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Leute verarschen kann teuer werden- nur wer verarscht wen? Verfasst am : 14.06.2017 22:46

Schwarze Lebensanekdoten

Autor: Collin Jackson

Zahnzusatzversicherung

Wir (also manche) Kerle kennen das.
Man kommt nach einem harten Arbeitstag nach Hause, streckt alle viere von sich, vielleicht mit einem kühlen Pils am Hals, und plötzlich klingelt das Telefon.


Ich ging also ran.
„Spreche ich mit Herrn Toralf PIEP?“, flötete mir eine freundlichkeitstrainierte, weibliche Stimme entgegen.
„Ja“, antwortete ich kurz, denn ich kannte diese Nummer, die ich seit Wochen erfolgreich wegdrückte, in der Hoffnung, dass es die Saubande endlich mal aufgeben würde. Und egal was mir dieses bedauernswerte Geschöpf am anderen Ende der Leitung auch verkaufen wollte, heute wollte ich dem Spuk kurz und schmerzvoll ein Ende bereiten.
„Das ist ja schön, dass ich Sie endlich mal erreiche, Herr PIEP! Wussten Sie schon, dass die Krankenkassen sich immer weniger an dentalen Operationskosten beteiligen, so dass die Selbstkostenbeiträge für die Patienten bei Zahnarztbesuchen immer höher werden?“
Die Sache wurde interessant. Ich beschloss mein ekelhaftes Spiel, dessen Opfer wieder nur eine kleine popelige Telefonangestellte sein würde, die vermutlich unter Mindestlohn arbeitete, permanent von ihrem Chef überwacht wurde der erbarmungslose Quoten einforderte, dennoch fortzusetzen.
„Nö“, antwortete ich unwissend, schaltete das Telefon auf Laut, und widmete mich einem unbedeutendem Fussballmanagerspiel.
„Zahnzusatzversicherung... Vorteile... preiswert... geringe Kosten... Vorteile... Stellen Sie sich nur vor!... Und das alles nur für SOUNDSOWENIG Euro Monatsbeitrag!...“, lauteten die argumentativen Wortfetzen, die sich in ihrem etwa fünfminütigen Vortrag permanent wiederholten. Der finale Satz: „Was sagen Sie dazu?“, durfte natürlich nicht fehlen.
dudeldüüü
„Das ist sehr nett von Ihnen.“, sagte ich nach etwa einer halben Minute des Schweigens schließlich höflich.
„Danke.“, antwortete die Dame wesentlich uneinstudierter, als noch bei ihrem Vortrag.
„Es gibt nur ein Problem.“, deutete ich ein Ereignis an, welches sofort vollkommen mißverstanden wurde.
„Wenn es finanzielle Dinge sind, so können wir Ihnen in jeder Beziehung entgegenkommen. Wir haben sogar Modelle entworfen, die es Hartz Vier Empfängern ermöglicht eine kostenarme Dentalversorgung zukommen zu lassen.“
Also gut.
Dann eben die harte Tour, Baby, denn du hast scheinbar nichts verstanden, aber du bist ja auch nur eine kleine Telefonhure, gebunden an ein systemrelevantes Weltbild, mit systemrelevantem Gehalt. Vermutlich ist das auch nur dein Zweitjob, und vielleicht sehnst du dich ja nach ein bisschen Realität.
Entgegen meiner Gewohnheit entscheide ich mich für die harmlose Variante.
„Ihre Ausführungen waren wirklich sehr überzeugend, aber dennoch muss ich dankend ablehnen, und ich werde Ihnen auch sagen warum.“ Ich baue eine zehnsekündige Pause ein, die von psychodelischer Musik untermalt, die endgültige Aufmerksamkeit meiner neuen Telefonfreundin bindet. Dann lege ich los.
„Mehrere vertrauenswürdige Ärzte meines Freundeskreises versicherten mir, dass ich maximal noch zwei Jahre zu leben hätte. Wozu brauche ich also eine Zahnzusatzversicherung?...“
Dann begann der Mensch zu sprechen.

Den Rest des Gespräches überlasse ich eurer Phantasie, aber Fakt bleibt. Mich hat seit Jahren keiner mehr angerufen, der mich versichern wollte. PpPpPppppp...

geschrieben von gottileini

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Kommentare

gottileini schrieb am 18.06.2017 15:22 Uhr

Interessante Idee...

Honkyschwonky schrieb am 17.06.2017 10:22 Uhr

Am Kaltakquisetelefon und in der Liebe ist alles erlaubt. - Leider hast Du einen Fehler begangen, in dem Du das hier veröffentlicht hast, denn die fleissigen Outbound-Telefonisten-Trainer werden jetzt Deine Ausrede in ihre Ausbildungsroutine aufnehmen, es werden Sprechtextbausteine designed und das nächste Gespräch wird sehr, sehr merkwürdig enden...

Cooker schrieb am 15.06.2017 09:48 Uhr

JAAAAAAAAAA - was dennnnnn? !!!!!!!!!!!!1

Smoky23 schrieb am 15.06.2017 06:26 Uhr

Piep piep piep...wir ham uns alle lieb!

Öh, Mann, bissl mehr Respekt...tzäääää....mit dir müsst ich mal
telefonieren! Na dir würd ich was erzählen!

Cooker schrieb am 15.06.2017 00:21 Uhr

Tüdellüütüüttt oder so.

"Spreche ich mit Herrn Cookä?"

- Yepp, Cooker am Apparat.

"Wie sssön. Wie geht es Ihnen, Herr Cooky?"

- Nich so gut. Und Ihnen?

(Irritation, offensichtlich fragen die wenigsten zurück nach dem Befinden).

"Auch good. Haben Sie schon einmal von binären Optionen gehört und Forexhandel?"


- kurzer Cut: In dieser Form habe ich seit ca. 2 Jahren Unmengen von gleich ablaufenden Gesprächen geführt. Freundlichkeit half nie etwas. Kein Gespräch verlief unter 20 Minuten. Grrrh. Da mussten, ähnlich wie bei dir, gottileini, Massnahmen her! -

Frolleinsche, bevor se mir jetzt ihre Vorzüge anpreisen, muss ich Ihne sachen, dass ich all mein Geld im Börsenhandel verloren habe.

(Betroffenes Schweigen, dann der Versuch empathischen Gestammels).

"Oh, ..., also, Herr Cooksie, das ist ..., ja, also, das ist ... nun dann wünsche ich Ihnen alles Gute!"

Klick.

Ich konnte die Gesprächsdauer auf 2 Minuten 23 Sekunden reduzieren. Tschaka!