1.670x gelesen 22x abonniert Ausgabe 17/24 28.04.2024 Der Sternenbote Jetzt registrieren

Fröhliche Fußball Floskeln


Uli Hoeness:
Der Daum kann noch 100 Jahre gegen uns spielen. Der wird uns nie überholen.

Mario Basler:
Das habe ich ihm dann auch verbal gesagt.

Richard Golz:
Ich habe nie an unserer Chancenlosigkeit gezweifelt.

Steffen Freund:
Es war ein wunderschöner Augenblick, als der Bundestrainer sagte: "Komm Stefan, zieh deine Sachen aus, jetzt geht's los."

Lothar Matthäus:
Ich hab gleich gemerkt, das ist ein Druckschmerz, wenn man drauf drückt.

Toni Polster (über sein verbessertes Verhältnis zu Trainer Peter Neururer):
Wir lassen uns beide von unseren Frauen scheiden und ziehen zusammen.

Toni Polster (über eine vergebene Torchance):
Ich kann nicht mehr als schießen. Außerdem standen da 40 Leute auf der Linie.

Richard Golz (auf die Frage, was beim sogenannten Studentenklub SC Freiburg anders sei):
Vor lauter Philosophieren über Schopenhauer kommen wir gar nicht mehr zum Trainieren.

Jens Jeremies:
Das ist Schnee von morgen.

Max Merkel:
Eine Straßenbahn hat mehr Anhänger als Uerdingen.

Matthias Sammer (über seinen Spitznamen "Motzki"):
Wenn ich am Ende vorn stehe, können mich die Leute auch Arschloch nennen. Das ist mir egal.

Toni Polster:
Für mich gibt es nur "entweder-oder". Also entweder voll oder ganz!

Thomas Häßler:
In der Schule gab's für mich Höhen und Tiefen. Die Höhen waren der Fußball.

Mehmet Scholl (nach einem der Derby der Bayern gegen die Löwen):
Die Brisanz dieses Spieles hat man daran erkannt, daß sich Franz Beckenbauer über unsere Tore gefreut hat.

Roy Präger:
Jetzt kommt es darauf an, daß wir die entscheidenden Punkte gegen den Nicht-Abstieg sammeln!

Andi Möller:
Der Basler, der ist eh doof.

Steffen Baumgart:
Wir haben genügend Potenz für die Bundesliga.

Jürgen Wegmann:
Zuerst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu.

Andreas Möller:
Mein Problem ist, daß ich immer sehr selbstkritisch bin, auch mir selbst gegenüber.

Fritz Walter jun.:
Der Jürgen Klinsmann und ich, wir sind ein gutes Trio. (etwas später dann) Ich meinte: ein Quartett.

Andreas Möller:
Mailand oder Madrid - Hauptsache Italien!

Paul Breitner
Da kam dann das Elfmeterschießen. Wir hatten alle die Hosen voll, aber bei mir lief's ganz flüssig.

Roland Wohlfahrt:
Zwei Chancen, ein Tor - das nenne ich hundertprozentige Chancenauswertung.

Sean Dundee:
Ich bleibe auf jeden Fall wahrscheinlich beim KSC.

Mario Basler:
Eigentlich bin ich ein Supertyp. Aber ich kann wohl auch ein richtiger Arsch sein!

Andreas Brehme:
Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß!

Dieter Eilts:
Das interessiert mich wie eine geplatzte Currywurst im ostfriesischen Wattenmeer.

Thomas Häßler:
Ich bin körperlich und physisch topfit.

Toni Polster:
Man hetzt die Leute auf mit Tatsachen, die nicht der Wahrheit entsprechen.

Marco Rehmer:
Wir sind hierher gefahren und haben gesagt: Okay, wenn wir verlieren, fahren wir wieder nach Hause.

Horst Heldt (auf die "Kicker"-Frage, woran er glaube):
An die fünf lebenswichtigen Bausteine in Nutella.

Ulf Kirsten:
Wenn bei einem Auswärtsspiel keiner ruft: "Kirsten, Du Arschloch", dann weiß ich genau, daß ich schlecht bin.

Jürgen Klinsmann:
Das sind Gefühle, wo man schwer beschreiben kann.

Ludwig Kögl:
Entweder ich gehe links vorbei, oder ich gehe rechts vorbei.

Lothar Matthäus:
Wir dürfen jetzt nur nicht den Sand in den Kopf stecken!

Andreas Möller:
Ich hatte vom Feeling her ein gutes Gefühl.

Bruno Labbadia:
Das wird alles von den Medien hochsterilisiert.

Pierre Littbarski:
In der ersten Halbzeit haben wir ganz gut gespielt, in der zweiten fehlte uns die Kontinu..., äh Kontuni..., ach scheiß Fremdwörter: Wir waren nicht beständig genug!

Lothar Matthäus:
Ein Lothar Matthäus läßt sich nicht von seinem Körper besiegen, ein Lothar Matthäus entscheidet selbst über sein Schicksal.

Mehmet Scholl:
Die schönsten Tore sind diejenigen, bei denen der Ball schön flach oben rein geht.

Lothar Matthäus:
Das Chancenplus war ausgeglichen.

Andreas Brehme:
Bedanken möchten wir uns auch bei den Fans, auf denen wir uns immer verlassen konnten.

Marco Reich:
Früher war ich ein großer Fan von Mönchengladbach. Doch da hatte ich noch keine Ahnung vom Fußball.

Matthias Sammer:
Das nächste Spiel ist immer das nächste.

Mehmet Scholl:
Ich hatte noch nie Streit mit meiner Frau. Bis auf das eine Mal, als sie mit auf's Hochzeitsfoto wollte.

Mehmet Scholl (auf die Frage nach seinem Lebensmotto):
Hängt die Grünen, solange es noch Bäume gibt!

Andreas Möller:
Ich habe mit Erich Ribbeck telefoniert, und er hat zu mir gesagt, ich stehe für die Maltareise nicht zur Verfügung.

Hans Krankl:
Wir müssen gewinnen, alles andere ist primär.

Fritz Walter:
Die Sanitäter haben mir sofort eine Invasion gelegt.

Andreas Brehme:
Die Brasilianer sind ja auch alle technisch serviert.

Mehmet Scholl (als werdender Vater):
Es ist mir völlig egal, was es wird. Hauptsache, er ist gesund.

Thomas Strunz:
Es ist ein Sehnenabriß am Schambeinknochen. Hört sich lustig an - ist aber trotzdem beim Fußball passiert.

Mario Basler (über den frischgeschorenen Glatzkopf Christian Ziege):
Jetzt sieht er aus wie ein frisch lackierter Totalschaden!

Lothar Matthäus:
Es ist wichtig, daß man neunzig Minuten mit voller Konzentration an das nächste Spiel denkt.

Thomas Häßler:
Wir wollten in Bremen kein Gegentor kassieren. Das hat auch bis zum Gegentor ganz gut geklappt.

Helmut Schulte:
Das größte Problem beim Fußball sind die Spieler. Wenn wir die abschaffen könnten, wäre alles gut.

Franz Beckenbauer (nach dem WM-Titel 1990):
Deutschland wird auf Jahre hin unbesiegbar sein.

Max Merkel:
In Dänemark habe ich nur Eier und Butter geholt, aber keine Fußballer.

Karl-Heinz Körbel:
Die Eintracht ist vom Pech begünstigt.

Hermann Gerland:
Heute hatten wir Scheiße anne Füße!

Ewald Lienen:
Ich habe ihn ausgewechselt, weil ich einen anderen Spieler einwechseln wollte. Da mußte ich einen auswechseln.

Max Merkel (über Friedl Koncilia):
Der sollte von der Innsbrucker Universität ausgestellt werden. Einen Menschen mit so wenig Hirn gibt's ja net.

Franz Beckenbauer:
Die Schweden sind keine Holländer - das hat man ganz genau gesehen.

Berti Vogts (nach der WM 98 im Sportstudio):
Im Halbfinale haben wir die ersten 40 Minuten hervorragenden Fußball gespielt.

Rolf Rüßmann:
Wenn wir hier nicht gewinnen, dann treten wir ihnen wenigstens den Rasen kaputt.

Aleksander Ristic:
Wenn man ein 0:2 kassiert, dann ist ein 1:1 nicht mehr möglich.

Dariusz Wosz:
Alles hat gestimmt: Das Wetter war gut, die Stimmung war gut, der Platz war gut - nur wir waren schlecht.

Alexander Strehmel:
Bei so einem Spiel muß man die Hosen runterlassen und sein wahres Gesicht zeigen.

Olaf Thon:
Den hab ich doch nur ganz leicht retuschiert.

Mladen Petric über Mitspieler Zé Roberto:
Nach außen ist er introvertiert.

Neven Subotic:
Er muss ja nicht unbedingt dahin laufen, wo ich hingrätsche.

George Best:
Ich habe viel von meinem Geld für Alkohol, Weiber und schnelle Autos ausgegeben. Den Rest habe ich einfach verprasst.

Norbert Dickel:
Der ist mit allen Abwassern gewaschen.

Gerd Rubenbauer (der FIFA-Beauftragte zeigt eine Minute Nachspielzeit an):
Jetzt wechselt Jamaika den Torhüter aus.

Marcel Reif (beim Länderspiel Deutschland-Ghana):
Die Spieler von Ghana erkennen Sie an den gelben Stutzen.
zum Artikel

Gedanken zu Gott, Goethe und Geld


Aus den Schriften des S.K.


Alle sind eifrig mit dem beschäftigt, was die Zeit fordert, keiner scheint sich darum zu kümmern, was der Einzelne braucht.

Aber das Unselige unsrer Zeit ist unter anderm, daß es bald eine Unmöglichkeit wird, einen Menschen zu finden, der Zeit und Geduld und Ernst und Leidenschaft des Denkens hat,...

(das Buch Adler)


Unsere Art zu richten und zu strafen erscheint mir immer kindlicher. Ein wirklicher Mensch würde das alles über den Haufen werfen. Wieviel ließe sich da individualisieren!

Man könnte Kulturperioden von ungeheurer Größe träumen: Aber, so wie die Masse der Menschen bewillt und begabt ist, wird sie zur Weisheit wohl erst durch Müdigkeit kommen, erst dann, wenn es sich der Weisheit nicht mehr verlohnt.

>Geist< ist heute Marktware, wer redet noch davon? Ein wirklicher eigener Gedanke aber ist immer noch so selten, wie ein Goldstück im Rinnsstein.

Alles öffentliche Leben ist wenig mehr als ein Schauspiel, das der Geist von vorgestern gibt, mit dem Anspruch, der Geist von heute zu sein.

Für mich begehre ich nicht viel, wenn ich aber Talente sehe, die ein großes Volk in seiner Unwissenheit, Gleichgültigkeit und Kleinlichkeit verkümmern läßt, dann steigt in mir der Zorn auf.

Manche Leute müssen über ihre Dummheit durchaus öffentlich quittieren.

Die Zärtlichkeit, womit sich der moderne Mensch behandelt ist, erstaunlich. Was alles ist nicht >für sein Innenleben wichtig<! Man liegt heute auf Knien vor diesem seinem >Innenleben<. Aber es ist nur eine andre Art von Mops oder Affenpintscher, wofür nun die ganze Welt als Kißchen und Zuckerchen gerade gut genug ist.

Oh, wenn erst die Leidenschaft für den Planeten als solchen uns ergriffen haben wird, der große amor nostro, dann wird es auch keine Kriege mehr geben, dann werden ungleich gewaltigere Unternehmungen diese armseligen Kraftproben einer noch dunklen Periode überflüssig machen! Denn freilich: das bittere Zuchtmittel des Krieges durch philanthropische Mahnungen nur einfach abschaffen zu wollen, geht nicht an. Zuerst muß der Geist der Völker den neuen Aufgaben, den neuen, höheren Ambitionen gewachsen sein, zuerst muß ihn der Furor jener neuen Anstrengungen, Wagnisse und Opfer anfallen, ehe er den alten furor bellicus entlassen darf, ehe er von sich sagen darf: ich habe den Krieg wahrhaft - überwunden.

Optik! Optik! Wenn ihr euren ganzen >heutigen< Geist nur einmal von oben sehn könntet. Eure Wissenschaft, eure Kunst, euer tägliches Leben! Nicht um dies alles gering schätzen, o nein, nichts weniger als gering, sondern um es richtig schätzen zu lernen. Eine Menschheit, die zu sich selbst und ihrem Treiben noch keine wirkliche Distanz gewonnen hat, ist unreif, so erwachsen sie sich sonst gebärden mag.

In und trotz aller Geschäftigkeit - wieviel Verschlafenheit, wieviel Verträumtheit! Das wacht oft ein ganzes Leben nicht auf. Rüttelst du aber zu unsanft, so magst du leicht einen Stoß vor die Brust bekommen, wie von einem Schlaftrunkenen, den man vorzeitig stört. Tröste dich mit diesem >vorzeitig<. Und wer nicht aufstehen will, kann es wohl noch nicht, muß wohl noch - schlafen.

Für jeden Menschen, sagt Goethe, kommt der Zeitpunkt, von dem an er wieder >ruiniert< werden muß. So auch: für jede Kulturperiode. Die unsrige hat diesen Zeitpunkt bereits überschritten. Sie kann trotz allem, was dagegen einzuwenden ist, in einem gewissen sehr hohen Sinne nicht mehr ausschließliches Interesse beanspruchen. Das Hauptaugenmerk richtet sich über ihren mehr oder minder glänzenden Abklang hinweg auf den folgenden Abschnitt, dessen Aufbau, dessen Aufgaben. Ihr bleibt noch vieles zu tun, freilich, aber auch dies: sich möglichst unmißverständlich und allseitig ad absurdum zu führen.

Jede Zeit schweigt zunächst das Größte tot, das in ihrem Schoße ruht; geht dies nicht länger an, so verleumdet sie es, verzerrt es und versucht es auf alle Weise zu vernichten.

Es ist unbeschreiblich, auf was alles die Menschen nicht kommen. In den gewöhnlichsten Verhältnissen.

Wir lieben nur die Bilder von allem, als etwas in uns selbst, nie das andere selbst.

Wer tief ist, muß sich schämen, sich so zu zeigen.

Wer die Grausamkeit der Natur und der Menschen einmal erkannt hat, der bemüht sich, selbst in kleinen Dingen, wie dem Niedertreten des Grases, schonungsvoll zu sein.

Alles Festlegen verarmt.

Meine Liebe sind allein die großen Unbedingten, die Glück oder Tod bringen, die sich vor allem bringen mit ihrem Geschmack, ihrer Wertsetzung und ihrem ethischen Pathos, die den unbeirrbaren Sinn für Größe besitzen, eine tiefe unauslöschliche Liebe zu dem, für welches sie geboren sind. Und mein Haß: Die Geschmackler, die Renaissanceler, >die Töpfegucker jeder Stimmung< - die qualligen Ästheten, die stupenden Magister... all dieses unproduktive und anmaßende Volk, das die Mode von heute ist, wo unser innerstes Leben nach Stil dürstet, nach Kultur, nach Ernst, nach Kraft, nach Männern, nach Willen und noch einmal nach dem ethischen Pathos eines Nietzsche, eines Dostojewski, eines Lagarde, eines Tolstoi.

Niemand ist zu gut für diese Welt. Menschen, von denen dies gesagt wird, sind vielmehr in irgendeinem Betrachte nicht gut genug.

Wahrheit ist eine Sache des Temperaments, darum kann man Wahrheit nicht lehren, nur zeugen.

Ich meine, es müßte einmal ein sehr großer Schmerz über die Menschen kommen, wenn sie erkennen, daß sie sich nicht geliebt haben, wie sie sich hätten lieben können.

Wer sich die Unsumme von Geduld vergegenwärtigt, mit der die Masse der Menschen ihr tägliches Arbeitslos trägt, der wird sie namenlos achten müssen, diese >Menge<, trotz alledem und alledem. Und wenn wir Geistigen uns nur zu oft über sie erheben: sie kann doch nie brüderlich genug geliebt werden. Und jedenfalls soll sie beständig in unseren Gedanken wohnen, auch in deren, die ihr etwa zürnen.

Dieses Verwerfen in Bausch und Bogen, dessen wir uns oft schuldig machen, ist schrecklich. So wenn einer von Rousseau´s Bekenntnissen sagt: das verlogene Zeug. Ja ja, verlogen vielleicht hier und dort und am dritten Ort - aber auch am vierten und fünften? - Und wir selbst, die wir so sprechen, sind es also an keinem? Nirgends verlogen, nirgends angreifbar, nirgends verwerflich?

Es können nur einigermaßen gleiche Naturen in ihrem ganzen Umfang einander erklären und abschätzen. Heut aber will jedermann interpretieren, wenn er nur schreiben gelernt hat.

Glaube mir, es gibt nichts Großes ohne Einfalt. Der Mensch, das Individuum ist Gottes Einfalt, ist einfältig gewordene Gottheit. In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister.

Mut, Mut, das fehlt dem sogenannten denkenden Wesen, dem Menschen - als denkendes Wesen - am meisten. Und an Phantasie. (Aber was wäre Phantasie ohne Mut?) Vielleicht ist Mangel an beiden eine der grundlegenden Lebensbedingungen, vielleicht kann der Mensch nur mit einem gewissen Quantum von Feigheit und Trägheit - existieren.

Das von selbst Verständliche wird gemeinhin am gründlichsten vergessen und am seltensten getan.


(Chr. Morgenstern - Stufen)
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Zeit und Sein


"Die Gerechtigkeit und Nutzlosigkeit meiner Klagen ließen mir einen Keim der Empörung gegen unsere törichten bürgerlichen Einrichtungen in der Seele zurück, weil das wahre öffentliche Wohl und die wahre Gerechtigkeit immer einer anscheinenden Ordnung geopfert werden, die in der Wirklichkeit jede Ordnung umwirft, und die uns die Sanktion der öffentlichen Gewalt für die Unterdrückung des Schwachen und die Ungerechtigkeit des Mächtigen darstellt.
Zwei Dinge verhinderten diesen Keim damals, sich so zu entwickeln, wie er es in der Folge getan hat...erstens, daß es sich bei dieser Gelegenheit um mich handelte, und daß das Privatinteresse, das niemals etwas Großes und Edles hervorgebracht hat, meinem Herzen nicht den göttlichen Schwung geben konnte, der nur aus der reinsten Liebe zum Recht und zum Schönen entstehen soll. Und zweitens der Zauber der Freundschaft, der meinen Zorn durch das Übergewicht eines sanftern Gefühls milderte und beruhigte.

Ich fühle sehr wohl, daß ich, wenn diese Denkwürdigkeiten je das Licht des Tages erblicken, hier das Andenken an eine Tatsache erhalte, deren Spur ich vertilgen wollte; aber ich bringe wider meinen Willen noch ganz andere auf die Nachwelt.
Von dem großen Zweck meiner Unternehmung, den ich nie aus den Augen verliere, und der unumgänglichen Pflicht, ihn ganz und vollends zu Ende zu führen, darf ich mich nicht abwendig machen lassen durch Betrachtungen schwächerer Art, die mir mein Ziel aus den Augen rückten. In der seltsamen, in der ganz einzigen Situation, in welcher ich mich befinde, gehöre ich zu sehr der Wahrheit an, um noch irgend Jemanden anders berücksichtigen zu dürfen. Um mich völlig zu kennen, muß man mich kennen in allen meinen Beziehungen, guten wie schlechten. Meine Bekenntnisse sind natürlicher Weise mit denen vieler andern Leute verbunden; ich spreche die einen wie die anderen mit derselben Offenheit aus, da ich glaube, daß ich gegen Niemanden mehr Rücksichten zu beobachten brauche, als ich auf mich selbst nehme, obwohl ich freilich viel mehr nehmen möchte.
Ich will immer gerecht und wahr sein, von Andern so viel Gutes sagen, wie mir möglich sein wird. Übles nur dann sagen, wenn es mich betrifft und wenn ich dazu gezwungen bin.
Wer kann in der Lage, worein man mich gebracht hat, mit Recht mehr verlangen? Meine Bekenntnisse sind nicht geschrieben, um während meines Lebens oder während des Lebens der dabei interessierten Personen zu erscheinen. Wenn ich Herr über mein Schicksal und das dieser Schrift wäre, so würde sie erst lange nach meinem und nach ihrem Tode das Licht erblicken. Aber die Anstrengungen, welche der Schrecken vor der Wahrheit meine mächtigen Unterdrücker machen läßt, um die Spuren derselben zu vertilgen, zwingen mich, Alles zu tun, was das strengste Recht und die strengste Gerechtigkeit erlauben, um diese Spuren zu bewahren. Wenn mein Andenken mit mir verschwinden müßte, so würde ich, ehe ich jemand bloßstellte, ohne Murren meine ungerechte und vorübergehende Schmach dulden; aber da nun einmal mein Name lebendig bleiben und auf die Nachwelt kommen muß, so bin ich mir schuldig, zu streben, daß mit ihm die Erinnerung an den unglücklichen Menschen nicht erstirbt, welcher diesen Namen trug - so wie er wirklich war, und nicht so, wie seine gewissenlosen Feinde ohne Rast sich anstrengen, ihn darzustellen."


(aus: J. Rousseau´s Bekenntnisse)
zum Artikel

Et os vulvae nunquam dicit, sufficit.


Die Vertreibung der triumphierenden Bestie

Um so mehr ihm bis dahin sein Streben mißglückt,
Um so größer soll gerade sein Hoffen sein.
Denn das Glücksrad ist rund und dreht sich fein,
Schon mancher, dem gestern noch drohte der Henker,
Ward am folgenden Morgen des Staates Lenker.

-

Dem Unzufriedenen

Hat Dich mein zynisch´ Zahn nun ganz durchbohret,
Beklag´ Dich bei dir selbst, elender Hund!
Vergebens drohst Du mir mit Stock und Schwert,
Wenn du Dich nicht in acht nimmst, mich zu ärgern.

Mit deinem Unrecht kamst Du mir zu nahe,
Das Fell zieh´ ich Dir über beide Ohren,
Und sollt´ dabei ich auch zugrunde gehn,
Die Schmach ist Dein und bleibt auf ewig stehn.

Hol´ nackend nicht den Honig von den Bienen,
Beiß´ nie, wenn Du nicht weißt, ob Stein, ob Brot,
Und geh´ nicht ohne Schuhe Dornen säen!

Verachte, Fliege, nicht die Spinnenweben,
Bist eine Maus Du, folge nicht den Fröschen,
Und fliehe vor den Flüchen, Hühnerblut!

Und glaub´ ans Evangelium
Das allen laut verkündet:
Von unserem Feld wird einst die Strafe ernten,
Wer dort des Irrtums Samen streute aus.

(La cena dei ceneri - G. Bruno)

Die Kunst der Erzeugung oder: Wie entsteht Alles aus Allem? Der eine Stoff und seine Metamorphosen als Ort aller Orte (unendlicher Raum - unzählige Welten)
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"Das philosophische Leben wird mißgedeutet. - In dem Augenblicke, wo Jemand anfängt mit der Philosophie ernst zu machen, glaubt alle Welt das Gegenteil davon." (F.N.)
zum Artikel

Ich konsumiere und surfe online, also bin ich.


Der Doktor Faust

Du hast mich beschworen aus dem Grab
Durch deinen Zauberwillen,
Belebtest mich mit Wollustglut -
Jetzt kannst du die Glut nicht stillen.

Preß deinen Mund an meinen Mund,
Der Menschen Odem ist göttlich!
Ich trinke deine Seele aus,
Die Toten sind unersättlich.

(Ein Tanzpoem v. H. Heine)



Daß die Philosphie sich nicht zum Brotgewerbe eigne, hat schon Platon in seinen Schilderungen der Sophisten, die er dem dem Sokrates gegenüberstellt, dargetan, am allerergötzlichsten aber im Eingang des Protagoras das Treiben und den Succeß dieser Leute mit unübertrefflicher Komik geschildert. Das Geldverdienen mit der Philosophie war und blieb, bei den Alten, das Merkmal, welches den Sophisten vom Philosophen unterschied. Das Verhältnis der Sophisten zu den Philosophen war demnach ganz analog dem zwischen den Mädchen, die sich aus Liebe hingegeben haben und den bezahlten Freudenmädchen. So sagt z. B. Sokrates (Xenoph. Memorab. L. I, c. 6, §. 13): ... . - Das aus diesem Grunde Sokrates den Aristipp unter die Sophisten verwies und auch Aristoteles ihn dahin zählt, habe ich bereits in meinem Hauptwerk Bd. 2 K. 17, S. 162 (3. Aufl. S. 179) nachgewiesen.
Daß auch die Stoiker es so ansahen berichtet Stobäus (Ecl. eth. L. II. c. 7) - ... . Auch der Jurist Ulpian zeigt eine hohe Meinung von den Philosophen; denn er nimmt sie von Denen aus, die für liberale (d. h. für einen Freigeborenen anstehende) Dienstleistungen eine Entschädigung beanspruchen dürfen. Er sagt (Lex. I, §. 4, Dig. de extraord. cognit., L. 13); An et philosophi professorum numero sint? Et non putem, non quia non religiosa res est, sed quia hoc primum profiteri eos oportet, mercenariam operam spernere.
Die Meinung war in diesem Punkt so unerschütterlich, daß wir sie selbst noch unter den späteren Kaisern in voller Geltung finden: indem sogar noch beim Philostratus (Lib. I, c. 13) Apollonius v. Thana seinem Gegner Euphrates das ... (sapientiam cauponari) zum Hauptvorwurf macht, auch in seiner 51sten Epistel eben diesem schreibt: ... ( Reprehendunt te quidam, quod pecuniam ab imperatore acceperis: quod absonum non esset, nisi vilereres philosophiae mercedem accepisse, et toties, et tam magnam, et ab illo, qui te philosophum esse putabat.) In Übereinstimmung hiermit sagt er, in der 42sten Epistel, von sich selbst, daß er nötigenfalls ein Almosen, aber nie selbst nicht im Fall der Bedürftigkeit, einen Lohn für seine Philosophie annehmen würde. ...
(Si quis Apollonio pecunias dederit et qui dat dignus judicatus fuerit ab eo; si opus habuerit, accipiet. Philosophiae vero mercedem, ne si indigeat qiudem accipiet.)

Diese uralte Ansicht hat ihren guten Grund und beruht darauf, daß die Philosophie gar viele Berührungspunkte mit dem menschlichen Leben, dem öffentlichen, wie dem der Einzelnen, hat; weshalb wenn Erwerb damit getrieben wird, alsbald die Absicht das Übergewicht über die Einsicht erhält und aus angeblichen Philosophen bloße Parasiten der Philosophie werden: solche aber werden dem Wirken der echten Philosophen hemmend und feindlich entgegentreten, ja, sich gegen sie verschwören, um nur was ihre Sache fördert zur Geltung zu bringen. Denn sobald es Erwerb gilt, kann es leicht dahin kommen , daß´, wo der Vorteil es heischt, allerlei niedrige Mittel, Einverständnisse, Koalitionen u.s.w. angewandt werden, um, zu materiellen Zwecken, dem Falschen und Schlechten Eingang und Geltung zu verschaffen; wobei es notwendig wird, das entgegenstehende Wahre, Echte und Wertvolle, zu unterdrücken.
Solchen Künsten aber ist kein Mensch weniger gewachsen, als ein wirklicher Philosoph, der etwan mit seiner Sache unter das Treiben dieser Gewerbsleute geraten wäre. - Den schönen Künsten, selbst der Poesie, schadet es wenig, daß sie auch zum Erwerbe dienen; denn jedes ihrer Werke hat eine gesonderte Existenz für sich und das Schlechte kann das Gute so wenig verdrängen, wie verdunkeln. Aber die Philosophie ist ein Ganzes, also eine Einheit, und ist auf Wahrheit, nicht auf Schönheit gerichtet: es gibt vielerlei Schönheit, aber nur eine Wahrheit; wie viele Musen, aber nur eine Minerva (oder nur eine Xanthippe*). Eben deshalb darf der Dichter getrost verschmähen, das Schlechte zu geißeln: aber der Philosoph kann in den Fall kommen, dies tun zu müssen.
Denn das zur Geltung gelangte Schlechte stellt sich hier dem Guten geradezu feindlich entgegen und das wuchernde Unkraut verdrängt die brauchbare Pflanze. Die Philosophie ist, ihrer Natur nach, exklusiv: sie begründet ja die Denkungsart des Zeitalters: daher duldet das herrschende System, wie die Söhne der Sultane, kein anderes neben sich.
Dazu kommt, daß hier das Urteil höchst schwierig, ja, schon die Erlangung der Data zu demselben mühevoll ist. Wird hier, durch Kunstgriffe, das Falsche in ?ours gebracht und überall, als das Wahre und Echte, von belohnten Stentorstimmen ausgeschrien; so wird der Geist der Zeit vergiftet, das Verderben ergreift alle Zweige der Literatur, aller höhere Geistesaufschwung stockt, und dem wirklich Guten und Echten in jeder Art ist ein Bollwerk entgegengesetzt, das lange vorhält. ...
...Man sehe, zur Erläuterung den Unfug, der seit Kant mit der Philosophie getrieben und was dabei aus ihr geworden ist. Aber erst die wahre Geschichte der Hegelschen Scharlatanerie und der Wege ihrer Verbreitung wird einst die rechte Illustration zu dem Gesagtem liefern.
Diesem Allen zufolge wird Der, dem es nicht um Staatsphilosophie und Spaßphilosophie, sondern um Erkenntnis und daher um ernstlich gemeinte, folglich rücksichtslose Wahrheitsforschung zu tun ist, sie überall eher zu suchen haben, als auf den Universitäten, als wo ihre Schwester, die Philosophie ad normam conventionis, das Regiment führt und den Küchenzettel schreibt. Ja, ich neige mich mehr und mehr zu der Meinung, daß es für die Philosophie heilsamer wäre, wenn sie aufhörte, ein Gewerbe zu sein, und nicht mehr im bürgerlichen Leben, durch Professoren repräsentiert, aufträte.
Sie ist eine Pflanze, die wie die Alpenrose und die Fluenblume, nur in freier Bergluft gedeiht, hingegen bei künstlicher ausartet. Jene Repräsentanten der Philosophie im bürgerlichen Leben repräsentieren sie meistens doch nur so, wie der Schauspieler den König.
Waren etwan die Sophisten, welche Sokratis so unermüdlich befehdete und die Platon zum Thema seines Spottes macht, etwas Anderes als Professoren der Philosophie und Rhetorik?
Ja, ist es nicht eigentlich eine uralte Fehde, welche, seitdem nie ganz erloschen, noch heute von mir fortgeführt wird? Die höchsten Bestrebungen des menschlichen Geistes vertragen sich nun ein Mal nicht mit dem Erwerb: ihre edle Natur kann sich damit nicht amalgamiren. - Allenfalls möchte es mit der Universitätsphilosophie noch hingehn, wenn die angestellten Lehrer derselben ihrem Beruf dadurch zu genügen dächten, daß sie, nach Weise der andern Professoren, das vorhandene, einstweilen als wahr geltende Wissen ihres Faches an die heranwachsende Generation weiter gäben, also das System des zuletzt dagewesenen wirklichen Philosophen ihren Zuhören treu und genau auseinandersetzen und ihnen die Sachen kleinkauten: - Das ginge, sage ich, allenfalls, wenn sie dazu nur soviel Urteil, oder wenigstens Takt, mitbrächten, nicht bloße Sophisten, wie z. B. ein Fichte, einen Schelling, geschweige einen Hegel, auch für Philosophen zu halten. Allein nicht nur fehlt es in der Regel ihnen an besagten Eigenschaften, sondern sie sind in dem unglücklichen Wahne befangen, es gehöre zu ihrem Amte, daß auch sie selbst die Philosophen spielten und die Welt mit den Früchten ihres Tiefsinns beschenkten. Aus diesem Wahne gehen nun jene kläglichen, wie zahlreichen Produktionen hervor, in welchen Alltagsköpfe, ja mitunter solche, die nicht ein Mal Alltagsköpfe sind, die Probleme behandeln, auf deren Lösung seit Jahrtausenden die äußersten Anstrengungen der seltensten, mit den außerordentlichsten Fähigkeiten ausgerüsteten, ihre eigene Person über die Liebe zur Wahrheit vergessenden und von der Leidenschaft des Strebens nach Licht mitunter bis in den Kerker, ja, auf´s Schaffot getriebenen Köpfe gerichtet gewesen sind; Köpfe, deren Seltenheit so groß ist, daß die Geschichte der Philosophie, welche, seit dritthalbtausend Jahren neben der Geschichte der Staaten, als ihr Grundsatz, hergeht, kaum 1/100 so viele namhafte Philosophen aufzuweisen hat, als die Staatengeschichte namhafte Monarchen: denn es sind keine andern, als die ganz vereinzelten Köpfe, in welchen die Natur zu einem deutlicheren Bewußtsein ihrer selbst gekommen war, als in andern. Eben diese aber stehn der Gewöhnlichkeit und der Menge so fern, daß den meisten erst nach ihrem Tode, oder höchstens im späten Alter, eine gerechte Anerkennung geworden ist. Hat doch z. B. sogar der eigentliche, hohe Ruhm des Aristoteles, der später sich weiter, als irgend einer, verbreitete, allem Anschein nach, erst 200 Jahre nach seinem Tode begonnen. Epikuros, dessen Name, noch heut zu Tage, sogar dem großen Haufen bekannt ist, hat in Athen bis zu seinem Tode, völlig unbekannt gelebt. (Sen. ep.79.)
Bruno und Spinoza kamen erst im zweiten Jahrhundert nach ihrem Tode zur Geltung und Ehre.
Selbst der so klar und populär schreibende David Hume war, obwohl er seine Werke längst geliefert hatte, 50 Jahre alt, als man anfing ihn zu beachten. Kant wurde erst nach seinem 60. Jahre berühmt. Mit den Kathederphilosophen unserer Tage freilich gehen die Sachen schneller; da sie keine Zeit zu verlieren haben: nämlich der eine Professor verkündet die Lehre seines auf der benachbarten Universität florirenden Kollegen, als den endlich erreichten Gipfel menschlicher Weisheit; und sofort ist dieser ein großer Philosoph, der unverzüglich seinen Platz in der Geschichte der Philosophie einnimmt, nämlich in derjenigen, welche ein dritter Kollege zur nächsten Messe in Arbeit hat, der nun ganz unbefangen den unsterblichen Namen der Märtyrer der Wahrheit, aus allen jahrhunderten, die werten Namen seiner eben jetzt florirenden wohlbestallten Kollegen anreiht, als eben so viele Philosophen, die auch in Reihe und Glied treten können, da sie sehr viel Papier gefüllt und allgemeine kollegiale Beachtung gefunden haben. Da heißt es denn z. B. "Aristoteles und Herbart", oder "Spinoza und Hegel", "Platon und Schleiermacher", und die erstaunte Welt muß sehn, daß die Philosophen, welche die karge Natur ehemals im Lauf der Jahrhunderte nur vereinzelt hervorbringen vermochte, während dieser letzten Decennien, unter den bekanntlich so hoch begabten Deutschen, überall wie die Pilze aufgeschossen sind. Natürlich wird dieser Glorie des Zeitalters auf alle Weise nachgeholfen; daher, sei es in gelehrten Zeitschriften, oder auch in seinen eigenen Werken, der eine Philosophieprofessor nicht ermangeln wird, die verkehrten Einfälle des andern mit wichtiger Miene und amtlichen Ernst in genaue Erwägung zu ziehn; so das es ganz aussieht, als handelte es sich hier um wirkliche Fortschritte der menschlichen Erkenntnis. Dafür widerfährt seinem Abortus nächstens dieselbe Ehre, und wir wissen ja, daß nihil officiosius, quam cum mutuum muli scabunt.
So viele gewöhnliche Köpfe, die sich von Amts und Berufs wegen verpflichtet glauben, Das vorzustellen, was die Natur mit ihnen am allerwenigsten beabsichtigt hatte, und die Lasten zu wälzen, welche die Schultern geistiger Riesen erfordern, bieten aber im Ernst ein gar klägliches Schauspiel dar. Denn den Heisern singen zu hören, den Lahmen tanzen zu sehn, ist peinlich; aber den beschränkten Kopf philosophierend zu vernehmen ist unerträglich. Um den Mangel an wirklichen Gedanken zu verbergen, machen Manche sich einen imponierenden Apparat von langen, zusammengesetzten Worten, intrikaten Floskeln, unabsehbaren Perioden, neuen und unerhörten Ausdrücken, welches Alles zusammen dann einen möglichst schwierigen und gelehrt klingenden Jargon abgibt.
Jedoch sagen sie, mit dem Allen, - nichts: man empfängt keine Gedanken, fühlt seine Einsicht nicht vermehrt, sondern muß aufseufzen: " das Klappern der Mühle höre ich wohl, aber das Mehl sehe ich nicht;" oder auch, man sieht nur zu deutlich, welche dürftige, gemeine, platte und rohe Ansichten, hinter dem hochtrabenden Bombast stecken.
O! daß man solchen Spaßphilosophen einen Begriff beibringen könnte von dem wahren und furchtbaren Ernst, mit welchem das Problem des Daseins den Denker ergreift und sein Innerstes erschüttert! Da würden sie keine Spaßphilosophen mehr sein können, nicht mehr, mit Gelassenheit, müßige Flausen aushecken, vom absoluten Gedanken oder vom Widerspruch, der in allen Grundbegriffen stecken soll, noch mit beneidenswerten Genügen sich an hohlen Nüssen letzen, wie die Welt ist das Dasein des Unendlichen im Endlichen," und "der Geist ist der Reflex des Unendlichen im Endlichen," u.s.w.
Es wäre schlimm für sie, denn sie wollen nun ein Mal Philosophen sein und ganz originelle Denker. Nun aber ist, daß ein gewöhnlicher Kopf ungewöhnliche Gedanken haben sollte, gerade so wahrscheinlich wie daß eine Eiche Aprikosen trüge. Die gewöhnlichen Gedanken hingegen hat jeder schon selbst und braucht sie nicht zu lesen: folglich kann, da es in der Philosophie bloß auf Gedanken, nicht auf Erfahrung und Tatsachen ankommt, durch gewöhnliche Köpfe hier nie etwas geleistet werden.
Einige, des Übelstandes sich bewußt, haben sich einen Vorrat fremder, meist unvollkommen, stets flach aufgefaßter Gedanken aufgespeichert, die freilich immer noch in Gefahr sind, sich in bloße Phrasen und Worte zu verflüchtigen. Mit diesen schieben sie dann hin und her, und suchen allenfalls, sie, wie Dominosteine, an einander zu passen: sie vergleichen nämlich was Dieser gesagt hat, und was Jener, und was wieder ein Anderer, und noch Einer, und suchen daraus klug zu werden. Vergeblich würde man bei solchen Leuten irgendeine feste, auf anschaulicher Basis ruhende und daher durchweg zusammenhängende Grundansicht von den Dingen und der Welt suchen: eben deshalb haben sie über nichts eine ganz entschiedene Meinung, oder bestimmtes, festes Urteil; sondern sie tappen mit ihren erlernten Gedanken, Ansichten und Exceptionen wie im Nebel umher. Sie haben eigentlich nur auf Wissen und Gelehrsamkeit zum Weiterlehren hingearbeitet. Das möchte sein: aber dann sollen sie nicht die Philosophen spielen, hingegen den Hafer von der Spreu zu unterscheiden verstehn.
Die wirklichen Denker haben auf Einsicht, und zwar ihrer selbst wegen, hingearbeitet, weil sie die Welt, in der sie sich befanden, doch irgend wie sich verständlich zu machen, inbrünstig begehrten; nicht aber um zu lehren und zu schwätzen. Daher erwächst in ihnen langsam und allmälig, in Folge anhaltender Meditation, eine feste, zusammenhängende Grundansicht, die zu ihrer Basis allemal die anschauliche Auffassung der Welt hat, und von der Wege ausgehn zu allen speziellen Wahrheiten, welche selbst wieder Licht zurückwerfen auf jene Grundansicht.
Daraus folgt denn auch, daß sie über jedes Problem des Lebens und der Welt wenigstens eine entschiedene, wohl verstandene und mit dem Ganzen zusammenhängende Meinung haben, und daher niemanden mit leeren Phrasen abzufinden brauchen, wie hingegen jene Ersteren tun, die man stets mit dem Vergleichen und Abwägen fremder Meinungen, statt mit den Dingen selbst, beschäftigt findet, wonach man glauben könnte, es sei die Rede von entfernten Ländern, über welche man die Berichte der wenigen, dort hingelangten Reisenden kritisch zu vergleichen hätte, nicht aber von der, auch vor ihnen ausgebreitet, und klar daliegenden, wirklichen Welt. ...
...Das Schlimmste bei dem ganzen Treiben, das sonst immerhin, für den kuriosen Liebhaber, seinen Fortgang haben möchte, ist jedoch Dieses: es liegt in ihrem Interesse, daß das Flache und Geistlose für etwas gelte. Das kann es aber nicht, wenn dem etwan auftretenden Echten, Großen, Tiefgedachten sofort sein Recht widerfährt. Um daher diese zu ersticken und das Schlechte ungehindert in ?ours zu bringen, ballen sie, nach Art aller Schwachen, sich zusammen, bilden Cliquen und Parteien, bemächtigen sich der Literaturzeitungen, in welcher sie, wie auch in einigen Büchern, mit tiefer Ehrfurcht und wichtiger Miene von ihren respektiven Meisterwerken reden und auf solcher Art das kurzsichtige Publikum bei der Nase herumführen. Ihr Verhältnis zu den wirklichen Philosophen ist ungefähr das der ehemaligen Meistersänger zu den Dichtern. Zur Erläuterung des Gesagten sehe man die messentlich erscheinenden Schreibereien der Kathederphilosophen, nebst den dazu aufspielenden Literaturzeitungen: wer sich darauf versteht betrachte die Verschmitztheit, mit der diese letzteren vorkommenden Falls, bemüht sind, das Bedeutende als unbedeutend zu vertuschen und die Kniffe, die sie gebrauchen, es der Aufmerksamkeit des Publikums zu entziehn eingedenk des Spruches des Publius Syrus: Jacet omnis virtus. fama nisi late patet.
Nun aber gehe man auf diesem Wege und mit diesen Betrachtungen immer weiter zurück, bis zum Anfange dieses Jahrhunderts, sehe, was früher die Schellingianer (bzw. analog dazu das heutige 21. Jahrhundert, also in Deutschland die Merkelianer oder Merkelisten, quasi die ewigen Faschisten anrichten*), dann aber noch viel ärger die Hegelianer in den Tag hinein gesündigt haben: man überwinde sich, man durchblättere den ekelhaften Wust! denn ihn zu lesen ist keinem Menschen zuzumuten. Dann überlege und berechne man die unschätzbare Zeit, nebst dem Papier und Gelde, welches das Publikum, ein halbes Jahrhundert hindurch, an diesen Pfuschereien hat verlieren müssen. Freilich ist auch die Geduld des Publikums unbeschreiblich, welches das, Jahr aus, Jahr ein, fortgesetzte Geträtsche geistloser Philosophaster liest, ungeachtet der marternden Langweiligkeit, die wie ein dicker Nebel darauf brütet, eben weil man liest und liest, ohne je eines Gedankens habhaft zu werden, indem der Schreiber, dem sonst nichts Deutliches und Bestimmtes vorschwebte, Worte auf Worte, Phrasen auf Phrasen häuft und doch nichts sagt, weil er nichts zu sagen hat, nichts weiß, nichts denkt, dennoch reden will und daher seine Worte wählt, nicht je nachdem sie seine Gedanken und Einsichten treffender ausdrücken, sondern je nachdem sie seinen Mangel daran geschickter verbergen. Dergleichen jedoch wird gedruckt, gekauft und gelesen: und so geht es nun schon ein halbes Jahrhundert hindurch, ohne daß die Leser dabei inne würden, daß sie, wie man im Spanischen sagt, papan viento, d. h. bloße Luft schlucken. Inzwischen muß ich, um gerecht zu sein, erwähnen, daß um diese Klappermühle im Gange zu erhalten, oft noch ein ganz eigener Kunstgriff angewandt wird, dessen Erfindung auf die Herren Fichte und Schelling zurückzuführen ist. Ich meine den verschmitzten Kniff, dunkel, d. h. unverständlich, zu schreiben; wobei die eigentliche Finesse ist, seinen Gallimathias so einzurichten, daß der Leser glauben muß, es liege an ihm, wenn er denselben nicht versteht; während der Schreiber sehr wohl weiß, daß es an ihm selbst liegt, indem er eben nichts eigentlich Verstehbares, d. h. klar Gedachtes mitzuteilen hat. Ohne diesen Kunstgriff hätten die Herren ihren Pseudo-Ruhm nicht auf die Beine bringen können. Aber bekanntlich hat denselben Kunstgriff keiner so dreist und in so hohem Grade ausgeübt, wie Hegel. Hätte dieser gleich Anfangs den absurden Grundgedanken seiner Afterphilosophie, - nämlich diesen, den wahren und natürlichen Hergang der Sache gerade auf den Kopf zu stellen und demnach die Allgemein-Begriffe, welche wir aus der emperischen Anschauung abstrahiren, die mithin durch Wegdenken von Bestimmungen entstehn, folglich je allgemeiner desto leerer sind, zum Ersten, zum Ursprünglichen, zum wahrhaft Realen (zum Ding an sich, in Kantischer Sprache) zu machen, in Folge Dessen die emperisch-reale Welt allererst ihr Dasein habe, - hätte er, sage ich, dieses monströse .... ..., ja diesen ganz eigentlich aberwitzigen Einfall, nebst dem Beisatz, daß solche Begriffe, ohne unser Zutun, sich selber dächten und bewegten, gleich Anfangs in klaren, verständlichen Worten deutlich dargelegt; so würde Jeder ihm ins Gesicht gelacht, oder die Achseln gezuckt und die Posse seiner Beachtung wert gehalten haben. Dann aber hätte selbst Feilheit und Niederträchtigkeit vergebens in die Posaune stoßen können, um der Welt das Absurdeste, welches sie gesehn, als die höchste Weisheit aufzulügen und die deutsche Gelehrtenwelt, mit ihrer Urteilskraft, auf immer zu kompromittiren. Hingegen unter der Hülle des unverständlichen Gallimathias, da ging es, da machte der Aberwitz Glück: Omnia enim stolidi magis admirantur amantque, Inversis quae verbis latitantia cernunt.
Durch solche Beispiele ermutigt suchte seitdem fast jeder armseligste Skribler etwas darin, mit pretiöser Dunkelheit zu schreiben, damit es aussähe, als vermöchten Worte seine hohen, oder tiefen Gedanken auszudrücken. Statt auf jede Weise bemüht zu sein, seinem Leser deutlich zu werden, scheint er ihm oft neckend zuzurufen: "Welt, du kannst nicht raten was ich mir dabei denke!" Wenn nun Jener, statt zu antworten, "darum werd´ ich mich den Teufel scheeren," und das Buch wegzuwerfen, sich vergeblich daran abmüht; so denkt er am Ende, es müsse doch etwas höchst Gescheites, nämlich sogar seine Fassungskraft Übersteigendes sein und nennt nun, mit hohen Augenbrauen, seinen Autor einen tiefsinnigen Denker. Eine Folge dieser ganzen saubern Methode ist, unter andern, daß, wenn man in England etwas als sehr dunkel, ja, ganz unverständlich bezeichnen will, man sagt it is like German metaphysics; ungefähr wie man in Frankreich sagt c´est clair comme la boutelle a l` encre.
Es ist wohl überflüssig, hier zu erwähnen, doch kann es nicht oft genug gesagt werden, daß im Gegenteil, gute Schriftsteller stets eifrig bemüht sind, ihren Leser zu nötigen, genau eben das zu denken, was sie selbst gedacht haben: denn wer etwas Rechtes mitzuteilen hat, wird sehr darauf bedacht sein, daß es nicht verloren geht. Deshalb beruht der gute Stil hauptsächlich darauf, daß man wirklich etwas zu sagen habe; bloß diese Kleinigkeit ist es, die den meisten Schriftstellern unsrer Tage abgeht...und dadurch Schuld ist an ihrem so schlechten Vortrage. Besonders aber ist der generische Charakter der philosophischen Schriften dieses Jahrhunderts das Schreiben, ohne eigentlich etwas zu sagen zu haben: er ist ihnen allen gemeinsam und kann daher auf gleiche Weise am Salat, wie am Hegel, am Herbart, wie am Schleiermacher studiert werden. Da wird, nach homoiopathischer Methode, das schwache Minimum eines Gedankens mit 50 Seiten Wortschwall diluirt und nun, mit grenzenlosem Zutrauen zur wahrhaft deutschen Geduld des Lesers, ganz gelassen, Seite nach Seite, so geträtscht. Vergebens hofft der zu dieser Lektüre verurteilte Kopf auf eigentliche, solide und substantielle Gedanken: er schmachtet nach irgend einem Gedanken, wie der Reisende in der arabischen Wüste nach Wasser, - und muß verschmachten. Nun nehme man dagegen irgend einen wirklichen Philosophen zur Hand, gleichviel aus welcher Zeit, aus welchem Lande, sei es Platon oder Aristoteles, Kartesius, oder Hume, Malebranche, oder Locke, Spinoza, oder Kant: immer begegnet man einem schönen und gedankenreichen Geiste, der Erkenntnis hat und Erkenntnis wirkt, besonders aber stets redlich bemüht ist, sich mitzuteilen; daher er dem empfänglichen Leser, bei jeder Zeile, die Mühe des Lesens unmittelbar vergilt. Was nun die Schreiberei unserer Philosophaster so überaus gedankenarm und dadurch marternd langweilig macht ist zwar, im letzten Grunde, die Armut ihres Geistes, zunächst aber Dieses, daß ihr Vortrag sich durchgängig in höchst abstrakten, allgemeinen und überaus weiten Begriffen bewegt, daher auch meistens nur in unbestimmten, schwankenden, verblasenen Ausdrücken einherschreitet. Zu diesem aerobatischen Gange sind sie aber genötigt; weil sie sich hüten müssen, die Erde zu berühren, als wo sie, auf das Reale, Bestimmte Einzelne und Klare stoßend, lauter gefährliche Klippen antreffen würden, an denen ihre Wort-Dreimaster scheitern könnten. Denn statt Sinne und Verstand fest und unverwandt zu richten auf die anschaulich vorliegende Welt, als auf das eigentlich und wahrhaft Gegebene, das Unverfälschte und an sich selbst dem Irrtum nicht Ausgesetzte, durch welches hindurch wir daher in das Wesen der Dinge einzudringen haben, - kennen sie nichts, als nur die höchsten Abstraktionen, wie Sein, Wesen, Werden, Absolutes (Relative*), Unendliches, u.s.f., gehen schon von diesen aus und bauen daraus Systeme, deren Gehalt zuletzt auf bloße Worte hinausläuft, die also eigentlich nur Seifenblasen sind, eine Weile damit zu spielen, jedoch den Boden der Realität nicht berühren können, ohne zu platzen.
Wenn bei allen Dem, der Nachteil, welchen die Unberufenen und Unbefähigten den Wissenschaften bringen, bloß dieser wäre, daß sie darin nichts leisten; wie es in den schönen Künsten hierbei sein Bewenden hat; so könnte man sich darüber trösten und hinwegsetzen. Allein hier bringen sie positiven Schaden, zunächst dadurch, daß sie, um das Schlechte in Ansehn zu erhalten Alle im natürlichen Bunde gegen das Gute stehn und aus allen Kräften bemüht sind, es nicht aufkommen zu lassen. Denn darüber täusche man sich nicht, daß, zu allen Zeiten, auf ganzen Erdenrunde und in allen Verhältnissen, eine von der Natur selbst angezettelte Verschwörung aller mittelmäßigen, schlechten und dummen Köpfe gegen Geist und Verstand existiert. Gegen diese sind sie sämmtlich getreue und zahlreiche Bundesgenossen. Oder ist man etwan so treuherzig, zu glauben, daß sie vielmehr nur auf die Überlegenheit warten, um solche anzuerkennen, zu verehren und zu verkündigen, um danach sich selbst so recht zu nichts herabgesetzt zu sehn? - gehorsamer Diener! Sondern: tantum quisque laudat, quantum se posse sperat imitari.
"Stümper, und nichts als Stümper, soll es geben auf der Welt; damit wir auch etwas seien!" Dies ist ihre eigentliche Losung, und die Befähigten nicht aufkommen zu lassen ein ihnen so natürlicher Instinkt, wie der der Katze ist, Mäuse zu fangen. Man erinnere sich hier der am Schlusse der vorhergegangenen Abhandlung beigebrachten schönen Stelle Chamfort´s. Sei doch ein Mal das öffentliche Geheimnis ausgesprochen; sei das Mondkalb ans Tageslicht gezogen; so seltsam auch es sich in demselben ausnimmt: allezeit und überall, in allen Lagen, und Verhältnissen, haßt Beschränktheit und Dummheit nichts auf der Welt so inniglich und ingrimmiglich, wie den Verstand, den Geist, das Talent.
Das sie sich hierin stets treu bleibt, zeigt sie in allen Sphären, Angelegenheiten und Beziehungen des Lebens, indem sie überall jene zu unterdrücken, ja, auszurotten und zu vertilgen bemüht ist, um nur allein dazusein. Keine Güte, keine Milde kann sie mit der Überlegenheit der Geisteskraft aussöhnen. So ist es, steht nicht zu ändern, wird auch immer so bleiben. Und welche furchtbare Majorität hat sie dabei auf ihrer Seite!
Dies ist ein Haupthindernis der Fortschritte der Menschheit in jeder Art. Wie nun aber kann es, unter solchen Umständen, hergehn auf dem Gebiete, wo nicht ein Mal, wie in andern Wissenschaften, der gute Kopf, nebst Fleiß und Ausdauer, ausreicht, sondern ganz eigentümliche, sogar nur auf Kosten des persönlichen Glückes vorhandene Anlagen erfordert werden? Denn wahrlich, die uneigennützigste Aufrichtigkeit des Strebens, der unwiderstehliche Drang nach Enträtselung des Daseins, der Ernst des Tiefsinns, der in das Innerste der Wesen einzudringen sich anstrengt, und die echte Begeisterung für die Wahrheit, - dies sind die ersten und unerläßlichen Bedingungen zu dem Wagestücke, von Neuem hinzutreten vor die uralte Sphinx, mit einem abermaligen Versuch, ihr ewiges Rätsel zu lösen, auf die Gefahr, hinabzustürzen, zu so vielen Vorangegangenen, in den finstern Abgrund der Vergessenheit.

*eigene Zusätze

...ff., in weiterer Bearbeitung.

(aus: Die Welt als Wille und Vorstellung - Über die Universitäts-Philosophie von A. Schopenhauer)
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Ich habe fertig, was erlaube Flasche leer Strunz,...ist e immer verletzte....


Sonett
zum Lobe des Esels

O heil´ges Eseltum, o heil´ge Ignoranz!
O heil´ge Dummheit, heil´ge Devotion!
Du ganz allein verschaffst ein Glück uns ganz,
Das keiner Geistesarbeit wird zum Lohn!

Nie ja wird mühevolle Vigilanz
Der Kunst, sei noch so groß die Invention,
Nie eines Denkers Kontemplation
Erlangen deines Heil´genscheines Kranz!

Was nützt euch, Forschern, alles Studium,
Was grübelt ihr mit wißbegier´gem Hirn,
Ob Feuer, Erde, Meer hat ein Gestirn?

Nicht kümmerts heil´ges Eseltum sich drum;
Es beugt die Knie, es faltet fromm die Hände,
Erwartet, daß der Herr ihm Segen spende;

Denn höher als Vernunft ist jener Frieden,
Der frommen Seelen nach dem Tod beschieden!
Vergänglich ist, was man auch treibt, hienieden.

(G. Bruno - Cabala del cavallo Pegaseo)



Nach dieser übersichtlichen und antizipierten Einleitung zu den jetzt folgenden Untersuchungen, nehme ich den ihnen angemessenen, langsamen Gang an. Nur bemerke ich daß ich den Tatbestand, worauf sie sich beziehen, als dem Leser bekannt voraussetze. Denn teils ist mein Fach nicht das erzählende, also auch nicht die Darstellung von Tatsachen, sondern die Theorie zu denselben; teils müßte ich ein dickes Buch schreiben, wenn ich alle die magnetischen Krankengeschichten, Traumgedichte, Geistererscheinungen u. s. w. die unserem Thema als Stoff zum Grunde liegen und bereits in vielen Büchern erzählt sind, wiederholen wollte; endlich auch habe ich keinen Beruf den Skeptizismus der Ignoranz zu bekämpfen, dessen superkluge Gebärden täglich mehr außer Kredit kommen und bald nur noch in England ?ours haben werden. Wer heut zu Tage die Tatsachen des animalischen Magnetismus und seines Hellsehens bezweifelt, ist nicht ungläubig, sondern unwissend zu nennen. Aber ich muß mehr, ich muß die Bekanntschaft mit wenigstens einigen der in großer Anzahl vorhandenen Bücher über Geistererscheinungen; oder anderweitige Kunde von diesen voraussetzen. Selbst die auf solche Bücher verweisenden Zitate gebe ich nur dann, wann es spezielle Angaben oder streitige Punkte betrifft. Im übrigen setze ich bei meinem Leser, den ich mir als einen mich schon anderweitig kennenden denke, das Zutrauen voraus, daß, wenn ich etwas als faktisch feststehend annehme, es mir aus guten Quellen, oder aus eigener Erfahrung, bekannt sei. ff.

(aus: Die Welt als Wille und Vorstellung von A. Schopenhauer)
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