23.247x gelesen 104x abonniert Ausgabe 30/24 27.07.2024 THE WALKING SHIT Jetzt registrieren

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Aus Ben wird eine Maus

Neues aus der Schule.

Dienstag, ein Name der seinen Namen verdient.

Der Hausmeister ist seit Montag krank. Das klingt harmlos, ist es aber nicht. Denn seitdem er jedem Firmenangestellten der Schule verkündet hat, dass ich so was wie sein Stellvertreter bin, quatscht mich Hinz und Kunz an, während die Kinder nebenbei in meiner Werkstatt Räuber und Gendarm, mit echten Hämmern, Raspeln und Sägen spielen. Als Gegenleistung zu diesem Privileg habe ich immerhin fast alle Schlüssel in meinem Besitz.
Just in so einem Augenblick steht dieser gedrungene Kahlkopf, etwa mein Alter vor mir, und will mit mir den Rattenbestand im Keller eruieren…

Vorgeschichte.

Ich hatte die Werkstatt wie üblich in der zweiten großen Pause geöffnet, die in letzter Zeit auffällig stark von der 4c frequentiert wird. Die Rattenfallen hatte ich wie üblich gut getarnt, oder was man eben so nennt. Bei Viertklässlern genügt normalerweise die Anwesenheit eines Mülleimers, um sich aus dessen Nähe fernzuhalten, weil mit eben solchen viel zu oft negative Erfahrungen verbunden sind die häufig in dem Satz enden: „Bring doch mal den Müll runter!“ Als ob man als erwachender Mensch nicht andere Dinge im Kopf hätte.
Heutzutage kann man als Kind ja froh sein, wenn man die Gute Nacht Geschichte von seinen Eltern wenigstens als App erhält, während sie nebenbei ihr Sexualleben bei „The Waking dead“ auffrischen.

Wie dem auch sei, ich hatte mich gründlich geirrt. Noch ehe ich mich an meinem Kaffee verbrühen konnte, stürmte die 4c meine Werkstatt, in dem enthusiastischen Bestreben Versteck zu spielen. Das erste was sie dabei entdeckten war die Rattenfalle. Doch ich hatte Glück im Unglück. Johannes B. identifizierte die vermeintliche Rattenfalle als Mausefalle. Dennoch war die Aufregung groß. Es war fast so, als würden alle darauf warten, dass die niedliche, kleine Maus aus ihrem Loch hervorkommt, auf das man sie gemeinschaftlich streicheln könnte. Diesem Trend musste ich entschieden entgegen wirken.
„RUHE JETZT!“
Es dauerte einige Sekunden, und bedurfte auch mehrerer sich lautstark steigernder Wiederholungen, bis die Kinder begriffen, dass die Lautstärke meiner Brüllerei dem Zweck diente mich all ihrer Aufmerksamkeit, wenn auch nur für kurze Zeit zu versichern.
„Ja, wir haben ein Mäuseproblem, aber vermutlich handelt es sich nur um ein Einzelexemplar, wie mir Leute versicherten, deren Fallen ihr gerade entdeckt habt.“
Die Stimmung danach war komisch. Die Kinder ließen wie von Geisterhand von dem Versteck mit der vermeintlichen Mausefalle ab, und für ein paar Sekunden herrschte betroffene Stille in der Werkstatt. Vermutlich dachten wir in dem Moment alle dasselbe. Niemand wollte eine tote Ratte in der Falle sehen. Nur das die Kinder nicht wussten, dass es eine Ratte war, und unwillkürlich kam mir der Gedanke durch den Kopf.
Schade eigentlich.

Und Schade ist das richtige Wort. Denn bereits erwähnte Schädlingsbekämpfungsfirma Schade ritt just in diesem Augenblick mit seinem kahlköpfigen, in meinem Alter befindlichen Rattenjäger ein, und ich konnte ihn nur mit Mühe davon abhalten, das Wort Ratte vor den Kindern in den Mund zu nehmen. Vielleicht mache ich daraus mal einen Sonderdialog, denn mittlerweile kann ich darüber lachen, wonach mir unmittelbar nach seinem Besuch nicht war, da er mich mit Aufgaben betraute, die ich meinem Hausmeister vor kurzem noch ausgeredet hatte. Das Loch der Ratte zu versiegeln. Ansonsten könne er nichts tun, versicherte er mir, und ich hätte bis Mittwoch Zeit.

Zum Glück gibt es Jana K. und ihre schnell härtende Reliefmasse. Einen Tag hat Bens Einbetonierung schon gehalten. Morgen kommt der Kahlkopf wieder. Irgendwas sagt mir, dass er mich loben wird, und er seine Arbeit nun endlich adäquat fortsetzen kann, nachdem der faule Hausmeister, der ihm diesen Dienst bisher verweigerte krankheitsbedingt durch mich ersetzt wurde, weshalb ich sicher nichts dagegen hätte, weitere Löcher mit diesem Wundermittel zu verputzen.

Ich bin so froh, dass ich nicht beim Finanzamt arbeite.
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schizo+=DUR?

Ben 2023- weil, mir ist gerade langweilig.

Dystopie.

Mittlerweile bin ich 52 Jahre alt. Ben hat nicht nur mein Leben versaut, sondern darob noch dafür gesorgt, dass ich selbst dafür verantwortlich war, weswegen ich mein arbeitsloses Hartz VI Empfangsgeld, das immer weniger wird, demütig wie einen Almosen entgegen nehme.
Natürlich habe ich verstanden, dass sich die Mutter von Claire Chantal Becker, Anfang des Jahres 2018, zu Recht darüber beschwerte, dass ihre Tochter von einer ausgehungerten Ratte in meiner Werkstatt angegriffen wurde. Immerhin hatte ich zugelassen, dass es soweit kommen konnte, wobei ich nie gedacht hätte, dass Ben irgendwann tatsächlich ernst macht. Aber Ratten sind eben doch lebenslustiger als wir. Während manch Mensch sich in umgekehrter Rolle vermutlich gern an den Tod durch Selbstaufgabe gewöhnen würde, ticken Ratten da ein wenig anders.

So ein Blödsinn! Uruguay, Rubgy, 1972.

Utopie.

Wer hätte das gedacht. Mittlerweile lebe ich auf einem Bauernhof mit cirka 1400 Ratten, 12 Hennen, und einem überforderten Hahn, dem Ben, das Sprachrohr der Rattenfraktion, mittlerweile nahe legt in den Ruhestand zu gehen, um den künftigen Eibestand der Hennen nicht zu gefährden. Konkret bedeutet das zwar immer noch, dass der Hahn in zwei Hälften am Hähnchengrill landet, aber welcher Hahn hat noch vor gerade mal sechs Jahren ein solches Alter erreicht?
Damals hieß das noch Kükenschreddern, ein heute nahezu ausgestorbener Begriff. Vielmehr dient er als mahnendes Element, und wurde vom Ministerium für positive Rhetorik, in die Rubrik der geschützten Wortbegriffe einbalsamiert.

Ein Leben ohne Ben wäre für meinen Hof kaum noch vorstellbar. Zahllose Kadaver von Wölfen, Füchsen, Mardern, und sogar Bären außerhalb des nicht umzäunten Hofes, sprechen eine deutliche Sprache, denn der Hof expandiert mit jedem Raubtier dem sich die Ratten widmen.
Ich brauche keinen Zaun.
Ich habe Ben.

Realität.

Firma Schade hat keine Kamera installiert. Ben wird vermutlich verhungern, und irgendwann streng riechen. Ab dann kommen die Ameisen ins Spiel. Bei uns sind es die schwarzen Wegeameisen. Noch wissen sie nichts von den argentinischen Ameisen. Da bleibt für Ben nur die Flucht in die Utopie.
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Ben- eine Zwischenbilanz

Neues aus der Schule.

Uta ist eine liebenswerte Kollegin. Als ich ihr letzten Mittwoch erzählte, dass ich eine Geschichte über Ben im Internet veröffentliche, musste sie besonders an der Stelle mit der Integrationserzieherin und ihrem fehlenden Rattenschein lachen. Danach erzählte ich ihr, dass einer meiner Kommentatoren (nicht auf Facebook) die Geschichte mit der aktuellen Flüchtlingsdebatte unterschwellig in Verbindung bringt, und sie lachte abermals. „Das ist doch ganz logisch“, erklärte sie mir.
Ihre Worte hallen noch immer nach.

Daher habe ich mich entschlossen etwas klar zu stellen. Ben ist eine Ratte. Ratten sind außergewöhnliche, und intelligente Tiere. In Großstädten sind sie uns mindestens 3:1 überlegen, wobei ich diese Zahl für weit untertrieben halte. Dennoch greifen sie uns nur in Ausnahmefällen an, obwohl schon eine einzige genügen würde um manch menschlich Wesen in Panik zu versetzen. (Bei mir sind es übrigens Kreuzspinnen) Viel eher steigt die Zahl der Kammerjäger immer mehr an.
Aber warum hausen Ratten so gern in der Nähe von Menschen? Ein Blick auf die weggeworfenen Lebensmittel in den Müllkörben auf unserem Schulhof liefert die Antwort. Wir werfen Dinge weg, die andere gern fressen. Wenn die wüssten, was wir so täglich in uns reinschaufeln, aber das ist eine andere Geschichte, und vielleicht wissen sie es ja auch. Schließlich haben Ratten, Krähen, Tauben, Spatzen, Ameisen und andere Insekten eine wesentlich kürzere Lebensdauer. Und schon sind wir beim Insektensterben in diesem Jahr. Wenn selbst der Mainstreampresseclub über 75 % Insektensterben postuliert, und Amseln vom Himmel fallen, dann gibt es auf das meist nur eine Antwort.

Der Klimawandel- und wir alle sind schuld!

Schuldkult als übergeordnetes Weltbild. Bis dahin bin ich überzeugt. Wir sind ja immerhin die Krone der Schöpfung. Früher hieß das zwar mal Umweltschutz und CO2 war integraler Bestandteil des Ökosystems, aber was weiß ich schon. Der Schwarmverstand der Grünen hat mich irgendwann auch mal davon überzeugt, es mit einer Pazifistenpartei zu tun zu haben, bis ich lernte. „In Serbien ist gut sterbien.“ Zitat: Stefan Sch., Straßensozialarbeiter bei einem Verein, der ihn mittlerweile absägen will. Undank ist der Welt Lohn.

Was vermarktet wird kostet Geld.
Geld erweckt Misstrauen.
Misstrauen befreit die Lüge.
Lüge ist Tieren fremd, Täuschung allerdings nicht. Das wandelnde Blatt, Stinkmorchel, die argentinische Ameise, u.s.w.

Bleibt die Frage. Belügen wir uns weil wir Menschen sind, oder ist die Lüge Teil unserer Menschlichkeit? Und was, wenn das ansteckend ist?

Ps: Ich habe das Fenster nicht geöffnet, um Ben die Möglichkeit zu gestatten raus zu kommen. Mein Hausmeister und letztlich ich selbst waren dagegen. Ich bin ein Kontrollfreak, zumal ich ein Vogelhaus vor meinem Fenster aufgestellt habe, und den Verdacht hege, dass Ben das offene Fenster nur nutzen würde um sich Nahrung aus dem Vogelhaus zu besorgen, um vielleicht anschließend eine Familie zu gründen.
Morgen kommt Firma Schade und stellt eine Kamera auf.
Die Schlinge um Ben wird enger, und ich erwische mich dabei wie ich seinen selbst heraufbeschworenen Tod zu einer Randnotiz meines Lebens mache.

Ab morgen werde ich eine bessere Ratte!
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Ben IV- Das Ende einer Kinokarriere?

Neues aus der Schule.

Es ist noch nicht vorbei. Spätestens ab jetzt droht Ben die Verwahrlosung in einer harmlosen Fernsehserie. Vielleicht werde ich sie, the walking Ben nennen.

Montag, 13.11. 2017

Nur eine Frage beschäftigt mich, als ich gegen 11:30 Uhr das Schulgelände betrete. Mit welcher Fresse begegnet mir mein Hausmeister. Tatsächlich ist er der erste Mensch der mir im Schulgebäude begegnet. Selbstverständlich kein Zufall, denn ich habe ihm das Erkennen meiner Gewohnheiten jahrelang antrainiert.
Sein Gesicht spricht Bände. Während ich innerlich schmunzele, erkundige ich mich äußerlich besorgt nach den aktuellen Befindlichkeiten der Firma Schade. Er bringt mich auf den neuesten Stand. Eigentlich fehlt nur noch das Salutieren. „Die Ratte war wohl in deiner Werkstatt, und benutzt den Zwischenraum zwischen Werkstatt und Integrationsraum als Lager. Firma Schade ist überzeugt, dass es ein Männchen ist, das keinen Weg mehr nach draußen findet. …Da hat wohl irgendjemand von deinen Kollegen irgendwann mal die Tür zu lange aufgelassen. …Jedenfalls wollen sie am Mittwoch eine Kamera aufstellen, und außerdem haben sie an ihrem Ausgang eine zweite Falle aufgestellt.“
„Was ist mit dem Handtuch?“
„Welches Handtuch?“, fragt mein Hausmeister völlig zu Recht, und beantwortet mir damit gleich eine Frage, die ich noch gar nicht gestellt habe.
„Na das, was sie in die Öffnung gesteckt haben um der Ratte den Weg zu versperren?“ Mein Hausmeister sieht mich ungläubig an. „Ich bin doch da nicht mit rein gegangen, ich bin doch nicht verrückt.“
Folgender Gedanke geht mir durch den Kopf, nachdem ich Bens letzten Tatort untersucht habe. Meine unangetastete Boulette. Und tatsächlich entdecke ich neue Spuren, nachdem ich den Hausmeister abgewimmelt habe. Staub ist ein besserer Zeitmesser als jede Uhr.

„Sie wollen außerdem, dass wir eine Art Metallschutz an die Heizungsrohre anbringen, damit die Ratte nicht in die Mensa flüchten kann.“, unterbricht der doch nicht ganz abgewimmelte Hausmeister meine Gedanken. In diesem Moment passiert alles auf einmal, und das mitten in meinem Kopf.
Ich merke, dass ich Ben nicht tot in einer Falle sehen will. Genauso wenig möchte ich Bens Großfamilie in meiner Werkstatt haben, während Kinder lernen mit Säge, Feile, Hammer und Nagel umzugehen. Aber ich kann seine permanente Anwesenheit auch nicht ignorieren. Vor kurzem kam mir der Gedanke, einfach mal das Fenster offen zu lassen, damit er entkommen kann. Doch was, wenn er anstatt zu fliehen den Keller mit seinesgleichen fluten würde?
„Nein!“, antworte ich entschieden, und begründe. „Wir werden schließlich nicht dafür bezahlt ein Problem zu beheben für dessen Lösung die Stadt eine Firma bezahlt hat.“ Er stimmt mir zu. Als Beigabe erwähne ich noch: „Und stell dir nur vor, du bist gerade am Arbeiten, und plötzlich springt dich dieses völlig verhungerte Rattenvieh an.“ Das überzeugt meinen Hausmeister endgültig.
Ich komme wieder zu eigenen Gedanken. Immer mehr wird mir klar, dass ich von einer Ratte besessen bin. Indem ich ihre Spuren verfolge mache ich mich zum Instrument ihres Willens.
Momentan will Ben nur raus, und löst arrogant Fallen aus die von offensichtlichen Dilettanten aufgestellt wurden, die seine Natur nicht ansatzweise verstehen.
Daher. Fenster auf. Das Experiment beginnt.

Dienstag.
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Ben III- Boulettenalarm!

Neues aus der Schule.

Ruhig geworden es ist um Ben.
Seit zwei Tagen er keine Fäkalien mehr hinterlassen hat.
Selbst unser Hausmeister hat keine Angst mehr den Keller zu betreten. „Wahrscheinlich ist das Vieh schon längst weg! Nächste Woche können wir den Keller wieder freigeben. Sagt jedenfalls Firma Schade.“, beschwichtigt er mich und verabschiedet sich ins Wochenende. Die Beschwichtigung wirkt. Ich verbringe den Rest des Nachmittags in der dritten Etage und lasse mich von Erstklässlern mit Kissen bewerfen.

Plötzlich fällt mir die Boulette ein die unbeaufsichtigt in meiner Werkstatt liegt. Eilig verabschiede ich mich und rase zehn Minuten vor Dienstende in den Keller. Als ich die Boulette sehe erfasst mich Erleichterung. Sie ist unversehrt. Doch kurz darauf erfasst mich ein Schaudern. Unmittelbar neben der Boulette entdecke ich frische Spuren im Staub, was mich zu folgender Schlussfolgerung bringt. Wenn Ben, oder die schwangere Benita eine selbstzubereitete Boulette vom Bäckermeister aus Wensickendorf verschmäht… Meine Gedanken werden jäh unterbrochen. Ein tickendes Geräusch von den mit Glaswolle isolierten und mit Plastik versiegelten Heizungsrohren bahnt sich in meine Gehörgangsenden. Leise schleiche ich mich an. Das Geräusch verschwindet.
Dann esse ich die Boulette, fahre nach Hause und schreibe.

Schönes Wochenende!
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Ben II- Der gnadenlose Kunstkritiker

Neues aus der Schule

Zwei Monate lang wurde Ben von niemandem mehr gesehen.
Zumindest offiziell.
Inoffiziell wussten lediglich der Hausmeister, die Leitung und ich etwas davon, und niemand von uns hatte ein Interesse daran eine panische Elternschaft zu besänftigen, weshalb ich mich der verschwörerischen Gesellschaft des Schweigens ohne Murren anschloss. Doch dann häuften sich die Einzelfälle, und natürlich häuften sie sich in meiner Etage, dem Keller.
Als erstes war die Reinigungskammer dran. Dort hatte sich Ben an einigen Polyesterschwämmen vergangen und als Zeichen seiner Missbilligung ein paar Kotbrocken in Form von Torpedos hinterlassen. Nie werde ich den Gesichtsausdruck meines Hausmeisters vergessen, als ich plötzlich schrie: „Da hat sich was zwischen den Scheuerlappen bewegt!“ Wie von einer Tarantel gestochen sprang er in den sicheren Gang zurück, während ich mir vor Lachen den Bauch hielt. „Dit kannste doch nich mit mir machen!“, keuchte er, während seine Hände kampfbereit einen zitternden Spaten hielten. Ich verschloss vorsichtshalber die Tür. Immerhin waren Kinder in der Nähe.

Nachdem er sich von dem Schock erholt hatte beauftragte er eine Schädlingsbekämpfungsfirma. Danach wurde ein von den Bauarbeitern undichtes Rohr verstopft und ein paar Rattenköder ausgelegt. Was für eine Zeitverschwendung. Ben hatte lediglich den Raum nach Nahrung untersucht und ihn für untauglich befunden. Es war nur eine Frage der Zeit wann er woanders auftauchen würde. Und das tat er auch. Ausgerechnet im Kreativraum, in dem Werke entstanden, die manche Eltern dazu brachte ihre Kinder später in Kunsthochschulen zu stecken an denen sie völlig überfordert waren, aber das ist eine andere Geschichte. Ben hatte ohnehin auf das geschissen, was ich vergessen hatte im Müll zu entsorgen. Unauffällig verwischte ich die Spuren und versperrte zusammen mit dem Hausmeister den Eingang.
Wir gewannen einen weiteren Monat.

Aber dann.

Donnerstag, Oktoberferien 2017. (ein Wochenende vor Schulbeginn)

Ein Schrei.
„TORSTEN, KOMMA GANZ SCHNELL!“, schrillte es aus dem Raum meiner Integrationserzieherin.
„Komma ganz schnell“ ist nun wirklich kein Signal mit dem man mich hinter dem Ofen hervor holt, auch wenn es von einer Frau stammt, aber die Frequenz ihrer Stimme deutete auf eine Panik hin, die mir eine gewisse Neugier entlockte. Als ich sah was sie mir zeigte lief es mir eiskalt den Rücken herunter. Ben hatte seine Torpedos nicht nur in der Ecke ihres Raumes hinterlassen, er hatte es sich in dem Raum vielmehr gemütlich gemacht und unter anderem auf die Entspannungsmatratzen geschissen, die eigentlich für die Kinder gedacht waren. Ein Gedanke ließ mich nicht mehr los. Ben wollte also integriert werden. Sein Pech nur, dass unsere Integrationserzieherin noch keinen Rattenschein hatte.

Noch am selben Abend machte ich Bekanntschaft mit der Firma Schade, und einem unbeirrbaren, jungen Schädlingsbkämpfer, der mir versicherte noch jede Ratte erwischt zu haben. Einer hätte er sogar eine ganze Woche aufgelauert um sie letztlich zu kriegen, und außerdem studierte er zahllose Youtube Videos von bedeutenden Biologen über das Verhalten von Ratten. Je mehr ich mich für seine Methoden interessierte, desto mehr kam ich mir wie eine ertappte Ratte vor.

Aktueller Stand 7.11.2017

Der junge unbeirrbare Schädlingsbekämpfer wurde abgezogen. Sein Chef persönlich hatte drei weitere Rattenfallen aufgestellt und damit meinen überängstlichen Hausmeister zusätzlich beruhigt. Wie wenig der Mann, im Gegensatz zu seinem Azubi doch über Ratten wusste. Immer mehr wurde mir klar, dass ich etwas unternehmen musste, zumal das Geheimnis mittlerweile nicht mehr geheim war. Es war ausgerechnet Johannes B., der in der Hofpause bemerkte. „Ist das eine Mausefalle da in der Ecke?“ Vor meinem geistigen Auge spielte sich bereits das Tischthema der Familie B. zur Abendbrotzeit ab.

„Na, was gibt es neues aus der Schule?“, hörte ich Frau B. fragen.
„Och, nix besonderes. Lilien zofft sich mal wieder mit Maja, weil sie beide in Emil verknallt sind, Frau M. hatte heute einen Tobsuchtsanfall in der Mattestunde weil die Klasse so laut war, und Herr M. hat Mäuse in seiner Werkstatt…“
„MÄUSE?“
„Naja, da war `ne Mausefalle…“
„Wie groß war denn die Mausefalle?“

-einige Minuten später-

Die Kinder liegen bereits in den Betten.
Frau B. (aufgeregt): „Ich habs dir doch gleich gesagt, die haben ein Rattenproblem an der Schule, aber dieser blökende Nichtstuer von Hausmeister meint ja, ich wäre blöd!“
Herr B.: „Schatz… entspann dich. Vielleicht sind es wirklich bloß Mäuse.“ Frau B. wirft ihm einen finsteren Blick zu. „Als ob das die Sache besser machen würde. Und hör endlich auf, auf deinem Smartphone herumzuspielen, wenn ich mit dir rede!“

Das war gestern.
Von heute schreibe ich dann morgen.
Bis übermorgen also.

PS: Falls ihr glaubt, ich sauge mir das alles nur aus den Fingern. Pustekuchen! Das einzige was ich nicht weiß ist, ob Ben vielleicht gar kein Ben ist. Und was wenn sie schwanger ist?...
Oops!

Zum Schluss noch eine Verschwörungstheorie.

Marc Plaetrich ist ein Mädchen, und Honkyschwonky ihr Idol. Oder Schorsch Chancentod. Oder beide.

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