hatte soeben die Kneipe betreten und belagerte nun den Tresen. Ärger lag in der Luft. Für Tommy den Wirt allerdings keine neue Situation. „Wehe ihr macht heute Abend Ärger! Ich habe schon genug Mist an der Backe.“, sagte er mit finsterem Blick. „So lange du mit unseren Bestellungen hinterher kommst, gibt’s auch keinen Ärger!“, grummelte der Anführer zurück, und erntete dafür ausgelassenes Johlen seiner zwölf Kumpane. Dann entdeckte er Sherlock, der sich noch immer an seinem Wasserglas festhielt. „Wenn das nicht der berühmte Sherlock Holmes ist, der dafür gesorgt hat, dass unser Club dicht machen musste!“ Am Tresen herrschte augenblickliche Stille. Alle Blicke fokussierten sich auf den Meisterdetektiv. Jeder war gespannt darauf, was er antworten würde, bis auf Tommy, der nicht zu Unrecht um seine Einrichtung fürchtete. „Jungs, macht keinen Scheiß, sonst rufe ich die Polizei!“, warnte er eindringlich. „Die sitzt im Nebenzimmer und spielt Dart.“, bemerkte ein schlechtgelaunter Student, der ebenfalls seit kurzem am Tresen saß. Sofort wanderten die Blicke der langhaarigen Bartträger in Richtung Nebenraum. „Das muss unser Glückstag sein! Lestrade und Holmes in einem Raum!“, frohlockte einer von ihnen und rieb sich die Hände. In diesem Moment knallte Sherlock sein Wasserglas auf den Tresen und richtete sich auf. „Ihr habt nicht mit Lestrade ein Problem, sondern mit mir, ihr ferngesteuerten Volltrottel, und das wäre euch auch bewusst, wenn euer Intelligenzquotient nicht dem einer Teppichkante entsprechen würde!“
Der Anführer der Rockertruppe unterbrach nur mit Mühe den aufkeimenden Tumult unter seinen Leuten. „Für jemanden, der hier fast allein dasteht hast du eine erstaunlich große Klappe!“ Die Spannung am Tresen war kurz vor dem Zerreißen. Sherlock lächelte nur kühl. Fast schien es, als machte ihm die Sache sogar Spaß. „Sagt ausgerechnet der Mann, von dem sich Frau und Kinder getrennt haben, und der jetzt in Kneipenschlägereien mit seiner stumpfsinnigen Bande nach dem Walhalla sucht!“, erwiderte er mit lässig vorgetragener Arroganz.
Erneut hatte der Anführer alle Mühe seine aggressive Belegschaft am handeln zu hindern. „SCHNAUZE!“, brüllte er. „Das ist eine Sache zwischen ihm und mir!“
Sherlock lächelte nur abfällig. Inzwischen hatten sich auch James und John in die Nähe des Tresens gesellt und beobachteten neugierig das Geschehen. Mycroft haderte derweil noch immer mit den Tücken der Dartscheibe. Diesmal blieb der Pfeil in seinem Schuh stecken.
„Sollen wir eingreifen?“, fragte James besorgt.
„Auf gar keinen Fall!“, antwortete John energisch. Inzwischen feierte Mycroft seinen ersten Treffer auf der Dartscheibe.
Der Anführer der Bande, der sich selbst Zorc nannte, obwohl in seinem Ausweis der Name Heribert Müller stand, rückte bedrohlich nahe in Sherlocks Richtung. „Lass uns das draußen klären, Sherlock.“, flüsterte er mit bedrohlicher Stimme. „Wenn du dich vor all deinen Leuten blamieren willst, nur zu!“, konterte Sherlock, ohne auch nur einen Zweifel aufkeimen zu lassen wie sicher er sich seiner Sache war. Zorc wirkte leicht verwirrt, was angesichts seiner Körpermaße und seiner durchtrainierten Muskelmasse durchaus berechtigt schien. Kein Mann von Sherlocks Statur hätte auch nur den Hauch einer Chance gegen ihn. Hier reichte vermutlich schon ein leichter Atemzug um den dürren Sherlock in seine Schranken zu weisen. Dennoch wirkte dieser Sherlock auf unheilvolle Art optimistisch. Etwas an dieser Situation gefiel Zorc nicht. Also fällte er eine Entscheidung. „So lange ich mit diesem Arschloch draußen bin, macht ihr hier keinen Stress. Ist das klar!“, wandte er sich an seine Mitstreiter, in denen immer mehr die Hoffnung nach einer handfesten Prügelei schwand.
„Ja ja“, ertönte kollektive Enttäuschung aus dem Rest der Rockergruppe.
„Was macht er da?“, fragte James neugierig, derweil Mycroft im Hintergrund noch immer versuchte das Dartspiel zu dominieren.
„Ich würde es als Selbstmord bezeichnen.“, kommentierte John Watson die Situation schlicht.
„Wie kannst du dabei nur so ruhig bleiben, John? Wir müssen verhindern, dass dieser Gorilla Sherlock in einen unappetitlichen Verkehrsunfall verwandelt!“
„Auf gar keinen Fall! Außerdem sprach ich vom Gorilla, als ich die Selbstmordabsicht erwähnte. Und was dich betrifft. Ein besoffener Prinz erwischt bei einer Kneipenschlägerei, kurz vor dem 92. Geburtstag seiner Oma? Ein gefundenes Fressen für unsere Presse.“

Die Duellanten begaben sich derweil nach draußen, dicht gefolgt von den Blicken die jetzt an den Fensterscheiben klebten. Zorc brachte sich bereits in Stellung, während Sherlock gelangweilt an seinem Wasserglas nippte. „Was ist los, ich dachte wir wollen kämpfen!“
„Wem nützt ein Kampf der schon entschieden ist.“, wiegelte Sherlock die Bemerkung sofort ab und lehnte sich gegen den Fenstersims. Zorc verzog irritiert die Stirn. „Meine Leute hinter dem Fenster erwarten, dass ich dir jetzt die Fresse poliere! Willst du das jetzt aussitzen, oder was?“
„Warum zögerst du noch?“
„Weil es mir irgendwie bescheuert vorkommt einen Mann zu verprügeln, der sich nicht wehren will! Warum sind wir hier draußen?“
„Wegen des Nachthimmels.“, erwiderte Sherlock. „Und wegen deiner Kinder.“, fügte er selbstsicher hinzu. Noch bevor Heribert Müller, alias Zorc, darauf antworten konnte, näherten sich von der anderen Straßenseite ein kleiner siebenjähriger Junge mit seiner fünfjährigen Schwester. Als sie ihren Papa erkannten liefen sie eilig auf ihn zu. Sherlock registrierte die Zusammenkunft mit innerer Befriedigung. Endlich konnte er sich wieder um andere Dinge kümmern. Die Skripalaffäre war trotz Moriartys Umkehr noch immer ein gefährdendes Element für den Weltfrieden.
„Das Spiel hat begonnen.“, flüsterte er in die Nacht, und schlenderte langsam in Richtung Bakerstreet.
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Sherlock- Nachschlag für Smoky23

Allerletzte Zwischenepisode

Die siebte Tasse

London 2018

Bakerstreet 221 b

Mrs Hudson servierte wie üblich pünktlich um 16 Uhr den Tee. Doch etwas war anders als sonst. Sherlocks Zimmer wirkte irgendwie aufgeräumt. Normalerweise war es ein Ort des Chaos, aber heute. Er selbst saß in seinem Sessel, rauchte seine Pfeife, und starrte auf ein altes Familienfoto. Außerdem lag eine uralte Ausgabe eines gewissen Arthur Conan Doyle auf seinem Schreibtisch.
„Hier ist Ihr Tee, Sherlock. Sie haben doch nicht etwa aufgeräumt?“, bemerkte Mrs Hudson mit einer Mischung aus altkluger Ironie, staunender Unbedarftheit, und einer Prise weiblicher Neugierde.
Sherlock warf ihr einen kurzen Blick zu.
„Nichts war je offensichtlicher, Mrs Hudson.“, erwiderte er gelangweilt. Mrs Hudson ignorierte aus blanker Gewohnheit seinen abfälligen Tonfall.
„Sie haben ja sogar Staub gewischt, Sherlock!“, stellte sie stattdessen fest, nachdem sie das Teeservice abgestellt hatte und die Möbel mit ihrem Zeigefinger inspizierte. „Sie erwarten doch nicht etwa Damenbesuch?“, hakte sie neugierig nach. Erneut warf ihr Sherlock einen kurzen Blick zu. Er mochte die alte Dame, aber manchmal konnte sie einem auch ganz schön auf die Nerven gehen. Insbesondere jetzt, wo er die vielen Dinge der vergangenen Tage zu verarbeiten hatte. Noch immer kam es ihm wie gestern vor, als er mit John vor der riesigen Bestie auf die Bäume geflohen war. Die folgende Reise in der TARDIS mit Freund und Feind durch das Multiversum setzte dem Ganzen schließlich die Krone auf.
„Sie müssen natürlich nicht mit mir reden, wenn Sie nicht wollen.“, durchbrach Mrs Hudson verärgert seine Gedanken. Diesmal reagierte Sherlock nicht einmal. Selbst als sie ihm die üblichen Tageszeitungen neben das Teeservice auf den Tisch knallte, blieb er nahezu regungslos. Sein Blick erschreckte Mrs Hudson. „Sie sind doch nicht etwa wieder auf Drogen?“, fragte sie scharf nach.
„In gewisser Weise schon.“, sagte er leise. Noch ehe ihm Mrs Hudson einen Vortrag halten konnte klopfte es an der Tür.
„Komm rein, John!“ Sein Gesicht war wie verwandelt. Die Tür öffnete sich. „Dein Deduktionsvermögen war auch schon mal besser, Bruder. Hallo, Mrs Hudson!“, Mycroft trat grinsend durch die Tür.
„Hallo“, entgegnete Mrs Hudson den Gruß knapp.
„Schön, dass du gekommen bist, Mycroft. Wie hast du John ausgebremst?“, überhörte Sherlock die scherzhafte Anspielung und nahm seinen Bruder in die Arme. Dann wandte er sich an Mrs Hudson. „Würden Sie bitte so freundlich sein und noch sieben Tassen nach oben bringen? Und bitte auch noch eine weitere Kanne Tee.“ Mrs Hudson verließ mit schüttelndem Kopf das Zimmer. „Ich bin nicht Ihre Haushälterin!“
Mycroft setzte sich. „Glaubst du wirklich, dass sie alle kommen?“
Sherlock lächelte. „Wir haben zu viel gesehen, um es nicht zu wissen, Bruder.“
„Was John betrifft, der kommt auf jeden Fall. Allerdings etwas später. Ich wollte unbedingt der Erste sein! Bei den anderen bin ich mir allerdings nicht so sicher.“, mutmaßte Mycroft. Bevor Sherlock seinen Bruder wegen Johns Verspätung befragen konnte, klopfte es erneut an der Tür. Diesmal verzichtete Sherlock beim Hereinsagen auf den Namen. Laut schnaufend schleppte sich John Watson mit zwei schweren Einkauftüten durch die Tür und fluchte. „Ich habe Mary extra noch gefragt ob wir was vom Markt brauchen, und sie sagte: „Nein nein, geh du nur!“, und kurz bevor ich in die Bakerstreet abgebogen bin ruft sie mich an und beauftragt mich mit einer dicken Einkaufsliste! Entschuldigt meine Verspätung.“ Die Brüder warfen sich einen kurzen aber verstehenden -John ausschließenden- Blick zu. Sofort merkte der, dass etwas nicht in Ordnung war. Dann fokussierte er Mycroft mit einem stechenden Blick. „Das war deine Idee, oder? Unser Kühlschrank ist nämlich voll und ich schleppe hier kiloweise Lebensmittel mit mir herum die für die nächsten zwei Monate reichen! Ganz abgesehen vom Verfallsdatum!“
Neue Vorkommnisse auf der Straße unterbrachen, sehr zu Mycrofts Erleichterung, die weitere Diskussion. Wie auf Zuruf standen die drei Männer am Fenster und beobachteten wie die Straße abgesperrt wurde. „Lestrade ist ja wieder in Höchstform.“, bemerkte Sherlock grinsend.
„Sein alter Vater dreht sich vermutlich gerade im Grab um.“, ergänzte Mycroft amüsiert, während sie gemeinsam den hektischen Bemühungen des Chefinspektors folgten die Straße zu räumen. Kurz darauf fuhr eine schwarze Limousine mit königlichen Wappen vor. Währenddessen stürmte Mrs Hudson aufgeregt mit einem weiteren Teeservice das Zimmer. „Also wenn ich gewusst hätte, dass Sie so hohen Besuch erwarten…“, schnappte sie völlig außer Atem.
„Machen Sie sich keine Sorgen, Mrs Hudson. Bringen Sie einfach noch etwas Gebäck nach oben.“, versuchte John sie zu beruhigen und erntete einen verständnislosen Blick. „Sie haben gut reden!“
Gerade als sie das Zimmer verlassen wollte, stieß sie mit einem elegant gekleideten Mann zusammen, dessen königliches Banner am Jackett ihren Bewegungsdrang nahezu hypnotisierte. „Königliche Hoheit!“, sprach sie voller Ehrfurcht. „Sie müssen die Unordnung hier entschuldigen, aber leider kann man sich seine Mieter heutzutage ja nicht aussuchen.“
„Schon gut, Mrs Hudson“, erwiderte der Mann würdevoll und ging einen Schritt zur Seite.
„Ich hole dann mal schnell das Gebäck, ein Rezept meiner Mutter. Ich habe auch noch einen ausgezeichneten Earl Grey, wenn es recht ist.“
„Ich freue mich schon darauf“, sagte der Mann und schob Mrs Hudson sanft über die Türschwelle.
„Lassen Sie sich Zeit, Mrs Hudson!“, rief Sherlock ihr noch hinterher, obwohl er sich völlig im Klaren darüber war, wie sinnlos diese Aufforderung war.
Kaum hatte sie das Zimmer verlassen begrüßten sich die Männer, als hätten sie sich seit Jahren nicht gesehen und in gewisser Weise traf das auch zu. Zumindest was Sherlock und John betraf.
„Prinz James von Schottland, wer hätte das je gedacht.“, lachte Sherlock, als er den künftigen Monarchen in die Arme schloss. „Mir kommt es vor als hätten wir dich gestern noch als den Napoleon der Verbrecher gejagt!“, zitierte John mit einem süffisanten Grinsen seinen Kollegen. Jim lachte. „Ohne den Doktor wäre das vermutlich auch passiert. Apropos? Wo bleibt er eigentlich?“
„Er genießt es als letzter Gast den theatralischsten Auftritt zu haben, wie immer.“, stellte Sherlock fest. „Dann sollten wir Lestrade anrufen. Schließlich ist es sein Geburtstag.“, schlug Mycroft vor.
Kaum eine Minute später ertönte das Geräusch zerschellenden Geschirrs auf der Treppe vor der Tür, gefolgt von heftigen Vorwürfen. „Können Sie denn nicht aufpassen, Sie Trampel! Ausgerechnet jetzt, wo so hoher Besuch im Haus ist!“
In Sherlocks Zimmer machte sich kollektives Grinsen breit, als der völlig gestresste Chefinspektor Greg Lestrade erschien. „Ich hätte gern einen Scotch ohne Eis!“, rief er von Flüchen begleitet in Richtung Treppe bevor er die Tür schloss. Sein strenger Blick traf sofort auf Jim. „Hättest du deinen Besuch nicht ein wenig unspektakulärer gestalten können? Wegen dir ist halb Scotland Yard auf den Beinen.“ Der Prinz hob entschuldigend die Arme. „Was hätte ich denn tun sollen? Es hat mich schon alle Energie gekostet diesem aufgeblähten Hochzeitsritual der popeligen Verwandtschaft mit dieser dümmlichen Schauspielerin fernbleiben zu dürfen, das jetzt weltweit im Fernsehen ausgestrahlt wird. Außerdem hat Oma darauf bestanden. …Alles Gute zum Geburtstag Greg!“
Lestrade war wieder einigermaßen versöhnt. Nur eines störte ihn. „Bekomme ich jetzt auch mal was zu trinken, oder was?“, fragte er anklagend in die Runde.
„Ich fürchte unsere Getränke sind gerade die Treppe herunter.“, warf Sherlock ein. „Soweit ich es gesehen habe, war das Tee! Sollte das etwa meine Geburtstagsüberraschung sein?“, maulte Lestrade.
„Nein, wir hatten da etwas anderes im Sinn.“, verkündete Mycroft geheimnisvoll. Lestrade sah sich enttäuscht um. „Also unsere monatliche Bridgerunde hätten wir auch wie üblich in der Geliehenen Trommel spielen können.“
„Keine Sorge, Greg, dass machen wir danach ganz sicher, und ich verspreche dir, du wirst es brauchen.“, sagte Sherlock nicht minder geheimnisvoll wie sein Bruder. Die beiden anderen Männer lächelten nur wissend.
In diesem Moment erbebte das Zimmer. Ein intervallartiges Geräusch erfüllte den Raum, und nur wenige Sekunden später tauchte eine blaue Telefonzelle aus den Fünfzigern im Zimmer auf.
„Was zum Geier…“, staunte Lestrade mit weit geöffnetem Mund. Aus der Zellentür sprang der Doktor mit einer Flasche Scotch. Ohne zu zögern ging er auf Lestrade zu. „Hallo, Chefinspektor! Ich bin Ihre Geburtstagsüberraschung. Wenn Sie mir also folgen wollen?“ Lestrade sah sich beinahe verängstigt um. „Wer zum Geier sind Sie?“
„Ich bin der Doktor! Alles andere werden Sie dann schon sehen. Und jetzt: Bitte einsteigen!“
Die übrigen Männer warfen ihm aufmunternde Blicke zu. Nur Sherlock wirkte ein wenig enttäuscht. Irgendwie hatte er gehofft, dass auch Irene mit an Bord der TARDIS sein würde. Der Doktor schien seine Gedanken bereits zu erahnen und schnippte kurz mit den Fingern. Dann trat sie aus der Tür, die Lestrade im Begriff war zu durchschreiten.
„Wir sehen uns dann in zweiundvierzig Sekunden.“, unterbrach der Doktor die aufkeimende Wiedersehensfreude eilig, und verschwand mit Lestrade und der TARDIS in den Weiten des Multiversums.
Und während Mycroft, John und Prinz James sich freudig darüber ereiferten, welche Abenteuer Lestrade jetzt erleben würde, gingen Irene und Sherlock nahezu lautlos aufeinander zu.
„Wir haben nur zweiundvierzig Sekunden“, hauchte Irene.
„Wenn mir der Doktor eines beigebracht hat dann das: Der Doktor lügt.“, antwortete Sherlock lächelnd. Irene erwiderte das Lächeln. „Ich werde nicht hier bleiben, Sherlock.“, sagte sie traurig. Sherlock sah ihr fest in die Augen. „Das wusste ich an dem Tag, als ich dich kennen lernte.“
„Ich möchte einfach nur leben. Aber manchmal weiß ich gar nicht was das ist.“, flüsterte Irene.
„Die zweiundvierzig Sekunden sind um.“, antwortete Sherlock mit einem zärtlichen Lächeln.
Der Doktor hatte mal wieder gelogen. Er erschien nach dreiundvierzig Sekunden und brachte einen Lestrade mit dessen erster Satz lautete:
„Jungs, wir müssen uns jetzt sofort besaufen!“

Und während die Männer sich lauthals auf den Weg in die Geliehene Trommel begaben, verblieb Sherlock noch so lange in seinem Zimmer, bis die TARDIS endgültig verschwunden war.
„Immer noch besser, als wenn du wirklich tot wärst.“, sagte er leise und folgte den Freunden in die Stammkneipe. Immerhin standen die Chancen nicht schlecht, Zeuge einer handfesten Wirtshausrauferei zu werden.

Zehn Minuten später.

Mrs Hudson war gerade im Begriff Sherlocks Zimmer aufzuräumen, als ihr mitten im hinterlassenen Gewühl eine Teetasse auffiel, die vollkommen ungenutzt und sauber auf seinem Schreibtisch stand. Beinahe provokant dampfte die unangerührte Teekanne daneben. Plötzlich klopfte es an der Tür. Erschrocken rief Mrs Hudson: „Hich!“
Eine Dame aus guter Gesellschaft betrat das Zimmer und musterte ihre Gastgeberin mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck. „Sie sind genau die Frau die ich gesucht habe!“
Mrs Hudson war verwirrt, angesichts der Aussage und der Präsenz einer offensichtlichen Dame. „Sind Sie sicher, dass Sie sich nicht in der Tür geirrt haben?“
Die Augen der Dame begannen hell zu leuchten. „Nein. Sie müssen nur noch eine Einverständniserklärung unterzeichnen, dass Sie laut der neuen DSGVO Verordnung einwilligen, Vorbild für eine Romanfigur zu werden.“
„Warum sollte mich das interessieren! Wollen Sie mich etwa zu einer Witzfigur machen?“
„Nein, ganz im Gegenteil, ich würde sogar Ihren Namen ändern, und Sie wären alles andere als eine Witzfigur!“, wehrte die geheimnisvolle Dame sofort ab. „Was wäre ich dann?“, erkundigte sich Mrs Hudson neugierig. Die Dame lächelte. „Sie wären eine alte Dame die Kriminalfälle löst. Sie wären meine Miss Marple.“
Mrs Hudson dachte einen Augenblick nach. Irgendwie gefiel ihr der Gedanke.
„Eine Tasse Tee?“, fragte sie.
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Sherlock- Heimkehr

Letzte Zwischenepisode

Ende und Anfang

Schallendes Gelächter ertönte aus der Bunkeranlage im Wald. Es war vermutlich das einzige Mal, dass man Mycroft Holmes je so lachen gehört hatte. Grund: Sherlock hatte ihm gerade die Geschichte vom Doktor, der TARDIS, und von Moriarty als Superverbrecher der Zukunft erzählt. Er hatte lediglich das winzige Detail verschwiegen, dass Moriarty der Enkel der Königin war. Ein Detail, das er auch Irene verschwiegen hatte. „Eine großartige Geschichte, einfach fabelhaft!“, waren so ziemlich die ersten Worte die seinem Munde, noch immer von Lachanfällen begleitet, entströmten. „Es war idiotisch dich einzuweihen!“, reagierte Sherlock verärgert. Mycrofts Lachen erstarb von einem Moment zum anderen und wich einer zynischen Grimasse. „Du hast doch nicht ernsthaft geglaubt, dass ich dir diesen Schwachsinn abkaufe! Ein Außerirdischer mit nahezu unbegrenzter Lebenszeit, der dir ermöglicht den Napoleon unter den Verbrechern, wie du ihn genannt hast, schon in seiner Kindheit aufzuhalten? Du hattest schon immer viel Phantasie, Sherlock, aber jetzt fürchte ich, übertreibst du es. Ich frage mich nur was unsere Eltern dazu sagen.“
„Ich glaube ihm!“, warf Irene plötzlich ein und gesellte sich demonstrativ an Sherlocks Seite. John Watson folgte ihr, auch wenn er sich dafür hasste. Er kannte das Mädchen, das in der Zukunft dafür sorgen würde, dass Sherlock die Kontrolle über sich selbst verlor und in Drogen eine zeitweise aber fast selbstzerstörerische Obsession fand. „Und ich weiß es!“, fügte er mit fester Stimme hinzu. Mycroft stand allein da. Nicht, dass er das nicht gewohnt war, aber diesmal waren die Protagonisten eben keine menschlichen Goldfische, wie er sie gern bezeichnete, wenn man von dem aufmüpfigen Watson mal absah, den er noch nicht so recht einschätzen konnte. „Also gut“, begann er schließlich. „Zeigt mir den Doktor mit seiner TARDIS, und ich bin bereit meine Überzeugungen zu überdenken. Bis dahin bleibt ihr für mich eine Art Club der toten Dichter.“
„Da wirst du dich noch neunundzwanzig Tage gedulden müssen, Bruderherz. Viel wichtiger ist, dass wir Moriarty stoppen!“
Mycroft schlug sich demonstrativ gegen die Stirn. „Und was erwartest du von mir? Moriarty ist ein Kind, mit zugegebenermaßen sehr ambitioniertem Ehrgeiz, aber das kann auch bedeuten, dass aus ihm mal ein ausgezeichneter Wissenschaftler wird. So lange er kein Verbrechen begangen hat von dem ich weiß, werde ich den Teufel tun diesen dämlichen Plan zu unterstützen. …Wenn ihr überhaupt einen Plan habt!“
„Wir könnten uns mit ihm befreunden.“, schlug John plötzlich vor. Für einige Sekunden herrschte Stille im Raum.
„Du willst dich mit ihm befreunden?“, entfuhr es Sherlock fassungslos.
„Na ja, wenn wir ihn jetzt positiv beeinflussen, wird aus ihm vielleicht ein besserer Mensch.“, erwiderte John, und nichts in seinem Gesicht deutete darauf hin, dass er nicht meinte was er sagte. „Also ich finde die Idee gut.“, unterstützte ausgerechnet Irene den Vorschlag.
„Das kann unmöglich euer Ernst sein!“, widersprach Sherlock entschieden.
„Hast du etwa einen besseren Plan, Sherlock?“
„Du weißt doch genau wessen Enkel er ist. Glaubst du wirklich, dass ein paar Tage heile Welt mit unserem neuen Freund seinen Charakter verändern wird?“
„Moment mal, wessen Enkel soll er denn sein?“, mischte sich Mycroft amüsiert ein.
Sherlock stöhnte, während er John mit einem missbilligenden Blick bedachte.
„Was soll’s, irgendwann wirst du es ja doch erfahren, wobei es nicht einer gewissen Komik entbehrt, dass wir es erst durch dich in der Zukunft erfahren werden. Er ist der Enkel der Königin.“
Zum zweiten Mal in seinem Leben prustete Mycroft so heftig vor Lachen, dass sprichwörtlich die Wände wackelten. Sherlock sollte nie wieder Gelegenheit bekommen das zu erleben.

Eine Stunde später im Labor

Doktor Stapletons Abschied verlief kurz und schmerzlos. Auf ihn wartete Baskerville Hall und eine alte Familienrechnung die er noch zu begleichen hatte.
Der Doktor saß derweil in seinem neuen Domizil und kaute gelangweilt an seinem Schallschraubenzieher herum. Immer mal wieder drang ein gefährliches Brummen aus Adolfs Gefängnis. Endlich klopfte es an der Tür.
„Komm rein, Jim!“, rief er ohne aufzusehen. Die Tür öffnete sich. Überrascht nahm Moriarty den plötzlichen Personalwechsel wahr.
„Wer sind Sie, und wo ist Doktor Stapleton?“ Adolf wedelte verzückt mit dem Schwanz als er den Jungen sah. Ohne die Augen von dem Eindringling zu lassen, warf ihm Moriarty ein Leckerli zu.
„Ich bin der Doktor“, verkündete der Doktor freudestrahlend. Der Junge kam langsam auf ihn zu. „Sie haben meine Frage nach Doktor Stapleton nicht beantwortet.“, entgegnete er kühl. Plötzlich sprang der Doktor auf und wirbelte geschäftig durchs Labor, bis er schließlich vor ihm stehen blieb. Der Junge wich erschrocken zurück.
„Oh, keine Angst! Doktor Stapleton ist bis auf weiteres beurlaubt worden, und ich denke du weißt auch ganz genau warum. Ist es nicht so?“, erwiderte er freundlich.
„Er hat Ihnen also gesagt wer ich bin.“, stellte Moriarty tonlos fest. Er hatte nicht nur das Druckmittel gegenüber seinem Vorgänger verloren, sondern sehr wahrscheinlich auch das Privileg Assistent im Labor zu sein. „Sie wirken gar nicht wie ein Doktor. Außerdem haben Sie mir Ihren Namen nicht verraten.“
„Es genügt vollkommen, wenn du mich Doktor nennst, Jim.“, lächelte der Doktor.
„Bei Doktor Stapleton durfte ich immer assistieren.“ Ein Hauch Hoffnung lag in der Stimme des Jungen. Sein Blick fiel auf die riesige Bestie im Käfig.
„Du magst das Tier, nicht wahr?“
„Er ist mein bester Freund.“, erwiderte Jim traurig, in der Hoffnung, dass sein kindlicher Charme auch auf den neuen Doktor wirkte.
„Eine ausgebildete Kampfmaschine die einzig zu militärischen Zwecken gezüchtet wurde ist also dein bester Freund. Und dann noch dieser Name! Was stimmt mit dir nicht, Junge?“
Im ersten Moment war Jim schwer beleidigt. Dann dachte er über die Frage nach. Auf keinen Fall wollte er den neuen Herrn des Labors mit einer pampigen Antwort verärgern.
„Er ist wie ich. Eingesperrt und allein.“, sagte er mit bitterer Stimme.
„Und das gibt dir also das Recht ihn im Wald kleine Kinder jagen zu lassen?“
„Woher wissen Sie davon?“, erwiderte Jim mit hochrotem Kopf.
„Ich bin der Doktor!“, antwortete der Doktor gutgelaunt. Dann schaute er auf eine Art Uhr. „Oh, wir bekommen gleich Besuch. Das wird dir gefallen.“
„Was?“

Einige Sekunden später.

Wie auf Zuruf klopfte es erneut an der Tür. „Kommt doch rein Kinder!“, rief der Doktor fröhlich, und keine Sekunde später standen vier aus unterschiedlichen Gründen sprachlose Kinder im Labor. Der Doktor registrierte die Stille mit kindlicher Begeisterung. „Hach, es ist genau wie ich es mir vorgestellt habe. Lasst uns einen Sitzkreis bilden, so macht man das doch in eurer Zeit.“
„Doktor? Sie haben doch gesagt, Sie wollen erst in dreißig Tagen wiederkommen.“, brach Sherlock als Erster das Schweigen. Im nu platzierte der Doktor sechs Stühle zu einem Sitzkreis und lud seine Gäste ein darauf Platz zu nehmen. Die Kinder zögerten. Irene war die erste die der Einladung folgte. Der Doktor warf ihr einen wohlwollenden Blick zu. John war der zweite der sich setzte. Für ihn war das alles nur ein Alptraum aus dem er so schnell wie möglich erwachen wollte. Als letzter schloss sich schließlich Mycroft der Runde an.
Dann nahm der Doktor ein Wollknäuel in die Hand und sprach. „Wer das Wollknäuel hält darf reden. Niemand anderem ist es gestattet. Seid ihr damit einverstanden?“
Eine merkwürdige Faszination ging von dem Mann aus, und seitdem Sherlock ihn als Doktor identifiziert hatte, überwog die Neugier sich auf dieses Spiel einzulassen. Aber das reichte noch nicht. Schweigend saßen sich die Kinder gegenüber und warteten ab. Selbst Adolf hatte sich niedergelegt und beobachtete das Schauspiel misstrauisch aus seiner Gitterbox. Der Doktor lächelte wissend. „Vielleicht ist es Zeit für ein bisschen Realität.“ Dann begann er umständlich mit seinem Schallschraubenzieher in der Luft zu wirbeln, und nur wenige Augenblicke später waren John und Sherlock wieder erwachsen. Die Blicke der übrigen Kinder erstarrten, insbesondere das von Mycroft und Jim. „Dann ist es also wahr.“, flüsterte Irene, während sie den Doktor mit kindlicher Begeisterung anschmachtete.
„Du hast nicht das Wollknäuel!“, ermahnte sie der Doktor. „Wer will es als erstes haben?“, fragte er in die Runde. Alle meldeten sich. Sein Blick fiel auf Mycroft, der sich jetzt plötzlich neben der älteren Ausgabe seines jüngeren Bruders wieder fand, und damit scheinbar ernste Probleme hatte. Der Doktor warf ihm die Wollkugel zu. „Ich glaube, ich spreche hier für alle, wenn ich sage: Wir würden jetzt gern die TARDIS sehen!“, forderte er, und gab die Wolle an Jim weiter. „Ich habe keine Ahnung was eine TARDIS ist, aber ich schließe mich meinem Vorredner unbedingt an! Außerdem wäre es interessant zu wissen, wie Sie so schnell aus Kindern Erwachsene machen konnten.“ Das Knäuel wanderte weiter zu Irene. „Ich würde gern mit Ihnen mitkommen.“ hauchte sie und gab Sherlock den Stoff.
„Ich dachte, Sie wollten sich nicht einmischen!“, sagte der vorwurfsvoll, und überreichte John das Knäuel, der es wortlos an den Doktor weitergab. Erneut wirbelte der Doktor mit seinem Schallschraubenzieher in der Luft herum, und schon materialisierte sich eine blaue Telefonzelle im Labor, direkt neben Adolfs Gitter. „Also gut Kinder, aber erst begrüße ich einen weiteren Gast in unserer Mitte. Ihr werdet ihn nicht kennen, aber dafür kennt er euch umso besser. Danach lade ich euch gemeinsam zu einer kleinen Reise in der TARDIS ein. Das wird alle eure Fragen beantworten, und keine Sorge. Ihr werdet alle wieder dort landen wo ihr hingehört.“ Sein Blick blieb an Irene haften. „Außer du vielleicht.“, sagte er leise. Dann blickte er zur Tür und rief: „Arthur, du kannst jetzt reinkommen!“
Ein kleiner stupsnäsiger Junge betrat schüchtern das Labor. Niemand kannte ihn, was eigentlich nur bedeutete, dass ihn nie jemand wahrgenommen hatte, obwohl er auch an der Schule war. Ein sechsjähriges Niemandsgesicht aus der ersten Klasse, der im Gegensatz zu seinen hochbegabten Mitschülern ganz im Kontext seiner Zeit lebte.
Mit einer einladenden Handbewegung wies der Doktor den Weg zur TARDIS.

London 1891

Alles beginnt im Präsens.

Ein Mann sitzt in seiner gut situierten Wohnung und bearbeitet seine Schreibmaschine. Plötzlich ertönt ein intervallartiges Geräusch. Der Mann wirkt nicht im Mindesten überrascht. Fast scheint es so, als erwarte er jemanden. Eine blaue Telefonzelle materialisiert sich. Ein freudiges Lächeln huscht dem Mann übers Gesicht, während sich die Telefonzelle öffnet.
„Sie sind pünktlich, Doktor.“, sagt er.
„Ich wollte mir doch nicht entgehen lassen, wie mein Lieblingsschriftsteller seine ersten Erfolge feiert.“
„Das habe ich nur Ihnen zu verdanken, Doktor. Sie haben mich in diese Zeit gebracht.“, erwidert der Mann dankbar. „Ich habe eine Überraschung für Sie! Irene!“
Der junge Mann blickt erstaunt zur TARDIS. Eine junge Frau lugt schüchtern aus der Tür hervor. „Irene Adler?“, entfährt es ihm fassungslos. Aus dem kleinen Mädchen ist inzwischen eine wunderschöne Frau geworden. Der Rest ist Geschichte.

Epilog.

Über die Liebesgeschichten von Sir Arthur Conan Doyle ist nur wenig bekannt. Nur eines ist sicher. Die Liebe geht oft sonderbare Wege.

Ende

Ende?


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