12.523x gelesen 185x abonniert Ausgabe 18/24 05.05.2024 Grasgeflüster Jetzt registrieren

TRAUMHAFT (3)

Lebhaft träumen oder traumhaft Leben?

In einer Kneipe sitzt mir mein Freund L. mit einem großen Glas Bier gegenüber, zieht ein Feuerzeug aus der Hosentasche, zündet mit einer gewissen Feierlichkeit die auf unserem Tisch stehende Kerze an, als wolle er eine wichtige Rede zeremoniell einleiten, und sagt:
„Das Leben kommt mir mittlerweile wie ein Traum vor.“
Ich schaue in sein Gesicht, etwas erstaunt über die ungewöhnliche Eröffnung, und erwidere, ihm zuzwinkernd:
„Wirklich? Dann ist dein Leben wohl gerade sehr schön, ja?“
Er aber schüttelt heftig den Kopf, als müsse er einen ganz unsinnigen und falschen Gedanken wie ein lästiges Insekt verscheuchen, und erklärt:
„Nein, ich meine nicht: schön wie ein Traum. Ich meine: unwirklich wie ein Traum. Ich meine: Das Leben hat für mich an Wirklichkeit verloren. Nichts scheint mehr echt zu sein. Es ist, als widerfahre mir alles nur noch, als sei das Leben etwas, in dem ich kein von eigenem Willen erfüllter Akteur mehr bin, sondern etwas, das an mir geschieht. Als stünde ich neben oder über mir und sähe mich wie einen Fremden, dessen Handlungen ich mit einer Mischung aus Gleichgültigkeit und Staunen beobachte. So wie man sich manchmal im Traum selbst sieht: wie einen Anderen. Das habe ich gemeint, als ich sagte, das Leben sei für mich zum Traum geworden.“
Ich erschrecke darüber, dass ich seine Worte zuerst so ganz und gar falsch verstanden hatte. Während ich nun sein Gesicht mustere, erkenne ich auch, dass er überhaupt nicht froh aussieht. Als hätte er meine Gedanken gelesen, bestätigt er:
„Ich weiß, ich sehe nicht sehr froh aus. Und der Grund dafür ist die Traumhaftigkeit meines Lebens. Verstehst Du? Alles wie im Traum. Denke an irgendeinen Traum: er beginnt zum Beispiel damit, dass du in einem Fahrstuhl bist oder in den Bergen oder in der Wohnung deiner Eltern, egal wo; es fehlt aber das Motiv, die Intention. Du bist einfach dort, wurdest dort hingeworfen, wie von unsichtbarer Hand. Du fragst dich im Traum nicht: wie bin ich doch gleich hierhergekommen, in diesen Fahrstuhl? Du akzeptierst es als gegeben. So ist es nun: ich akzeptiere alles als gegeben, lebe ohne Intentionen und die Dinge in der Welt fühlen sich immer weniger echt an.“
Er zündet sich eine Zigarette an, bläst angespannt Rauch in Richtung der Kneipendecke und beobachtet ihn aufmerksam, als würde die Plastizität der kleinen Wolken dem Leben wieder mehr Wirklichkeit verleihen. Dann fährt er fort:
„Früher dachten die Leute, Gott oder irgendwelche Geister würden den Traum senden. Das glaub ich nun nicht im Geringsten. Aber genauso wenig ist es das Ich, das träumt. Oder?“
„Was denn dann? Sagst du nicht, wenn du jemandem einen Traum erzählst: Ich habe geträumt?“
„Trotzdem berichte ich dann von einem Ereignis, das sich in meiner Vorstellungswelt ohne mein Zutun vollzogen hat, unkontrolliert, scheinbar absichtslos. Ein Traum ist etwas, das zu mir gehört, aber nicht von mir gemacht wird. Es war vielleicht so falsch nicht, wenn früher gesagt wurde: Mir hat geträumt. Das ist mein Leben geworden: etwas, das ich zwar wahrnehme, das aber im Grunde ohne mich stattfindet. Wie ein Mir hat geträumt. Manchmal will ich aufwachen und merke dann, dass ich ja wach bin. Verstehst du? Es ist unerträglich.“
„Wie genau meinst du: die Dinge fühlen sich immer weniger echt an?“
„Gestern habe ich Tomaten an die Wand meiner Küche geworfen und beobachtet wie sie zerplatzen und ihr Saft an der Tapete zu Boden rinnt. Aus irgendeinem Grund hatte ich plötzlich gedacht, auf diese Weise ein Gefühl von Wirklichkeit zu gewinnen, aber es war ein Irrtum. Gerade auch wie ich die Tomaten an die Wand warf, war unwirklich und ängstigte mich: Als würde nicht ich meinen Arm bewegen, sondern ein Anderer. Da habe ich ein Messer genommen und die Haut meines Arms aufgeritzt. Das hat etwas geholfen, da sich der Schmerz ganz echt angefühlt hat. Auch das Blut war gut. Echt, meine ich. Aber das hilft doch alles nichts.“
Er bläst wieder Rauch in den Raum und sagt:
„Das Leben darf nicht zum Traum werden. Wie kriege ich die Wirklichkeit zurück? Ich versuche eine Antwort zu finden, antwortete schließlich, bin aber mit dem Gesagten unzufrieden. In der Nacht träume ich von meinem Freund L., der mit Tomaten nach mir wirft, und mich anfleht, ihn aufzuwecken.

von Freund L.
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Ein Schiri sieht ROT


oder Der etwas ungewöhnlicher Spielverlauf

Was laufen die wieder unkoordiniert hin und her. Ich komm überhaupt nicht einmal zum Stehen. Keinen interessiert es, dass ich die Nacht kaum geschlafen habe. Können Babys nicht schon mit Zähnen auf die Welt kommen? Da lässt sich der Kasper schon wieder den Ball abnehmen und alles Retour. Laufen….laufen….schauen… Gedanken. Am Abend kommen ihre Eltern zu Besuch, ich hasse diese blöden Kommentare zum Spiel von ihrem Vater, diesem fetten Stammtischkicker.
Laufen…laufen…schauen… Ich muss mich auf das Spiel konzentrieren. Hat der Kasper da gerade geschubst. Ich pfeife. Lautes Murren im Stadion trifft mich wie ein eisiger Schneesturm. Euch gebe ich einen Grund rumzubrüllen. Ich greife mir an die Brust. Da höre ich von Kaspers Vereinskollegen den bitterbösen Satz: „Hat der noch alle Sträußchen am Baum?“ Dieser Kerl ist wohl gestört, mich so zu reizen. Ich bin geneigt, es Thomas “ Django“ Metzen gleichzutun und synchron zwei gelbe Karten zu ziehen. „Immer das gleiche mit Ihnen, Schiri-wir kriegen wieder alles ab!“ Spinnt der, ich halte kurz inne und werfe dann wütend Pfeife und Karten zu Boden und stürme auf den Meckerer zu, um ihm mal gehörig den Kopf zu Recht zu rücken. Auf halbem Weg stoppte ich jedoch und verwies mich selber des Feldes.

Rückblickend hätte ich dieses Spiel gar nicht pfeifen dürfen. Das war völlig unprofessionell und somit war die rote Karte für mich gerechtfertigt.
Zum Abschluss seiner Meldung über den Spielverlauf schrieb der Fußballverein auf seiner Webseite: "Immerhin stritt er nicht mit sich selber über den Platzverweis."
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TRAUMHAFT (2)

oder Wie ich meinen Mann erschlug

Während ich schlafe, träume ich, ich würde den Kopf des Mannes, den ich liebe, mit einem großen Hammer zertrümmern. Bei dieser Tat bin ich erfüllt von absolutem Grauen und gleichzeitig von der Logik und Notwendigkeit meines Tuns überzeugt. Ich erwache schreiend. Er liegt neben mir, sein Kopf wunderschön und unversehrt auf dem Kissen, ruhig atmend. Meine Freundin Petra, der ich den Traum berichte, versucht mich zu beruhigen: Ich sei nicht verantwortlich für meine Träume; sie nähmen nicht durch eigene, bewusste Formung Gestalt an. Schließlich zieht sie sogar Freuds Traumdeutung aus dem Bücherschrank und liest mir daraus vor: der manifeste Trauminhalt, die Mordtat, sei nicht mit den latenten Traumgedanken identisch und ein Traum bedeute zumeist nicht das, was die Bilder seiner Oberfläche darstellen; mein Traum würde mitnichten bedeuten, dass ich unbewusst eine solche Tat beabsichtige. Keines ihrer Argumente aber kann das Gefühl des Grauens ganz zum Verschwinden bringen; erst Benebelung mittels Schaumwein besänftigt mich für gewisse Zeit. Monate später entscheide ich, ihm den Traum zu erzählen, obwohl sich alles in mir dagegen sträubt. Eine unaussprechbare Angst sitzt in mir, er würde mich in irgendeiner Form für das Schreckliche, das ich im Traum getan habe, bestrafen. Stattdessen küsst er mich und sagt: „Es war doch nur ein Traum.“ Jäh überkommt mich ein Gefühl, als sei ich eben erst wirklich erwacht.


PS. Nun hätte ich meinen Mann auch vor dem Fernseher sitzend und schon wieder mal Fußball schauend erschlagen können, um den Bezug zum Browser herzustellen, aber ich fand den Traum schon so schrecklich genug, dass ich nicht noch eine zweite Straftat einbauen wollte…ihn nämlich beim Fußball zu stören…:D
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Fußball vs. Liebe


Fußball bringt so manches Herz zum Schmelzen und im Trubel der Begeisterung kommt man sich schnell näher. Laut einer online-repräsentativen Umfrage verlieben sich 15 Prozent der Deutschen im Fußballtaumel oder kommen dabei ihrem Partner wieder näher. Fußball und die positive Stimmung scheinen ein echter Treiber für die großen Emotionen zu sein. Ob es auch dieses Jahr ein Sommermärchen für die Liebe gibt, wird sich zeigen.

Fußball und Liebe, das gehört heute zusammen… Ein Blick in den Bekanntenkreis genügt: Mein Bruder Stephan etwa hat eine neue Freundin. Seit einem halben Jahr sind die beiden ein Herz und eine Seele. Die Hochzeit ist auf Herbst angesetzt. Und wo haben die beiden sich kennen gelernt? Nicht im Internet, nicht auf einer Brautschau, nicht in der Disko! Nein, es war bei einem Kickerturnier, wo sich Stephans Equipe dem Damenteam "Benes Ladies" geschlagen geben musste. Und während seine zukünftige Braut ihm die Bälle ins Tor donnerte, war es um Stephan geschehen. Ein anderer Fall: Gregor. Der wollte eigentlich nur mit seinen Kumpels in Ruhe Fußball gucken, in der Kneipe. Früher eine reine Männerveranstaltung. Und heute? Ein Heiratsmarkt, eine Kuppelbude! Bereits beim 1:0 lagen sich Gregor und Katrin in den Armen. Kollektives Fantum verbindet. Wie auch Fußball-Sammelbildchen: Beim Tausch von Ronaldinho gegen Michael Ballack kam mein alter Ausgehkumpel Hans mit Marissa ins Gespräch. Nun geht er mit ihr aus. Das nennt man wohl: das Nützliche mit dem Fortpflanzenden verbinden.

„Begeisterung schweißt zusammen. Das heißt: Nutzen Sie diese Weltmeisterschaft für neue Bekanntschaften - egal auf welchem Weg: ob online oder auf „freier Wildbahn“. Denn zurzeit ist Fußball ein Thema, das bewegt, und bei der Kontaktanbahnung als echter Eisbrecher dienen kann.
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Feefried Engel in Nöten

oder Hochmut kommt vor dem Fall

Wer solche Weisheiten anbringt, kann leicht gelehrt, geistreich oder witzig wirken. Viele wohl für den Unterricht gebündelte Ratschläge haben einen pädagogischen Unterton, anderes wirkt putzig:"Ein weiser Sohn ist seines Vaters Freude; aber ein törichter Sohn ist seiner Mutter Grämen"; "eine schöne Frau ohne Zucht ist wie eine Sau mit einem goldenen Ring durch die Nase", heißt es in den "Sprüchen Salomos". "Wer zugrunde gehen soll, der wird zuvor stolz; und Hochmut kommt vor dem Fall." Der Hochmütige schlägt Ratschläge in den Wind und fällt darum auf die Nase.
Und auf selbige fiel Smoky23 im heutigen Ligaspiel. Was für ein Desaster. Nach 6 Spieltagen noch mit 15 Punkten an der Tabellenspitze gab es am 7. eine Fünf zu Null-Klatsche gegen Altkloster Buxtehude. Also das verflixte siebte Spiel? Schabernack Teufel grillt sich am Schadenfreudenfeuer ein Paar Würstchen und ich, Feefried Engel muss jetzt zusehen, dass ich das Häufchen Elend wieder aufgerichtet bekomme. Wo habe ich nur die Schokolade hingelegt? Zusätzliche Glückshormone sind dabei bestimmt sehr hilfreich.
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TRAUMHAFTES

Unter dieser Rubrik soll es in loser Folge um das Thema “Träumen“ gehen; Traumgeschichten, Deutungsversuche von Träumen oder auch nur das Vorstellen von Traumsymbolen. Da grundsätzlich alle Menschen träumen, ist bestimmt für jeden etwas Interessantes dabei.

Heute: Traumsymbol Fußball (ist ja wohl auch sehr naheliegend)

Fußball ist die volkstümlichste aller Sportarten und verweist als Traumsymbol auf Normalität bis hin zur Biederkeit; wird aber mehr und mehr zu einem Zeichen großer Geschäftemacherei, spielerischem Kampfgeistes oder aggressiven Spieltriebs. Der Fußball steht in der Traumdeutung meist für eine leichtsinnige und nachlässige Lebenseinstellung, die man ändern sollte. Ein Ballspiel kann eine Wende anzeigen, es kann aber nicht vorher gesagt werden, in welche Richtung sich das Glück neigt. Wird man von einem Ball getroffen, ist das kein gutes Zeichen.

Spielt man im Traum selbst Fußball, dann nimmt man in Wirklichkeit eine Sache auf die leichte Schulter und kann aber bei größerer Gewissenhaftigkeit zu enormen Erfolgen gelangen. Wer Spaß am Ballspiel hat, hat auch Spaß am Sex, aber wem der Ball dauernd entgleitet, wechselt oft den Partner oder ist vielleicht nicht zufrieden mit seiner Beziehung.

Ist man nur Zuschauer, verfügt man über ungeahnte Energien, die nur darauf warten, freigesetzt zu werden. Der schlaffe oder luftleere Ball weist manchmal auf Widersprüchlichkeiten in der Persönlichkeit hin, die nicht abgerundet ist, kann aber auch Mangel an Tatkraft anzeigen.

Für Fans ist der Fußball meist kein Symbol, sondern nur ein Ausdruck von Glückwünschen für den Verein und der Sehnsucht nach einem Sieg.

ALSO: Träumst du noch oder spielst du schon traumhaften Fußball ?
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